Foto: © Monika Lawrenz
Musikverein Wien, Metallener Saal, 10. Juni 2018
Benjamin Herzl, Violine
Johann Sebastian Bach, Chaconne (aus: Partita Nr. 2 d-Moll BWV 1004 für Violine solo)
Fritz Kreisler, Rezitativ und Scherzo-Caprice op. 6 für Violine solo
Niccolò Paganini, Caprice a-Moll op. 1/5 für Violine solo
von Mirjana Plath
Er hätte nicht gedacht, dass er mal im Wiener Musikverein spielen würde. Jetzt ist er noch nicht mal 25 Jahre alt und hat es trotzdem schon geschafft. Hut ab vor Benjamin Herzl!
Der Violinist hat sich am Sonntagnachmittag bei einem „Start up!“-Konzert präsentiert. Diese Veranstaltungsreihe organisiert Jeunesse, um jungen Nachwuchstalenten eine Plattform zu bieten. Die vielversprechenden Künstler geben ein etwa halbstündiges Vorprogramm vor einer Konzertveranstaltung. Benjamin Herzl hat für sein Debüt im Musikverein keine leichten Stücke ausgewählt. Bach, Kreisler und Paganini – alle drei Komponisten stellen hohe Ansprüche an die Interpreten ihrer Werke.
Zu Bachs Chaconne hat Benjamin Herzl eine besondere Beziehung. Das Stück begleite ihn schon seit vielen Jahren, erklärt der Geiger, nachdem er es fertig gespielt hat. Es sei das erste Mal, dass er es vor einem öffentlichen Publikum präsentiere. Er hat eine offene Art, wie er musiziert und mit dem Publikum spricht. Ganz unprätentiös zeigt er seine Freude, im ehrwürdigen Musikverein spielen zu können.
Vielleicht ist die Ehrfurcht vor diesen heiligen Hallen anfangs etwas zu groß. Herzl spielt zwar die Noten von Bachs Chaconne. Dabei entstehen allerdings keine Spannungsbögen, die das Stück zusammenhalten und voranbringen könnten. Herzl scheint seine persönliche Sichtweise auf das Stück zurückzuhalten, die Musik wirkt dadurch nüchtern.
Ganz anders interpretiert der Solist Fritz Kreislers Rezitativ und Scherzo-Caprice op. 6. Bei den anspruchsvollen Bogen- und Zupftechniken zeigt Herzl keinerlei Anstrengung, als würde er die Herausforderung genießen. Er hat sichtlich Spaß beim Spielen, gestaltet das Stück durch abgestufte Dynamik und Betonungen spannend für die Zuhörer.
Zuletzt kommt Niccolò Paganinis Caprice in a-Moll op. 1/5. Die Capricci von Paganini fordern vom Spieler halsbrecherische Saitenwechsel, Doppelgriffe und andere außergewöhnliche Spieltechniken. Sie sind vor allem live ein atemberaubendes Spektakel – sofern der Interpret sie beherrscht. Das tut Benjamin Herzl ohne Zweifel. Er kann die Spannung fortsetzen, die er bei Kreislers Komposition aufgebaut hat. Irre schnell hüpft sein Bogen über die Saiten, die Finger verheddern sich selbst bei diesem hohen Tempo nicht am Griffbrett. So ist dem sympathischen Geigenspieler am Ende viel Applaus vergönnt.
Die verklungenen Töne geleiten das Publikum direkt weiter in den Großen Saal des Musikvereins. Dort begrüßt wenige Minuten später das Norrköpings Symfoniorchester unter Christian Lindberg seine Zuhörer.
Mirjana Plath, 11. Juni 2018, für
klassik-begeistert.de