10 Fragen an die Mezzosopranistin Nadezhda Karyazina: "Ich versuche meinen Rhythmus nicht zu verlieren, um mich frisch und stimmlich in guter Form zu halten"

10 Fragen an die Mezzosopranistin Nadezhda Karyazina  Staatsoper Hamburg, Opernhaus Zürich

Nadezhda Karyazina ist seit 2015 Ensemblemitglied der Staatsoper Hamburg und war hier in Partien wie Carmen und Mercédès (Carmen), Maddalena (Rigoletto), Emilia (Otello), Suzuki (Madama Butterfly), Kontschakowna (Fürst Igor), Pauline (Pique Dame), Rosina (Il Barbiere di Siviglia), Hänsel (Hänsel und Gretel), Olga (Eugen Onegin), Mrs. Quickly (Falstaff), Fenena (Nabucco), Floßhilde (Das Rheingold und Götterdämmerung) und Zweite und Dritte Dame (Die Zauberflöte) zu sehen. Ab kommender Spielzeit gehört sie zum Ensemble des Opernhauses Zürich.

Sie wurde 1986 in Moskau geboren und absolvierte von 2003 bis 2008 ihr Studium an der Russischen Akademie für Theaterkunst in Moskau. Nadezhda Karyazina hat diverse Preise gewonnen, so bei Plácido Domingos Operalia-Wettbewerb 2012, bei NEUE STIMMEN 2012, sowie beim Internationalen Gesangswettbewerb der Savonlinna-Opernfestspiele in Finnland. 2017 gehörte sie zu den 10 Finalistinnen des bedeutendsten Gesangswettbewerbs der Welt: dem BBC Cardiff Singer of the World. Nadezhda Karyazina lebt mit ihrem Mann Simon Schnorr, Bariton (Gran Teatro La Fenice di Veneziau.a.), und dem gemeinsamen Sohn in Hamburg.

Interview: Andreas Schmidt
Foto: © Kartal Karagedik

Klassik-begeistert.de: Liebe Nadja, wie geht es Dir und Deiner Familie?

Nadezhda Karyazina:Uns geht es gut, danke! Ich bin jetzt in München und warte auf die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung, ob und in welcher Form wir an der Staatsoper  München proben können oder nicht. In den nächsten Tagen fällt die Entscheidung. Ich hoffe sehr, dass unser interessantes Projekt mit Marina Abramovich „7 deaths of Maria Callas“ stattfinden wird. Die Premiere sollte in München sein, anschließend würden wir mit dieser Produktion nach Athen, Florenz, Paris und Berlin touren.

Was hast Du vor einem Jahr getan, und wie sieht Dein Alltag heute aus?

Ich würde sagen, dass mein Leben heute strukturierter geworden ist: Ich wache auf, lerne mehrere Stunden lang neue Rollen, gehe mit meinem Sohn im Park joggen, dann spielen oder lernen wir etwas, anschließend arbeite ich wieder usw.  Ich versuche meinen Rhythmus nicht zu verlieren, um mich frisch und stimmlich in guter Form zu halten!

Nenne bitte drei Schlagworte, wenn Du das Wort Corona hörst…

Angst vor Unwissenheit, Isolation, Erwartung.

Was sind die einschneidendsten Veränderungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie? Kannst Du ihr auch etwas Positives abgewinnen?

Das Schwierigste sind natürlich die gesellschaftlichen Einschränkungen. Wir führen ein ziemlich aktives kulturelles Leben, ich möchte mir gerne ein Sprech-Theaterstück ansehen oder in eine Ausstellung gehen. Auch nur, um dort Freunde zu treffen. All dies ist derzeit leider unmöglich.

Staatsoper Hamburg 2019, „Falstaff“: Ida Aldrian, Maija Kovalevska, Elbenita Kajtazi, Nadezhda Karyazina. Foto: Monika Rittershaus : ©

Womit verdienst Du normalerweise Deine Brötchen? Wie ist die Situation nach Aussetzen sämtlicher kultureller Veranstaltungen? Wie schaffst Du es finanzielle Verluste aufzufangen

Ich habe das Glück, dass ich kein freier Künstler bin und dass ich ein monatliches Gehalt von der Hamburgischen Staatsoper bekomme – wenn es keine weiteren Vorstellungen in dieser Spielzeit gibt, wird dies wahrscheinlich reduziert. Stichwort: Kurzarbeit. Aber das betrifft ja nicht nur die Opernbranche, sondern fast alle Arbeitsbereiche, das ist Jammern auf hohem Niveau. Diejenigen, die in Gastverträgen an Opernhäusern arbeiten, haben es derzeit natürlich sehr, sehr viel schwerer.

