Der Schlauberger 24: Fußball-Sprech I, Blick zurück – Messi und die Gleiter

Der Schlauberger 24  klassik-begeistert.de

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

„Wer geglaubt hat, dass Lionel Messi in mann-orientierter Deckung bearbeitet wird, fühlt sich getäuscht.“ Ist das nicht herrlich, was einst die ZDF-Reporterin Claudia Neumann kommentiert hat? Bei einer Fußballweltmeisterschaft ist’s wie beim Pokal: Sie hat ihre eigenen Gesetze. Sprachlich. Das werde ich Ihnen beweisen.

Mexikos Abwehrchef Hector Moreno hat in einem Kicker-Interview zum schnellen Umschaltspiel der Deutschen gesagt: „In sieben oder acht Sekunden können sie dir von hinten heraus das Ding reinmachen.“ Und ZDF-Reporter Oliver Schmidt ergänzte: „Müller sucht noch die Räume, in die er so gerne reingleitet.“ Und noch mal Claudia Neumann: „Keiner da. Das ist hoffnungslos. Sie schieben nicht nach.“ (Costa Rica – Serbien).

Für einen Kleingartenverein im Ruhrgebiet ist die Sache ohnehin klar. Fabian Köster (ZDF/heute-Show): „Die Mexikaner haben sich ja vorher mit Prostituierten getroffen“. Kleingärtner: „Jeder hat sein Hobby. Wir schwitzen es auch nicht aus.“

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Fußball-Sprech II – Blick zurück: Und am Ende zählen nur die Bälle

„Es ist erst zu Ende, wenn die dicke Frau nicht mehr singt.“ Holger Stanislawski, vor einiger Zeit ZDF-Experte, kennt sich aus mit der Oper. Und mit dem damaligen Spiel Deutschland gegen Schweden. Er hat recht. Fußball ist wirklich wie Oper. Nur ohne Musik. Dafür aber mit Textbausteinen, die das Leben viel einfacher machen. Deshalb heute Folge 2 meiner Serie: „Der Fußball hat seine eigenen Gesetze – rein sprachlich.“

Hannes Wolf beherrscht sie: „Sie werden vermutlich am Ende gewinnen“, orakelte der ARD-Experte. Zum Glück! Wie langweilig wäre das, wenn sie am Anfang gewonnen hätten. Das weiß auch ARD-Experte Thomas Hitzlsperger: „Am Ende zählt das Ergebnis.“ Na ja, manchmal auch am Anfang. Aber nicht bei Jogi Löw, denn: „Am Ende bin ich von unseren Stärken überzeugt.“ Vorher nicht.

Mein Lieblingsnachrichtensender brachte es in einem Rückblick auf die WM 1974 nach dem damaligen Schwedenspiel auf den Punkt: „Am Ende gewann die deutsche Mannschaft 4 : 2 und wurde am Ende Weltmeister.“ Also nicht am Anfang.

Das Ende naht und der zweite Ball auch. Rein sprachlich werden manche Spiele nämlich mit mehreren Bällen ausgetragen. Zum Beispiel Ägypten gegen Uruguay. ARD-Reporter Steffen Simon nach den langen Abstößen der Ägypter: „Sie gehen auf den zweiten Ball.“ Und als sich ein Isländer gegen Nigeria den Ball zurück eroberte, bilanzierte ZDF-Reporter Martin Schneider: „Den zweiten Ball für ihn!“ Steffen Simon setzte bei Polen gegen Kolumbien noch ein paar drauf: „… Lewandowski, der sich die Bälle oft tief abholt.“ Vielleicht hätte er’s doch mal mit e i n e m Ball probiert.

Aber so ist das im Sport. Mal gewinnt der eine, mal verliert der andere. Kommt drauf an, wer im Sturm spielt. ARD-Moderator Alexander Bommes kennt die mathematische Lösung: „Fifty-Fifty zwischen Gomez, Werner – oder Müller.“ Eine andere arithmetische Idee hatte Oliver Kahn: „Im Grunde haben die Polen heute das gewisse Nichts.“ Na, bitte, geht doch.

Reinhard Berger, 10. November 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
zuerst erschienen in: HNA

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Reinhard Berger

Allerleikeiten
Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.


www.facebook.com/derschlauberger

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