Public School Boys auf Kreuzfahrt ins Heilige Land: Händels „Rinaldo“ in Glyndebourne

„Foto: © Bill Cooper 2019

Glyndebourne Touring Opera, 29. November 2019

Georg Friedrich Händel, Rinaldo

von Charles E. Ritterband (13. Dezember 2019)

Der Barock-Großmeister Georg Friedrich Händel hatte den „Rinaldo“ Anfang des 18. Jahrhunderts fertiggestellt. Das Werk hat den Ersten Kreuzzug im Jahr 1099 zum Thema und selbstverständlich Jerusalem als Schauplatz. Doch schon zur Zeit Händels wurde diese Oper höchstwahrscheinlich in zeitgenössischen Kostümen – also in barocker Kleidung – inszeniert.

Deshalb ist es nicht weit hergegriffen, dass der namhafte kanadische Opernregisseur Robert Carsen das Kreuzritter-Epos humorvoll verfremdet und in einer englischen Public School spielen lässt, deren Zöglinge den Mädchen einer Mädchenschule ein heißes Fußballmatch liefern, sich Rüstungen  umschnallen und sich in einem mit wenigen Handgriffen zum Schlachtfeld umfunktionierten Schulzimmer in blutige Schlachten stürzen – ganz im barocken Sinne umgeben von allerlei Zauberei, Kanonendonner, Gewitterstürmen und spektakulärem Bühnenfeuerwerk. „Georg Friedrich Händel, Rinaldo,
Glyndebourne Touring Opera, 29. November 2019“
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„Ein kleines Weihnachtswunder“ im Opernhaus Glyndebourne

„Ein offenkundig aus Deutschland stammender Besucher sagte halblaut, was kein Engländer, vor allem nicht an diesem Tempel der Hochkultur, auch nur zu denken gewagt hätte: „Nun gebt endlich Gas, Jungs.“ Er mochte letztlich Recht gehabt haben. Das Wiener Repertoire ist offenbar nicht die besondere Stärke dieses Orchesters – dafür umso mehr das englische.“

Christmas Concert, Glyndebourne, 5. Dezember 2020

Dirigent: Aidan Oliver
The Glyndebourne Chorus
The Glyndebourne Tour Orchestra

von Charles E. Ritterband

Auf der Website des Opernhauses Glyndebourne ist zu lesen: „Während diesem Jahr musste einem die Hoffnung, irgendein Weihnachtskonzert in Glyndebourne auf die Bühne zu bringen, vorkommen wie eine glitzernde Fata Morgana in der Wüste: Eine Perspektive, die einem den Mund wässrig machte, die aber immer mehr außer Reichweite in einen verwirrenden Dunst der Ungewissheit rückte.“ So war es denn auch nur konsequent, als sich der Dirigent und Chormeister Aidan Oliver zu Beginn des „Christmas Concert“ am Samstagnachmittag einem milden Lächeln an das Covid-distanziert zwischen leeren Fauteuils placierte Publikum wandte: Es sei doch „ein kleines Weihnachtswunder“, dass es gelungen sei, diese Aufführung zustande zu bringen. „Christmas Concert, Aidan Oliver, Glyndebourne Tour Orchestra“ weiterlesen

Glyndebourne trotzt der Covid-Krise mit englischem Humor und perfekter Organisation

Offenbachs witzige Mini-Oper „In the Market for Love” (Mesdames de La Halle)

Foto: Glyndebourne, Zuschauerraum socially distanced zu 1/4 besetzt vor Beginn der Oper

Glyndebourne, 24. Oktober 2020
Jacques Offenbach, „In the Market for Love” (Mesdames de La Halle) 

von Charles E. Ritterband (Text und Foto)

Es war nicht das magische, sommerliche Glyndebourne, das ich seit Jahrzehnten so sehr schätze: Über Nacht war in England der Winter eingekehrt, es war dunkel, schüttete herunter, was es nur konnte, orkanartige Herbststürme haben die Blätter von den Bäumen gefegt im herrlichen Park, wo jeweils in den Pausen der Opernaufführungen in „Black Tie“ und langen Abendkleidern auf der Wiese neben weidenden Schafen und Kühnen die eleganten Picnics zelebriert werden und Butler den Champagner kredenzen. Jetzt hingegen wachten ältere Damen mit Argusaugen und Gesichtsmasken alle paar Meter peinlich genau auf die Einhaltung der Covid-Regeln, selbst die Autos auf dem Besucherparkplatz parkten „socially distanced“; das großartige, 1994 eröffnete neue Glyndebourne-Opernhaus mit 1200 Sitzplätzen bot jetzt nur noch 350 Plätze mit gebührendem Abstand – und statt der zeremoniellen, langen Pausen, die ja jeweils eine der Hauptattraktionen eines Opernabends in Glyndebourne waren, wurde ohne Pause durchgespielt. „Jacques Offenbach, „In the Market for Love” (Mesdames de La Halle),
Glyndebourne, 24. Oktober 2020“
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Christiane Lutz, die Ehefrau von Jonas Kaufmann, geht mit dem "Rigoletto" spielerisch und souverän um

Glyndebourne’s „Rigoletto“ in Hollywood – als Charlie Chaplin

Foto: wikipedia.de (c)
Glyndebourne Opera Touring Company
, 27. November 2019
Giuseppe Verdi, Rigoletto

von Charles E. Ritterband

„Rigoletto“ als packendes und musikalisch höchst attraktives Rohmaterial fordert die Phantasie der Regisseure geradezu heraus – nur Regisseure wie der hoch begabte David McVicar können es wagen, einen völlig werktreuen, in der Original-Epoche angesiedelten „Rigoletto“ mit historischen Kostümen auf die Bühne zu stellen und dennoch eine zeitlose, atemberaubende Inszenierung zu schaffen. Der Versuchung, „Rigoletto“ in einen  völlig anderen Kontext zu versetzen, ist auch die deutsche Regisseurin Christiane Lutz erlegen. Ihr Konzept ist höchst originell und eigenwillig –und gut durchdacht. Bis auf einen kleinen Schnitzer allerdings. „Giuseppe Verdi, Rigoletto
Glyndebourne Opera Touring Company, 27. November 2019“
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