Wie gelingt es Dir als gefeierte Sängerin ohne Publikum bei Laune zu bleiben?

Es für mich am schwierigsten nicht vor Publikum zu singen und mit dem Publikum nicht die Magie einer Opernvorstellung teilen zu können! Ich glaube, dass die Menschen in dieser schwierigen Zeit mehr denn je Musik brauchen! Ich glaube aufrichtig, dass Kunst heilen kann. Deshalb hatte mein Mann die Idee, während der Pandemie ein Projekt zu entwickeln, bei dem wir berühmte und lebensbejahende Arien unter den Fenstern von Hamburger Seniorenzentren und Pflegeheimen aufführen werden.

Wie hältst Du Deine Stimme in Form? Lässt Dein 4-jähriger Sohn Dich üben? Wie kommt er durch die Krise? Wie hälst Du ihn bei Laune?

Unser Sohn liebt es Schauspiel- und Kindertheateraufführungen zu besuchen und oft zu reisen. Das dies derzeit unmöglich ist, stört ihn sehr. Ansonsten genießt er es, nicht in den Kindergarten zu gehen und dafür seine ganze Freizeit mit seinen Eltern verbringen zu können.

© Christina Canaval, Aufführung: Werther (Salzburger Landestheater)

Momentan verbringen viele Musikliebhaber viel Zeit in ihren eigenen vier Wänden. Gibt es ein Buch, eine CD oder auch Streamingangebot, das Du uns dringend empfehlen möchtest?

Der Pianist Grigory Sokolov inspiriert mich sehr. Ich kann seinem Klavierspiel stundenlang zuhören, ich möchte ihn gerne weiterempfehlen.

© Klaus Rudolph, Grigory Sokolov

Kommen wir zur ersten Frage zurück: Wo siehst Du Dich in einem Jahr?

Nächste Saison werde ich Teil der Oper Zürich sein und hoffe, dass die Corona-Krise diese Pläne nicht verändert.

Schauen wir in die Glaskugel: Die Heilige Corona, auch Schutzpatronin gegen Seuchen, hat ein Einsehen mit uns und beendet die Pandemie. Alle Musikclubs, Theater und Opernhäuser öffnen wieder. Für Deinen ersten Auftritt hast Du drei Wünsche frei: Wo, mit welchem Werk und mit wem teilst Du die Bühne?

Realistisch denkend glaube ich, dass erst im Herbst eine relative Normalität in den Theaterbetrieb einkehren wird. Deshalb sehe ich mich in der Neuproduktion „Die Fledermaus“ auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper mit meinen wunderbaren Kollegen.

Quelle: https://blog.staatsoper-hamburg.de/

Interview: Andreas Schmidt, 14. April 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

2 Gedanken zu „10 Fragen an die Mezzosopranistin Nadezhda Karyazina
Staatsoper Hamburg, Opernhaus Zürich“

  1. Die Streaming-aufführung von Orfeus und Euridike am Opernhaus Zürich hat mich riesig begeistert und sie war eine große Freude und ein Lichtblick in der kultur-abstinenten Coronazeit. Nadyas Stimme und Ihr Schauspiel waren einzigartig und WUNDER-SCHÖN!!!! Vielen herzlichen Dank und guten Mut!

    Yvonne

  2. Ich verfolge und lese und höre gerne diese Sängerin mit der kultivierten Altstimme immer und immer wieder. Bin deshalb zu Hänsel und Gretel nach Hamburg gekommen.
    Wenn ich Promoter wäre, würde ich gerne vieles mit ihr machen. Hoffnung stirbt zuletzt. Wir sehen und hören uns wieder und genießen diese Altstimme.

    Kuhlmann, Herwig

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