Gesamtes Parsifal Ensemble mit Daniel Barenboim; (c) Marco Borrelli
Salzburger Festspiele, Großes Festspielhaus, 20. August 2022
CAMILLE SAINT-SAËNS
RICHARD WAGNER
Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim, Dirigent
von Dr. Klaus Billand
Ein Konzert der ganz besonderen Art – auch für die Salzburger Festspiele!
Wann gibt es das schon mal, dass die Wiener Philharmoniker gleich zwei komplette Akte ganz besonderer Opern des Repertoires konzertant und dazu noch unter Daniel Barenboim mit Weltklasse-Solisten spielen? So geschehen gestern Abend im Großen Festspielhaus, das wieder einmal vollbesetzt war – kein Wunder! Gab es doch zunächst den 2. Akt der Oper „Samson et Dalila“ von Camille Saint-Saëns von 1877 und nach der Pause den 2. Aufzug des Bühnenweihfestspiels „Parsifal“, dem Abschiedswerk von Richard Wagner aus dem Jahre 1882.
Und was für Solisten standen Barenboim zur Verfügung! Elīna Garanča sang zunächst die Dalila, eine Rolle, die sie schon lange kennt und die ihr auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Erst mit ihrer bösartigen Ränkeschmiede, dann mit Brandon Jovanovich als Samson gestaltet sie die sich langsam aufbauende erotische Spannung mit Samson bis hin zu dessen völliger Ablehnung unglaublich intensiv, auch im mimischen Ausdruck. Dabei war das doch nur eine konzertante Aufführung, nicht einmal eine semikonzertante. Jovanovich überzeugt mit bisweilen schönen lyrischen Tönen, ansonsten einem prägnanten Tenor. Michael Volle ist natürlich eine Luxusbesetzung des Oberpriesters des Dagon. Daniel Barenboim weiß mit relativ wenigen Bewegungen die Wiener Philharmoniker zu motivieren und das Stück in spannungsvollem Fluss zu halten.
Zu Beginn des 2. Aufzugs des „Parsifal“ kann zunächst Michael Volle seine exzellenten vokalen Qualitäten als Klingsor unter Beweis stellen, mit dem er an diesem Abend debütierte. Einen solchen nuancenreichsten, bei perfekter Diktion seines derzeit im Wagnerfach wohl weltbesten Heldenbaritons, kann man kaum, wahrscheinlich nicht besser hören. Er machte diese relativ kleine Rolle zu einer Hauptrolle! Als Kundry, mit der Elīna Garanča ja in Wien in der letzten Saison debütierte, lässt die lettische Ausnahmesängerin ihren vollen Mezzo in den Höhen noch weit mehr erstrahlen als bei der auch tiefer gelegenen Dalila. Bei kraftvoller Mittellage und guter Tiefe machen ihr die deklamatorischen Spitzentöne wie das „und lachte!“ sowie die gefürchteten „Irre“-Rufe am Akt-Ende nicht die geringsten Schwierigkeiten – Garanča singt sie alle. Brandon Jovanovich kann nicht alle lyrischen und kontemplativen Momente des Parsifal ausloten, hat auch ein kleines Intonationsproblem, kann aber gleichwohl mit seinem kräftigen Tenor überzeugen.
Daniel Barenboim war hier natürlich in seinem „Wagner-Element“ und hielt die Fäden aufs Beste zusammen, auch wenn er vom Parkett aus gesehen hinter den Sängern saß und nur angedeutete Einsätze geben konnte. Aber man merkte sofort, dass hier alle genau wussten, was wann und an welcher Stelle zu tun war…
Es war erfreulich zu sehen, dass die jungen Damen des Young Singers Project, das am 27. August sein Abschlusskonzert in Salzburg haben wird, die Chance bekamen, die sechs Blumenmädchen zu singen. Und sie machten es recht gut. Sehr gut sang auch der Damenchor der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor unter der Leitung von Jörn Hinnerk Andresen.
Ein großer Konzertabend im Großen Festspielhaus, der – mit Applaus – erst um Mitternacht endete. Eine Wiederholung gibt es am 22. August um 19:30 Uhr.
Klaus Billand aus Salzburg, 21. August 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
musicAeterna, Teodor Currentzis Salzburger Festspiele, Großes Festspielhaus, 17. August 2022
Wiener Philharmoniker Riccardo Muti, Dirigent Salzburg, Großes Festspielhaus, 15. August 2022
West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim Salzburger Festspiele, 10. und 11. August 2022
Die professionellen Kritiken sprechen eine andere Sprache, die vergleichsweise freundlich sind. Barenboim dirigiert zäh als sei er Levine – 78 Minuten für den zweiten Parsifal-Akt! Einzig die exzellente Garanča ficht das nicht an, aber ihr Vortrag ist bei aller technischen Perfektion relativ emotionslos. An Meier, Denoke, Herlitzius, Kampe, etc. Sollte man besser nicht denken. Jovanovich hatte einen rabenschwarzen Abend. Er kapituliert bei „das Heil der Seele“ und kommt zweimal derart ins Schwimmen, dass der Vortrag kurz vor dem Totalschmiss steht. Da rettet auch die Luxusbesetzung von Volle wenig. Eigentlich gar nichts. Ein überteuerter, ziemlich sicher ungeprobter Abend.
Wagner versteht halt nicht jeder… aber Barenboim ist halt nicht geeignet für Menschen, die blind und taub sind… Hoffentlich kann der Meister noch lange Wagner interpretieren, eine Freude!!!
Herbert Hilsheimer
Wie schön, dass es Typen wie Sie gibt, die vorgeben, Wagner zu verstehen.
Dann können Sie mir sicher auch irgendein konkretes Argument nennen, warum der Abend, und vor allem das Dirigat, keine Vollkatastrophe war, oder?
Ich habe Barenboims Wagner oft gehört und schätze ihn sehr. Aber das war letztes Wochenende nicht einmal ein Abgesang. Die Kritiker Markus Thiel und Jörn Florian Fuchs sahen das übrigens ähnlich. Aber die haben ja sicher auch so gar keine Ahnung.
Ragnar Danneskjoeld