Fischen im Trüben: Bizets „Perlenfischer“ Unter den Linden

Georges Bizet, Die Perlenfischer  Berlin, Staatsoper Unter den Linden, 15. Oktober 2020

Olga Peretyatko ist die Priesterin Leila, an der sich der Konflikt der Freunde entzündet. Die Sopranistin sorgt an diesem Abend für den Belcanto-Effekt, ihr in der Höhe ungemein sicherer und kräftiger Sopran verleiht der Figur Glaubwürdigkeit und Ausdruck.

Berlin, Staatsoper Unter den Linden, 15. Oktober 2020
Georges Bizet  Die Perlenfischer

Leila  Olga Peretyatko, Foto: © alikhan photography
Nadir  Pavol Breslik
Zurga  Alfredo Daza
Nourabad  Paul Gay
Dirigent  Victorien Vanoosten
Inszenierung  Wim Wenders

von Peter Sommeregger

Die Produktion dieser selten gespielten Oper hatte bereits 2017 im Schillertheater Premiere. Der damalige Intendant der Staatsoper, Jürgen Flimm, platzte fast vor Stolz, dass es ihm gelungen war, den berühmten Filmregisseur Wim Wenders für eine Operninszenierung zu gewinnen. Die Enttäuschung über das Resultat, eine bestenfalls konventionelle, streckenweise sogar hilflose Regiearbeit, war damals groß.

Die Wiederaufnahme Unter den Linden hat die Inszenierung nicht besser gemacht, es bleiben szenische Defizite, so wird der Chor zu statuarischem Verharren gezwungen, was in  manchen Szenen die Oper wie ein Oratorium wirken lässt. Filmische Überblendungen mit Videos, ein sich immer wieder hebender und senkender Gaze-Vorhang machen die Sache nicht besser, von der höchst konventionellen Personenführung ganz abgesehen, die sich in Händeringen und auf die Knie sinken erschöpft, ganz zu schweigen. Einmal mehr erweist sich der Versuch, Filmregisseure mit einer Opernregie zu beauftragen als Fehler.

Musikalisch ist dieses frühe Werk Bizets sehr ambitioniert, verharrt aber dabei doch eher in konventionellen Ausdrucksformen. Die etwas unlogische, dünne Handlung bietet wenig Überraschungen, man weiß eigentlich immer schon, was als Nächstes passiert, was für Musik und Handlung gleichermaßen gilt.

Der junge Dirigent Victorien Vanoosten holt aus der Staatskapelle und dem Chor ein Optimum an Wohlklang heraus, den Sängern ist er ein umsichtiger Begleiter.

Das Personal der Oper ist klein gehalten, nur vier Charaktere tragen die Handlung um eine Art Priesterin auf einer imaginären Südseeinsel und ein Freundespaar, das sträflicherweise in diese verliebt ist. Die Freunde Nadir und Zurga absolvieren in Gestalt von Pavol Breslik und Alfredo Daza ihr großes Duett schon in der ersten Viertelstunde der Oper, in der Folge wartet man vergeblich auf ähnlich große musikalische Einfälle, erst ganz am Ende taucht die Melodie, eine Ikone homoerotischer Musik, wieder als Terzett auf.

Pavol Breslik nimmt seinen schönen Tenor sehr vorsichtig zurück, seine stimmliche Krise scheint noch nicht ganz überwunden. Alfredo Daza dagegen trumpft mit vollem, tragfähigem Bariton mächtig auf, was ein gewisses Ungleichgewicht der Stimmen erzeugt. Paul Gay gibt einen sonoren Priester, Olga Peretyatko ist die Priesterin Leila, an der sich der Konflikt der Freunde entzündet. Die Sopranistin sorgt an diesem Abend für den Belcanto-Effekt, ihr in der Höhe ungemein sicherer und kräftiger Sopran verleiht der Figur Glaubwürdigkeit und Ausdruck.

Bedingt durch die strengen Corona-Regeln der Staatsoper Unter den Linden findet die Aufführung pausenlos in knapp zwei Stunden statt. Trotz aller guten Gesangsleistungen zieht sich die dramaturgisch schwache , wenig glaubwürdige Geschichte ein wenig, Fischen im Trüben sozusagen.

Peter Sommeregger, 16. Oktober 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Berlin, Staatsoper Unter den Linden, 15. Oktober 2020“

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