Im bereits bewährten Format einer Soirée und anschließender öffentlicher Probe stellte das Theater Lübeck am 24. April seine neueste Produktion vor: Giuseppe Verdis selten gespielte Oper „Simon Boccanegra“ wird am 12. Mai im Jugendstiltheater der Hansestadt in einer Inszenierung von Pamela Recinella aufgeführt.
Theater Lübeck, 25. April 2023
von Dr. Andreas Ströbl
In die Geschichte vom Genueser Korsaren, der Doge der mächtigen Stadt geworden ist, und dem persönliche Gegner und eine unbarmherzige Politik ein schweres Schicksal bereitet haben, führte Dramaturg Jens Ponath ein, indem er einerseits die hochinteressanten historischen Hintergründe beleuchtete und andererseits die Bezüge zu Verdis Leben und Werk vorstellte.
Unterstützt wurde er dabei von Takahiro Nagasaki, der die musikalische Leitung bei dieser, wie er empfindet, von der „tinta musicale“ her eher dunkelgefärbten Oper innehat. An Musikbeispielen stellte er den Charakter der Musik und vor allem die Meeresbezüge in der Partitur vor. Verglichen mit den berühmteren Opern Verdis fällt hier eine weitaus stärkere Kongruenz von Wort, Ton und Aktion auf.
Mit welchen Mitteln sie das Drama umsetzen wird, erläuterte die Regisseurin Pamela Recinella, die für die Produktion auch in Genua recherchiert hat – Bühnenbild und vor allem Kostüme von Jason Southgate werden dabei von Dantes „Inferno“ sowie den Bildern von Bosch und Brueghel geprägt sein.
Bereits in der Gesprächsrunde erzählten die Darstellerin der Amelia, Flurina Stucki, und Gerard Quinn, der die Titelrolle singen wird, von ihren Erfahrungen mit der Oper und gaben Kostproben ihres Gesangs. Dazu kamen Einsätze von Laurence Kalaidjian (Paolo) und Changjun Lee (Pietro) sowie von Yoonki Baek (Adorno) – alle überzeugten schon bei diesen kurzen Stücken. Auf diese Stimmen darf man sich freuen!
Die Pause zwischen der Einführung und der öffentlichen Probe war gegenüber früheren Abenden glücklicherweise deutlich verkürzt, und so erhielt das Publikum rasch einen intensiven Einblick in die Arbeit der Regisseurin.
An diesem Abend wurde noch sehr viel an der Personenregie gefeilt und teils probierte man auch neue Konstellationen und Bewegungsabläufe aus. Gesanglich und vom Bühnenbild mit seinen an Barockkulissen erinnernden Meereswogen mit der riesigen grauen Kaimauer machte das Ganze schon einen recht sattelfesten Eindruck.
Nicht nur die Lübecker sind sehr gespannt auf diesen „Simon Boccanegra“ – das Haus zieht ja schon seit langem ein Publikum aus ganz Deutschland und den Nachbarländern an, das intelligente Inszenierungen, ein ausgezeichnetes Orchester sowie selbstverständlich hervorragende Solistinnen und Solisten schätzt.
Dr. Andreas Ströbl, 25. April 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Staatsoper Hamburg, 4. April 2023
Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Deutsche Oper Berlin, 29. Januar 2023 PREMIERE
Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Wiener Staatsoper, 18. September 2020
Ob sich diese Oper in Lübeck besser verkauft als „nebenan“ in Hamburg?
Fred Keller