Bildnachweis: Barbara Aumüller
Giacomo Puccini, Tosca
Oper Frankfurt, 5. Oktober 2018
Lorenzo Viotti,Dirigent
Andreas Kriegenburg, Inszenierung
Harald Thor, Bühnenbild
Malin Byström, Tosca
Stefano La Colla, Mario Cavaradossi
Dario Solari, Scarpia
von Yehya Alazem
Wenn Leute, die noch nie in die Oper gegangen sind, mich fragen, „mit welcher Oper soll man anfangen?“, ist meine Antwort immer: „Tosca“. „Tosca“ ist eine Oper, die fast die Definition einer Oper ist. Im Libretto findet man alles: Liebe und Hass, Leben und Tod, Ernst und Spaß – und eine Partitur, die voller Melodramatik, Schönheit und Leidenschaft ist.
Obwohl sie eine der am meisten gespielten Opern ist, ist eine richtig gute „Tosca“-Aufführung keine einfache Aufgabe – weder für die Sänger, noch für den Dirigenten. Die drei Hauptrollen fordern Darsteller höchsten Niveaus – die Partitur enthält so viele musikalische Details, dass alles perfekt zusammenpassen muss.
Die Inszenierung dieses Höhepunkts des Opernrepertoires in der Oper Frankfurt von Andreas Kriegenburg ist zeitlos, modernistisch und überaus ästhetisch. Die Personenregie ist durchdacht, das Bühnenbild von Harald Thor ist unkompliziert. Was jedoch am Ende der Vorstellung ein großes Ausrufezeichen hervorruft ist, dass Tosca sich nicht umbringt, was ein sehr interessanter Einfall ist – irgendwie scheint Tosca eine noch stärkere Figur zu sein.
Das Orchester unter dem Schweizer Dirigenten Lorenzo Viotti bringt aus dem Orchestergraben ein hervorragendes Spiel hervor. Die melodramatischen Farben, die verführenden Linien und die Präzision waren vollkommen. Viotti und seine Musiker zeigten enorme Spielfreude und bauten die Spannung in der Partitur vom ersten bis zum letzten Ton vortrefflich auf.
Für Mario Cavaradossi hat der italienische Tenor Stefano La Colla eine sehr geeignete Stimme. Er besitzt einen soliden Spinto-Klang, der an Mario del Monaco erinnert, es fehlt ihm aber noch einiges an Technik. Leider klingt er, abgesehen von ein paar schönen Passagen, zu eindimensional – er hat zu wenig Nuancierungen, um diese Rolle zu bewältigen.
Auf der anderen Seite bietet der uruguayische Bariton Dario Solari eine sehr gute Leistung in der Rolle des Scarpia. Sein Bariton ist dunkel, schwer und hat eine wunderbare Durchschlagskraft. Darstellerisch imponiert er auch sehr mit seiner Dominanz.
Als Titelheldin findet man in der schwedischen Sopranistin Malin Byström, die jetzt ihr Rollendebüt als Tosca feiert, eine absolute Traumbesetzung. Mit phantastischem Charisma und wundervollem, facettenreichem Gesang sorgt sie für große Gänsehautmomente. Ihr Sopran ist dunkel, cremig, hat eine unglaubliche Spannung in der Mittellage und dazu eine glamouröse, exotische Höhe.
Sie besitzt genau die richtige dramatische Kraft und Sensualität für die Tosca, singt voller Dramatik und Eleganz, und die Differenzierungen in der Rolle beherrscht sie wirklich mit Bravour. Die elektrisierenden Spitzentöne im dritten Akt sind von äußerster Weltklasse…Bravo!
Yehya Alazem, 6. Oktober 2018, für
klassik-begeistert.de