Dieser Abend ließ die Alte Oper beben

Foto © hr/Sebastian Reimold

Die Alte Oper hat an diesem Abend erlebt, wie Klang Welten aufreißen kann. Manchmal ohrenbetäubend. Manchmal berückend schön. Manchmal überwältigend. Und manchmal auch so, dass man froh ist, wenn der Sturm endlich weiterzieht.

Unsuk Chin
Alaraph – Ritus des Herzschlags

Erich Wolfgang Korngold
Violinkonzert D-Dur op. 35

Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 11 „Das Jahr 1905“ g-moll op. 103

Renaud Capuçon, Violine

hr-Sinfonieorchester
Alain Altinoglu, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 28. November 2025

von Dirk Schauß

Das hr-Sinfonieorchester hatte sich ein Programm vorgenommen, das nach Großformat schrie: Unsuk Chin, Korngold, Schostakowitsch. Drei Komponisten, drei Klangwelten, die kaum etwas verbindet – außer der Aufgabe, an einem Abend denselben Saal zu erfüllen. Genau darin lag der Reiz. Ein Orchester, das sich auf fremdes Terrain wagt. Ein Solist, der wie ein leuchtender Fixstern wirkt. Ein Dirigent, der zwischen souveräner Verwaltung und echter Inspiration oszilliert. Was herauskam, war ein Abend, der anfangs irritierte, in der Mitte strahlte und am Ende eine Wucht entfesselte, die den ganzen Saal in Bewegung versetzte. „Renaud Capuçon, Violine, hr-Sinfonieorchester, Alain Altinoglu
Alte Oper Frankfurt, 28. November 2025“
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Eisiges Leuchten aus dem Norden: Helsinki Philharmonic begeistert in der Alten Oper

© Alte Oper Frankfurt/Tibor-Florestan Pluto

Das Helsinki Philharmonic unter Jukka-Pekka Saraste ist derzeit in einer Form, die kaum zu übertreffen ist. Sie spielen Sibelius nicht – sie sind Sibelius. Guido Sant’Anna ist ein besonderes Talent, das gerade erst beginnt, die Geigerwelt aufzumischen. Und wer gestern in der Alten Oper war, hat einen jener Abende erlebt, an die man sich noch länger erinnern wird. Ein Konzert, das unter die Haut ging – und dort hoffentlich lange nachglüht.

Outi Tarkiainen  „Songs of the Ice“

Jean Sibelius Violinkonzert d-Moll op. 47

Jean Sibelius Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39


Guido Sant’Anna,
Violine

Helsinki Philharmonic Orchestra
Jukka-Pekka Saraste, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 23. November 2025

von Dirk Schauß

Am 23. November 2025 lag Frankfurt unter einer dünnen, frischen Schneeschicht, die Luft biss, und die Alte Oper schien sich geradezu zu freuen, endlich wieder einmal richtig finnisch durchgefroren zu werden. Das Helsinki Philharmonic Orchestra, eines der besten Ensembles Skandinaviens, gastierte unter seinem Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste mit einem Programm, das kälter, klarer und ehrlicher nicht hätte sein können: pure nordische Seele, von der Gegenwart bis ins Herz der Romantik. „Helsinki Philharmonic Orchestra, Jukka-Pekka Saraste
Alte Oper Frankfurt, 23. November 2025“
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Manfred Honeck entfaltet in Frankfurt die Monumente der Spätromantik

© hr/Sebastian Reimold

Johannes Brahms
Violinkonzert D-Dur op. 77

Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 9 d-moll

Leonidas Kavakos, Violine

hr-Sinfonieorchester
Manfred Honeck, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 14. November 2025

von Dirk Schauß

Der 14. November in der Alten Oper war ein Abend, an dem sich zwei musikalische Welten begegneten: Brahms in seiner strukturellen Strenge und spätromantischen Wärme, Bruckner in seiner metaphysischen Wucht. Beide Werke leben von Sachlichkeit und Hingabe zugleich – Qualitäten, die Manfred Honeck und Leonidas Kavakos in aller Konsequenz verkörperten. Wenn ein Dirigent dieser Erfahrung beim hr-Sinfonieorchester gastiert, entsteht häufig etwas Besonderes. Doch dieses Konzert war mehr als nur besonders. Es war ein Abend, an dem Interpretationen gewachsen wirkten, als hätten sie sich im Laufe eines langen Weges verfeinert, verdichtet, gelichtet – und genau deshalb trafen sie so unmittelbar ins Zentrum des Erlebens. „hr-Sinfonieorchester, Manfred Honeck, Leonidas Kavakos, Violine
Alte Oper Frankfurt, 14. November 2025“
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Wenn Wien in Frankfurt aufschlägt: Ein Abend zwischen Glanz, Grübeln und echten Klangmomenten

Foto © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15

Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 1 D-Dur „Der Titan“

Lukas Sternath, Klavier

Wiener Symphoniker
Petr Popelka, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 4. November 2025

von Dirk Schauß

Manchmal kündigt sich ein Konzert so an, als könne gar nichts schiefgehen: Wiener Symphoniker, Wiener Pianist, Wiener Programm. Beethoven und Mahler – mehr Wien geht kaum.

