Bayreuth, München, Bregenz, Salzburg, 6. Juli 2023
Bayreuther Festpielhaus, Andreas Schmidt
Foto © Andreas Schmidt
Der onlinemerker macht an diesem Donnerstag unter der Überschrift „Ich will mein Publikum zurück!“ auf ein interessantes Phänomen aufmerksam … und verweist auf einen verdienstvollen Beitrag von BR-Klassik.
Kernthese: Selbst die renommierten Häuser und Festspiele verlieren massiv Zuschauer. Hier Auszüge:
„Ioan Holender hat mit seiner Wortmeldung – wie so oft in der Vergangenheit – eine Diskussion entfacht. Der Mann hatte fast immer etwas zu sagen. Heute ist es um griffige Aussagen von Intendanten schlecht bestellt. Man lobt sich lieber selbst!
Er hat Bayreuth als Zielscheibe gewählt, obwohl Bayreuth sicher auch in diesem Festspielsommer „so halbwegs ausverkauft“ sein wird. Aber Bayreuth hat davon gelebt, dass es ein Privileg war, überhaupt Karten kaufen zu dürfen. Damit ist es vorbei – und leider sind mehrere Faktoren dafür ausschlaggebend. Die Pandemie selbst kann nichts dafür, die völlig übertriebenen Mßnahmen dagegen schon eher. Aber das ist ein eigenes Thema, das gerade jetzt auch in Wirtschaftskreisen sozusagen mit rückverschobener Wirkung für Dramen sorgt. Jede Woche eine andere größere Firmenpleite.
Und was noch schlimmer ist: Bayreuth geht es im Vergleich mit anderen Opernhäusern sogar noch relativ gut! Wenn eine Firma tiefrote Zahlen schreibt, ist der Verantwortliche sogar verpflichtet, möglichst noch rechtzeitig Insolvenz anzumelden. Theater agieren da im geschützten Bereich. Deren Chefs dürfen trotz immer schlechter werdenden Zahlen weiterhin mit selbstgestrickten Auslastungszeugnissen große Töne spucken! Wie manche „Bilanz“ zustandekommt, ist zwar leicht zu erkennen, aber was unter dem Strich steht, ist zunehmend schwerer eruierbar – da sei der Deckel drauf!
Auszug aus BR-Klassik: Verschärft wird die Vorverkaufskrise durch ein allgemein rückläufiges Interesse am Musiktheater: Kaum noch eine Premiere in Deutschland ist ausverkauft, selbst die diesbezüglich verwöhnte Bayerische Staatsoper hat neuerdings Absatzschwierigkeiten. Die Jüngeren geben ihr Geld lieber für coolere Events aus, gehen auch gern schick essen oder jetten übers Wochenende nach London. Die Älteren haben alle populären Opern längst gesehen, fürchten sich vor schrulligen Regisseuren und hässlichen Bühnenbildern. Die meisten wollen sich gut unterhalten, wenige freuen sich auf Provokationen, kaum jemand macht sich die Mühe, einigermaßen vorbereitet in die Vorstellung zu kommen. Das ist in Salzburg nicht anders als in Bayreuth, aber dort war der Opernbesuch halt schon immer kultiviertes Beiwerk zur Hauptsache, nämlich zum gepflegten Luxus-Urlaub an der Salzach mit Stippvisite in der Getreidegasse. Da kann Bayreuth nicht mithalten, aber ehrlich gesagt: Etwas mehr weltläufige Professionalität würde dem Grünen Hügel nicht schaden. Mal sehen, welche Schlüsse die zuständigen Politiker daraus ziehen, wenn sie im Herbst über die zukünftige Festspielleitung entscheiden…
…Aber Wagner-Pilger, die den Text mitmurmeln und ihre Reise als Wallfahrt begreifen, sterben allmählich aus. Übrig bleibt das Eventpublikum, dem Bayreuth im Vergleich zu Salzburg und Bregenz deutlich zu wenig touristisches Spektakel zu bieten hat. Schlösser sind halt schon lange nicht mehr so attraktiv wie Spitzengastronomie, Designer-Outlets und Dachterrassen-Partys.“
Kommentar – Bayreuther Festspiele Die Zeiten haben sich geändert
Die Bayreuther Festspiele sind kurz vor Beginn noch nicht ausverkauft. Ein Blick auf andere Hotspots des europäischen Festivalsommers zeigt: Probleme gibt es überall. Und die Kunst allein kann es offenbar nicht retten.
BR-Klassik.de
klassik-begeistert.de, 6. Juli 2023