Grafenegg Festival-Tagebuch: Das französische Meisterorchester serviert britische und französische Musik vom Feinsten!

Gautier Capuçon, Violoncello, Orchestre National de France, Dirigent Cristian Măcelaru, Elgar und Berlioz  Wolkenturm, Grafenegg, 31. August 2024

Cristian Măcelaru © Thomas Brill

Gefühlt sind Berlioz „Symphonie fantastique“ und Rimski-Korsakows „Scheherezade“ die am häufigst gespielten Werke seit Beginn des Grafenegg Festivals 2007. Aber an diesem Abend konnte man eine der interessantesten und besten Aufführungen dieses Werkes erleben. Verfeinert wurde der Abend durch den Weltspitze-Cellisten Capuçon.

Edward Elgar: Konzert für Violoncello und Orchester in e-moll op. 85

Hector Berlioz: „Symphonie fantastique. Épisode de la vie d’un artiste” Op.   14

Gautier Capuçon, Violoncello

Orchestre National de France
Dirigent: Cristian Măcelaru

Wolkenturm, Grafenegg, 31. August 2024

von Herbert Hiess

Es war auf alle Fälle ein denkwürdiger Abend in Grafenegg. Zutaten zu dieser Spezialität waren eines der besten Orchester Frankreichs, ein Weltklassecellist und ein hervorragender Dirigent. Fangen wir mit letzterem an.

Der rumänische Dirigent Cristian Măcelaru ist seit 2020 Musikdirektor des französischen Spitzenorchesters und hat auch an diesem Abend bewiesen, was für ein großartiger Musiker er ist. Er achtet immer auf größtmögliche Transparenz und Klarheit; bei ihm hat jeder Takt eine Bedeutung. Wunderbar, dass man viele Linien der „fantastischen Symphonie“ hört, die sonst im Getöse untergehen.

Und das geht nur mit einem Orchester wie dem Orchestre National de France. Aufmerksam verfolgen sie jede Deutung des Maestros; wieder hervorragend viele Einzelleistungen (beispielsweise das Englischhorn beim dritten Satz der Symphonie). Und endlich hörte man ganz klar wie gemeißelt die Pauken-Sextolen beim Beginn des vierten Satzes (Ganz zum Richtplatz).

Gautier Capuçon © Anoush Abrar

Zuvor bewies der Cellist Gaultier Capuçon, dass er zu Recht heute Weltspitze ist. In dem elegischen e-moll Konzert des britischen Komponisten Elgar kostete er jede Phrase liebevoll aus und er entlockte dem Instrument berührende Töne. Der rumänische Maestro war hier weit mehr als ein Begleiter; er war ein phantastischer Gestalter.

Natürlich gab es dann eine Zugabe; zur Überraschung aller hörte man die Bearbeitung des berühmten „Nimrod“ aus den „Enigma“-Variationen von Edward Elgar. Jérôme Ducros reduzierte in seiner Version das Orchester auf ein cellofreundliches Mindestmaß, ohne dass der Charme des Originals verloren ging. Hier war der Cellist voll in seinem Element; man konnte sich nur wundern, was für traumhafte Töne so ein Streichinstrument hervorbringen kann.

Natürlich gab es nach der Berlioz-Symphonie auch eine Zugabe. Mit George Bizets „Farandole“ aus der 2. L‘Arlesienne-Suite hob man das Publikum tatsächlich von den Sitzen. Und erfreulich, dass man dieses Mal nicht das übliche Tambourin nahm, sondern tatsächlich ein „Tambourin de Provence“. Das in Südfrankreich übliche Schlaginstrument wird seitlich am Spieler mit einem Tragegurt umgehängt und klingt massiver und nicht mit Schellen-Tönen.

Es war ein Abend mit einem Spitzenorchester; sehr gerne würde man Solisten, Orchester und Dirigenten wieder hier am Wolkenturm oder im Auditorium begrüßen.

Mag. Herbert Hiess, 1. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Sir Simon Rattle Dirigent Wolkenturm, Grafenegg, 30. August 2024  

Orchester der Bayreuther Festspiele, Pablo Heras-Casado, Dirigent, Walküre Wolkenturm, Grafenegg, 29. August 2024

Orchestre National de France, Daniil Trifonov, Klavier, Cristian Măcelaru, Dirigent Elbphilharmonie, Hamburg, 29. November 2022

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