Rattles Brahms fegt durch die Musikstadt München!

BRSO, Sir Simon Rattler, Brahms  Münchner Residenz, Herkulessaal, 13. Februar 2025

BRSO Rattle © BR Severin Vogl

Mit einem musikalische Brahms-Feuerwerk stemmt Sir Simon Rattle das BRSO an Spitze der Klassik-Szene und lässt die lebendige Energie dieser musikalischen Totenmesse durch den Herkulessaal fegen. Michael Nagys Einspringer-Bariton wurde zur Sensation des Abends, auch Mark-Anthony Turnages zeitgenössische musikalische Vorspeise überzeugte.

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Chor des Bayerischen Rundfunks

Michael Nagy, Bariton, für Andrè Schuen (krankheitsbedingt)
Lucy Crowe, Sopran

Sir Simon Rattle, Dirigent

Werke von Mark-Anthony Turnage und Johannes Brahms

Münchner Residenz, Herkulessaal, 13. Februar 2025

von Johannes Karl Fischer

Ausverkauft war dieses Konzert schon seit mindestens Wochen, Restkarten rar. Einige versuchten ihr Glück noch im Foyer der prächtigen Münchner Residenz, so viele „Suche Karte“ Pappkartons sind selbst bei einer Jonas-Kaufmann-Premiere eher die Ausnahme. Wie in alten Zeiten brennt die Musikstadt München für Brahms, der Saal fieberte der musikalischen Darbietung des Abends entgegen.

Und das völlig zurecht: Mit mächtigem Schwung stürzte Sir Simon Rattle das BRSO in die strahlenden Klänge des Brahms-Requiems, ließ dieses eigentlich sentimentale Werk in der Pracht der umschlingenden Melodien aufblühen und das Publikum die singenden Phrasen in der musikalischen Seele spüren. Sein begeisterndes, bewegtes Dirigat saugte Chor und Orchester in den Strudel der Musik und zauberte aus dieser einstigen Totenmesse eine energetische Brahms-Sinfonie mit obligatem Chor!

Insbesondere das Orchester füllte den Saal mit einem magischen Universum an wohl dosierten doch intensiven musikalischen Emotionen, als würde man in der musikalischen Hochsee dieser zauberhaften Klänge baden gehen, das fast schon überwältigende Fortissimo „Denn alles Fleisch“ rollte wie eine mächtigen Meereswelle durch die Residenz. Auch die nicht wenigen sanften Seiten dieses Werks glänzten in vollem Schein, fast schon unmerklich mühelos legten sich die Hörner unter die ruhevoll atmenden Chorpassagen.

Der krankheitsbedingt für Andrè Schuen eingesprungene Bariton Michael Nagy haute mit einer omnipräsenten Paradeleistung regelrecht um! Wie ein auferstandener Göttervater schmetterte er die Brahms’schen Klagerufe in den Saal, „Herr, lehre doch mich“ resonierte spektakulär in den Ohren des Publikums wie die Machtworte eines allmächtigen musikalischen Weltherrschers. Fast bis ans andere Ende der Stadt schallte seine Gesang die mahnenden Worte an die Menschheit.

BRSO Crowe, Nagy © BR Severin Vogl

Auch die Sopranistin Lucy Crowe brillierte mit emotionaler, sanfter doch intensiver Stimme und tröstete das Publikum leidenschaftlich aus all der im Text vertonten Traurigkeit. Leider ist diese wunderbar berührende Sopranpartie Brahms ein wenig zu kurz geraten…

BRSO Rattle, Crowe, Nagy © BR Severin Vogl

Ganz anders sieht das natürlich für den Chor aus, für den Brahms hier ein einziges Paradewerk schrieb. Der BR-Chor lieferte eine rundum solide Leistung, vor allem in den ersten Sätzen streichelten sie wie in himmlischer Harmonie vereint sanft die musikalische Seele. Die drei regelrechten Chor-Feuerwerke der Brahms-Fugen servierten sie dem Saal routiniert und souverän, lobten den würdigen Herr mit viel Preis und Kraft.

Diesem spektakulären Brahms-Triumphzug vorausgegangen war ein weiteres quasi-Requiem in Memoriam Evan Scofield, Mark-Anthony Turnages „Remembering“.  Trotz des großzügig besetzten Blech- und Schlagwerkapparats strömte ein breites Spektrum an emotional berührenden Melodien von der Bühne, ganz ohne Geigen und mit vielen Bratschen ließ das Orchester die klangvolle Energie sonor im Saal strahlen. Eine interessante, abwechslungsreiche wie zugängliche musikalische Vorspeise vor der schier überwältigenden Romantik des Brahms-Requiems. Der im Publikum anwesende Komponist bekam seinen mehr als verdienten Applaus, die musikalische Requiem-Szene lebt auch im 21. Jahrhundert!

BRSO Rattle, Nagy © BR Severin Vogl

Mit einem souveränen, vom Publikum begeisternd aufgenommen Konzert steuert Sir Simon Rattle dieses Orchester an die Spitze der internationalen Orchester-Champions-League. Angesichts der thronenden musikalischen Leistung war der in heutigen Zeiten nahezu beispiellose Kartenandrang völlig gerechtfertigt.

Johannes Karl Fischer, 14. Februar 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt 270: Sir Simon Rattle klassik-begeistert.de, 29. Januar 2025

BRSO musica viva Herkulessaal, München, 20. Dezember 2024

Sir Simon Rattle & Katia und Marielle Labèque München, Herkulessaal, 3. Oktober 2024

Johannes Brahms, Ein deutsches Requiem Semperoper Dresden, 13. Februar 2024

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