Andrey Denisenko beflügelt die Elbphilharmonie   

Andrey Denisenko, Klavier  Elbphilharmonie, Hamburg, 14. April 2025

Andrey Denisenko © Jerzy Pruski für Shigeru Kawai Europa 

Mit Schubert, Liszt und vor allem Beethovens innig grandioser As-Dur-Klaviersonate lässt Andrey Denisenko die instrumental singenden Melodien auch solistisch durch den Kleinen Saal der Elbphilharmonie schweben. Nicht nur die drei Zugaben sorgten für furiosen Beifall!  

Andrey Denisenko, Klavier

Werke von Franz Schubert, Franz Liszt und Ludwig van Beethoven

Elbphilharmonie, Hamburg, 14. April 2025

von Johannes Karl Fischer

Erst im Januar hatte der preisgekrönte, rapide aufsteigende Pianist Andrey Denisenko gemeinsam mit Daria Podushko die Elbphilharmonie mit einer bezaubernden Klavierfantasie beflügelt. Seinen heutigen Soloabend eröffnete er musikalisch nicht weniger berührend mit Schuberts zwölf deutschen Tänzen und ließ auch die etwas flottere Seite des sonst eher musikalisch intim orientierten Komponisten durch den Saal tanzen.

Schubert hat vor allem für die menschliche Stimme komponiert und auch in seinen Klavierwerken würde er das Klavier singen lassen, so sprach der Solist zum Auftakt des Abends. Auch in der a-Moll-Klaviersonate des Wiener Frühromantikers ließ die ganze klangliche Seele der Flügelsaiten nicht weniger in die Herzen des Publikums einsinken. Ein absoluter Genussmoment selbst für Schubertskeptiker wie mich!

Zu den eindrucksvollsten Highlights dieses grandiosen Konzertabends gehörte allerdings Beethovens As-Dur-Sonate op. 110, komplett mit einer knappen aber fachlich musikanalytischen Werkeinführung. Über dieses Werk könnte er stundenlang reden, so der Solist und spielte prompt ein paar diese Sonate inspirierenden Volksliedmelodien vor. Nach dieser Liebeserklärung an diese wunderbar innige Musik ließ er Melodien gefühlvoll aus den Tasten schweben und ihre grenzenlose Magie ausstrahlen.

Andrey Denisenko © Jerzy Pruski für Shigeru Kawai Europa

Hier zeigte sich insbesondere der wandelbare, warme Klang des Shigeru Kawai Flügels, mit dem der Pianist in die ganze Bandbreite eines Beethoven’schen Spitzenwerks eintauchte. Im Kopfsatz perlten die Arpeggios glasklar wie feine, duftende Kaffeebohnen durch den Saal, die eingangs erläuterten, feurigen Tänze des zweiten Satzes erklangen mit einem stets edlen Anstrich. Dann natürlich noch der klagende Gesang im dritten Satz – auch dazu hatte er natürlich erklärt, wo Beethoven sich hier der Bach’schen Matthäus-Passion bedient hatte. Ton und Wort waren stets am rechten Ort, eine solch wunderbar singende, durch den Saal schwebende Interpretation seiner Fuge hätte sich wohl auch Beethoven kaum vorstellen können!

Musikalisch noch intensiver ging es nur in den beiden Werken von Franz Liszt zu, der bekanntlich Pianisten und Klaviere vor bis dahin völlig undenkbare Herausforderungen stellte. Auch diese meisterten Herr Denisenko und sein Instrument mit Bravour. Während er im Satz „Vallée d’Obermann“ aus dem „Album d’un voyageur“ die ganzen Breiten und Tiefen dieser Musik hochexpressiv im Saal strahlen ließ, ließ er im rauschenden Mephisto-Walzer die Saiten ordentlich resonieren und schien die im Stück dargestellte Teufelsgeige wie verrückt durch den Saal fliegen zu lassen. Eine atemberaubende Meisterleistung der Liszt’schen Klavierkunst, entsprechend auch die Stimmung im Publikum.

Foto © Jerzy Pruski für Shigeru Kawai Europa

Furiosen Applaus gab es auch für die Zugaben, drei Stück insgesamt. Hier legte der Solist des Abends nochmal ordentlich einen drauf, Chopins an sich schon spektakuläre Oktavenetüde war nur Auftakt dieses Auftakt-Spektakels. Anschließend segelte ein ruhiges pianistisch singendes Rachmaninow-Zwischenspiel durch den Saal, ehe er mit der feurigen Brillanz von Chopins B-Dur-Walzer den Abend schloss.

Gruppenfoto: Magdalena Reusch, Matthias Maschlanka, Andrey Denisenko, Anne-Sophie Desrez, Johannes Fischer © Jerzy Pruski für Shigeru Kawai Europa

Mit einem insgesamt musikalisch wohl dosierten, aber spektakulärem Programm beflügelt Andrey Denisenko wieder einmal die Elbphilharmonie. Und wer von dieser wunderbar brillanten pianistischen Klangkunst nicht genug hatte: In Lübeck widmet sich der furios aufsteigende Pianist am 17. Mai Beethovens monumentaler Chorfantasie, mit gleich vier Knabenchören und begleitendem Orchester besser auch als seine „kleine neunte Sinfonie“ bekannt. Ein muss für alle Klavierfans der Klassikszene im hohen Norden!

Johannes Karl Fischer, 15. April 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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