Am 4. November in der Alten Oper Frankfurt schien also alles angerichtet für einen musikalischen Heimvorteil. Das Orchester feiert sein 125-jähriges Bestehen, der junge Lukas Sternath gilt als spannender Pianist seiner Generation, und Petr Popelka, dieser hellwache, analytische Dirigent, hält die Fäden in der Hand. Und ja – es wurde ein besonderer Abend. Nur nicht ganz so, wie man vielleicht gehofft hatte. „Wiener Symphoniker, Petr Popelka, Leitung, Lukas Sternath, Klavier
Alte Oper Frankfurt, 4. November 2025“
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Lieben Sie Brahms?

Berliner Philharmoniker © Monika Rittershaus

Unbedingt, wenn er so gespielt wird: Die Berliner Philharmoniker spielen – zelebrieren – in der Alten Oper ein tief in der Romantik verwurzeltes Programm.

 Alte Oper, Frankfurt, 3. November 2025

Robert Schumann (1810-1856)Manfred op. 115. Ouvertüre für großes Orchester

Richard Wagner (1813-1883) – Siegfried-Idyll WWV 103

Johannes Brahms (1833-1897) – Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko, Dirigent

 von Brian Cooper

Traditionell begeben sich die Berliner Philharmoniker im November von Frankfurt aus auf große Tournee und machen am Vorabend ihres Abflugs, diesmal nach Asien, in der Alten Oper Station.

Chefdirigent Kirill Petrenko ist immer für eine Repertoire-Überraschung gut. Wann hört man schon mal Schumanns Manfred-Ouvertüre (geschweige denn das gesamte Stück)? Byron-Stoff wurde von etlichen Komponisten vertont: Tschaikowskis Manfred-Sinfonie und Berlioz’ Harold in Italien sind berühmte Beispiele, gewiss bekannter noch als die Vertonung Robert Schumanns, der sich ebenfalls des dramatischen Gedichts Manfred annahm, das als Schlüsselwerk der Romantik gilt. „Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, Dirigent
 Alte Oper, Frankfurt, 3. November 2025“
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Malofeev entstaubt Tschaikowsky – Repušić bringt Glanz und Struktur

Alexander Malofeev © hr/Ludmila Malofeeva

hr-Sinfonieorchester

Alexander Malofeev, Klavier
Ivan  Repušić, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 24. Oktober 2025

von Dirk Schauß

Am 24. Oktober in der Alten Oper Frankfurt: Mediterrane Sonne, slawischer Überschwang – und ein Pianist, der nichts mehr beweisen muss. Alexander Malofeev, 24 Jahre alt, betritt den großen Saal mit einer leisen, verhaltenen Ruhe, die sofort zur Haltung wird. Kein Lächeln, kein Effekt, nur konzentrierte Stille. Wer ihn damals erlebte, als er kurzerhand für einen großen Kollegen einsprang und mit Rachmaninow den Abend rettete, weiß:

Dies ist kein Mann der Show. Damals überraschte er mit seiner Reife, heute mit seiner Natürlichkeit. Nun also Tschaikowskys erstes Klavierkonzert – ein Monument, das in Routine erstarren kann, wenn man ihm zu oft begegnet. „hr-Sinfonieorchester, Ivan  Repušić, Alexander Malofeev, Klavier
Alte Oper Frankfurt, 24. Oktober 2025 “
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Ein Abend erwacht zwischen Träumen und Turbulenzen

Fotos © Diana Hillesheim

So bleibt dieser Abend als lebendige, kostbare Erinnerung stehen: an eine Komponistin, die endlich wieder gehört wird; an ein Cellokonzert, das lebendig bleibt, wenn man es ernst nimmt; und an einen Strauss, der zu Unrecht als Selbstverliebter gilt, obwohl er nur – nun ja – sehr genau wusste, wie Liebe klingt.

