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Slowakisches National Theater, Bratislava, 4. Juni 2022
Rusalka
Antonín Dvořák, Musik
Lyrisches Märchen in drei Akten
Libretto von Jaroslav Kvapil
von Maria Steinhilber
Wer sich in der Nähe Bratislavas befindet, hat am Samstag, den 11. Juni 2022 die einmalige Chance, beseelt das Opernhaus zu verlassen. Denn so sagte schon Schiller „…und was aus dem Herzen kommt, geht zum Herzen.“
Es mag schon viele dubiose Rusalka Inszenierungen gegeben haben, mit einer depressiv krakselnden Rusalka in der Badewanne, beispielsweise. Aber Schluss damit. Heute etwas Schönes.
Die märchenhafte Bühne passt wie die Faust aufs Auge zum Titel, den Antonín Dvořák auf die Partitur schrieb: Lyrisches Märchen in drei Akten! Alles was sich ein Opernauge wünscht, liefert die Inszenierung von Martin Kakóš. Tänzelnde Nymphen. Vernebeltes Dickicht. Giftig grüne Algen. Glitzernde Abendstimmung am Wasser. Der geheimnisvolle Mond. Flimmernde Wellen: Wahrlich, ein Märchen. Der Zuschauer sitzt und nimmt dankend diese herrliche Kulisse wahr. Ach, wie erfrischend, sich nicht über kalte Badewannen zu ärgern oder schon nach dem ersten Akt am Ende zu sein mit seiner „Schul-Freud-Psychologie“, weil sich die Inszenierung nicht erschließen lässt.
Auf dieser herrlichen Bühne stehen herrliche Sänger. Olga Bezsmertna, welche seit 2012 zum Ensemble der Wiener Staatsoper zählt, gibt Rusalka. Die Partie legt sie sich an wie eine zweite Haut und tänzelt sich wie auf Flammen gehend durch die Akte. Musikalisch feilt sie sie bis zum Ende. Zarte piani zu Beginn und verzweifelt, anklagende hohe Töne am Ende.
Ihr Prinz ist Pavol Bršlík. Wer ihn einmal live auf der Bühne erlebte, hat sicherlich die nächsten Engagements vorgemerkt. Endlos, mühelos zieht er von Ton zu Ton. Authentisch gekrönte hohe Passagen. Es ist schlichtweg erste Sahne und ganz großes Tenor-Kino. Áno, was aus dem Herzen kommt, geht zu Herzen! Seine Darstellung lässt nichts zu Wünschen übrig. Also, lieber Wiener Bršlík-Fanclub. Nach Bratislava (63 km entfernt) fahren stündlich Bus und Bahn! Auf geht’s!
Jana Kurucová. Doppelt hält besser. Sie gibt die buckelige Hexe und die fremde Fürstin. Die Bühne nimmt sie absolut für sich ein. Genießt jede Sekunde! Stimmliche Bombe und facettenreiche Darstellung. Auch Kurucová scheint einen immer größer werdenden Fanclub zu haben. Es macht einfach Freude, ihr zuzuhören und sehen!
Die Bass Partie des Wassermanns singt Peter Mikuláš und er ist ein Meister in dem, was er tut! Das ist große Klasse! Die endlosen, offenen Tiefen des Meeres, die väterliche Liebe und Sorge; alles vermag er stimmlich zum Ausdruck zu bringen! Bravo!
Hou, hou, hou, last not least die 3 Waldnymphen, welche ein quirliges Schwesterntrio abgeben und sich stimmlich sehr gut ergänzen.
Wer also mal eine Abwechslung von manchen deutschen „Essiggurken-Dasein-Bühnen“ braucht, setzt sich aus Wien in den Zug oder nimmt das Schiff und treibt über die Donau zu herrlich flimmernden Dvořák-Tönen nach Bratislava, welche Robert Jindra aus dem Orchestergraben erklingen lässt! In dieser herrlichen Besetzung noch am Samstag, den 11. Juni, zu erleben.
Maria Steinhilber, 5. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Musikalische Leitung Robert Jindra
Regie Martin Kákoš
Rusalka Olga Bezsmertna
Der Prinz Pavol Bršlík
Die fremde Fürstin Jana Kurucová
Wassermann Peter Mikuláš
Ježibaba Jana Kurucová
Der Jäger Pavol Remenár
Der Küchenjunge Katarína Flórová
Ein Förster Pavol Remenár
1. Waldnymphe Andrea Vizvári
2. Waldnymphe Adriana Banásová
3. Waldnymphe Alena Kropáčková
Antonín Dvořák, Rusalka, Semperoper Dresden, 7. Mai 2022 (Premiere)
Antonín Dvořák, Rusalka, Hamburger Elbphilharmonie, 8. Mai 2022