Foto: © Wilfried Hösl, Bayerische Staatsoper – Nationaltheater
Aber ich denke, München hätte eine modernere Butterfly verdient. Im Jahre 2022 kann man den entsetzlichen Sexismus, Rassismus und White Supremacy in der Madama Butterfly nicht einfach mit hübschen Bildern übertünchen, sondern muss sie deutlich machen und zur Diskussion stellen. Auch dafür ist Oper eine Plattform.
Bayerische Staatsoper, Nationaltheater München, 31. Mai 2022
Madama Butterfly
Japanische Tragödie in drei Akten – 1904
Komponist Giacomo Puccini
Libretto von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa.
In italienischer Sprache · Mit Übertiteln in deutscher und englischer Sprache.
von Barbara Hauter
Ich habe nicht nah am Wasser gebaut, aber diese Butterfly zerriss mir das Herz. So angefasst war ich noch nie von einer Oper. Emotionaler geht nicht. Das gesamte Ensemble war in Höchstform, vom Dirigenten über die Hauptdarsteller bis in die Nebenrollen. Ganz besonders aber gehörte der Abend der albanische Sopranistin Ermonela Jaho, die die Butterfly regelrecht hinzauberte.
Ermonela Jaho ist zu Recht der bejubelte Star des Abends. Sie gibt die 15jährige, verliebte, schwärmerische und naive 15jährige, die gereifte Hoffende, die liebende Mutter, die Enttäuschte und tödlich Verzweifelte so mitreißend, dass ich mich in meinem Opernsessel kaum zu rühren wage. Jede dieser „Rollen in der Rolle“ erfordert ein anderes Timbre, eine andere Stimmführung – und Jaho ist die Meisterin dieser Wandlungen. Sie betritt die Bühne als das schüchterne, zerbrechliche Mädchen, umspielt ihre knospende Liebe mit zarten Nuancen, in ihren leisesten Tönen so präsent, dass ich kaum mehr atme. Es schnürt mir das Herz, wenn neben diesem zerbrechlichen Schmetterling Charles Castronovo als Pinkerton kühl und distanziert davon singt, dass Butterfly nur ein Spielzeug sei.
Da krachen Welten aufeinander: Ost – West, Mann – Frau, alt – jung, emotional – berechnend. Und diese Kontraste hört man in den Stimmen der beiden Protagonisten. Der US-amerikanische Tenor geht auf in der Rolle des zynisch distanzierten Besatzers, des überlegenen weißen Mannes. Sonst prädestiniert für das Fach des Liebenden, als Alfredo oder Rodolfo, ist seine Stimme diesmal kühl und glatt wie ein Spiegel, einzig in einem kurzen Augenblick der Reue im letzten Akt lässt Castronovo menschliche Wärme durchscheinen. „Giacomo Puccini, Madama Butterfly
Bayerische Staatsoper, Nationaltheater München, 31. Mai 2022“ weiterlesen