Mel Bonis
Trois Femmes de légende

Camille Saint-Saëns
Cellokonzert Nr. 1 in a-Moll

Richard Strauss
Symphonia domestica

Julia Hagen, Violoncello

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Thomas Guggeis, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 20. Oktober 2025

von Dirk Schauß

Ein Konzert in der Alten Oper Frankfurt, in welchem drei Komponisten – pardon, zwei Komponisten und eine übersehene Komponistin – zeigen, wie unterschiedlich man Leidenschaft orchestrieren kann. „Frankfurter Opern- und Museumsorchester Thomas Guggeis, Julia Hagen Violoncello
Alte Oper Frankfurt, 20. Oktober 2025“
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Warum man öfter mal Dvořáks vergessene Sinfonien spielen sollte

Cornelius Meister © Sebastian Mare

Johannes Brahms
Klavierkonzert Nr. 1 d-moll op. 15

Antonín  Dvořák
Sinfonie Nr. 4 d-moll op. 13

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Maxim Lando, Klavier
Cornelius Meister, musikalische Leitung

Alte Oper Frankfurt, 29. September 2025

von Dirk Schauß

Manchmal erwischt es einen eiskalt: Man sitzt im Konzert, halb erwartungsvoll, halb skeptisch, und plötzlich merkt man – hoppla, das klingt ja ganz anders, als erwartet. So ging es am Montagabend in der Alten Oper. Brahms’ erstes Klavierkonzert stand auf dem Programm, jenes Ungetüm, das schon Generationen von Pianisten die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hat. Und ausgerechnet ein 23-jähriger Amerikaner, Maxim Lando, setzte sich ans Klavier, als ob er bloß einen alten Freund treffen wollte. Keine Anspannung, keine Spur von dieser steifen „Ich spiele jetzt ein Jahrhundertwerk“-Haltung. Sondern einfach: Musik machen. Punkt. „FOM, Maxim Lando, Klavier, Cornelius Meister, Dirigent
Alte Oper Frankfurt, 29. September 2025“
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Wenn die Oper gewinnt: Ravels Fantasie in Frankfurt

hr-Sinfoniekonzert „Ravels Zauberwelt“ am 26.09.2025
© hr/Sebastian Reimold

Maurice Ravel
Ma mère l’oye – Suite

Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierkonzert Es-Dur KV 365

Maurice Ravel
L’enfant et les sortilèges

Solisten und Chöre
hr-Sinfonieorchester
Alain Altinoglu, musikalische Leitung

Konzert in der Alten Oper am 26. September 2025

von Dirk Schauß

Die Alte Oper Frankfurt versprach an diesem Abend gleich drei Bühnen in einer: Märchenbilder aus Ravels Feder, ein brüderliches Gespräch bei Mozart und zum Finale eine Oper, in der Tassen, Tapeten und Sessel zu Protagonisten werden. Ein raffiniert gebautes Programm – das in der Realität jedoch weniger Gleichgewicht als ein klares Gefälle offenbarte. Denn was in der Sinfonik fein sortiert klang, gewann erst in der Oper wirkliche Farbe und Energie.

„Maurice Ravel, Ma mère l’oye, Wolfgang A. Mozart, Klavierkonzert Es-Dur, Maurice Ravel, L’enfant et les sortilèges
Alte Oper Frankfurt, 26. September 2025“
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Antonio Pappano entfesselt Berlioz in der Alten Oper

Großer Saal © Alte Oper Frankfurt/Tibor-Florestan Pluto

Hector Berlioz
Le Corsaire op. 21

Wolfgang Amadeus Mozart
Konzert für Violine und Orchester Nr. 5 A-Dur KV 219

Hector Berlioz
Symphonie Fantastique op. 14

London Symphony Orchestra
Sir Antonio Pappano, musikalische Leitung
Lisa Batiashvili, Violine

Alte Oper Frankfurt, 2. Juni 2025

von Dirk Schauß

Schon die ersten Takte ließen aufhorchen – als hätte jemand den Vorhang zu einer anderen Welt aufgezogen. Kaum hatte Sir Antonio Pappano den Taktstock erhoben, vibrierte der Saal in gespannter Erwartung. Kein großes Pathos, keine demonstrative Geste – und doch war sofort klar: Hier würde etwas Besonderes geschehen. Was das London Symphony Orchestra (LSO) an diesem Abend in der Alten Oper Frankfurt entfaltete, war kein routiniertes Gastspiel, sondern eine musikalische Vergegenwärtigung im besten Sinne: atemberaubend präzise, beseelt, durchdrungen von Klangfantasie und gestalterischer Intelligenz. Man saß da, hörte – und vergaß Raum und Zeit. „LSO Sir Antonio Pappano/Lisa Batiashvili
Alte Oper Frankfurt, 2. Juni 2025“
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