Grange Park unterhält trefflich mit Donizettis „Regimentstochter“

Daughter-Regiment, GPO © Marc Brenner

Donizettis mitreißende komische Oper „La fille du régiment“ war seit ihrer Uraufführung an der Pariser Opéra Comique am 11. Februar 1840 ein Hit und ist es bis heute geblieben. Die Handlung ist höchst originell – ein Mädchen namens Marie, ein Findling, wird von 1500 Soldaten eines französischen Regiments in Tirol als „Tochter“ adoptiert, bis zufällig ihre aristokratische Tante, die Marquise von Berkenfield, vorbeikommt, sie mit auf ihr Schloss nimmt um dem ungehobelten, frechen Naturkind „Kultur“ beizubringen und sie mit dem Sohn ihrer skurrilen Freundin, der Fürstin von Crakentorp, zu verkuppeln – was natürlich scheitert.

Gaetano Donizetti, La fille du régiment
Libretto: Jules-Henry Vernoy de Saint-Georges, Jean-Francois Alfred Bayard

Dirigentin: Claire Levacher
Regie und Bühne: John  Doyle

Gascoigne Orchestra

Grange Park Opera, 30. Juni 2024


von Dr. Charles E. Ritterband

Legendär ist die Arie „Ah! Mes amis“ des Tiroler Naturburschen Tonio, der Maria das Leben gerettet hat und sich selbstverständlich unsterblich in sie verliebt. Luciano Pavarotti hatte den bisher nicht erreichten Standard für diese weltrekordträchtige Arie mit ihren geradezu akrobatischen neun Hohen C gesetzt; der großartige Tenor Juan Diego Flórez erhielt 2007 das Privileg, die andere berühmte Arie „Pour mon âme“ an der Mailänder Scala mit einem Da Capo zu wiederholen – was damals seit 75 Jahren tabu war.

In der bescheideneren, aber spritzigen Aufführung der 1998 auf einem idyllischen Landsitz in der englischen Grafschaft Surrey gegründeten Grange Park Opera gab der talentierte junge Tenor Nico Darmanin den Tonio – und erklomm tadellos die neun steilen Berggipfel der neun
Hohen Cs . „Gaetano Donizetti, La fille du régiment
Grange Park Opera, 30. Juni 2024“
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„The Yeomen of the Guard“ - das Grange Festival zelebriert die englischste aller Opern

Man mag eine der Opern aus der Feder Benjamin Brittens für die englischste halten – doch tatsächlich ist es diese: „The Yeomen of the Guard“, das ernsteste Werk der englischen Operettenkomponisten bzw. Librettisten Arthur Sullivan und WS Gilbert, die sonst doch eigentlich bekannt sind für ihre humorvoll-spritzigen Gesellschaftssatiren wie „The Mikado“ und „The Pirates of Penzance“. Komponist Sullivan und Textdichter Gilbert waren sehr zufrieden mit ihrem „ernsten“ Werk: Gilbert sagte, dies sei die beste Produktion, welche er je mit Sullivan vollendet habe und dieser bestätigte, dass er „Yeomen“ allen anderen Gemeinschaftsproduktionen vorziehe. Tatsächlich handelt es sich um eine doch eher seichte Liebes- und Verwechslungskomödie; da jedoch eine (nicht vollzogene) Hinrichtung und ein (vollzogener) Selbstmord eines alternden Komödianten (berührend: Nick Haverson) darin vorkommen, wurde „Yeomen“ trotz Happy End für die Liebenden zur tragischen Oper, eben zur einzigen „Opera Seria“ der beiden populären englischen Operettenschöpfer.

The Grange Festival, 30. Juni 2022

Arthur Sullivan & WS Gilbert, „The Yeomen of the Guard“, 

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

„Yeomen“ spielt, wie schon der Titel vermuten lässt, im Tower of London: Die 32 Yeomen Warders of Her Majesty’s Royal Palace and Fortress The Tower of London sind die Wächter des Tower in ihren wunderschönen dunkelrot-goldenen oder schwarzroten Uniformen mit den charakteristischen Hüte. Unter Touristen sind sie als „Beefeaters“ bekannt – weil nur sie das Privileg hatten, die Resten von der königlichen Tafel zu verspeisen, darunter auch das rare und teure „Beef“ (die vermeintliche Verballhornung des französischen „Buffetier“ ist offenbar ein Irrtum).

Die Oper spielt im Innern des Tower, dieses ältesten Bauwerks Londons – und zwar nicht innerhalb der wehrhaften Festungsmauern, sondern in einem idyllischen Tudor-Dorf, in welchem die Angestellten des Tower (auch heute noch) mit ihren Familien in winzigen hübschen Häuschen wohnen dürfen. Das peinlich realistische Bühnenbild (Bühne: Simon Higlett) mutet an wie die Kulisse eines BBC-Dokudramas aus den 60er Jahren.

Das Bournemouth Symphony Orchestra unter Leitung von John Andrew brachte uns die wunderbaren und vielleicht schönsten Tonfolgen von Arthur Sullivan mit Temperament und zugleich Subtilität. Die englische Sopranistin Ellie Laugharne verkörperte die Elsie Maynard mit viel Einfühlungsvermögen und einer raumfüllenden, herrlich klaren Stimme – als ihr kongenialer Partner Colonel Fairfax der hochkarätige und entsprechend namhafte englische Tenor Nick Pritchard mit seiner warmen, glatten und präsenten Stimme. Nick Haverson glänzte nicht so sehr stimmlich aber umso mehr durch sein agiles Spiel als der tragische Komödiant Jack Point. Mit perfektem Sound der Grange Festival Chorus.

Dr. Charles E. Ritterband, 30. Juni 2022, für klassik-beigeistert.de und klassik-begeistert.at

 

Musikalische Leitung: John Andrew
Regie: Christopher Luscome
Bühne: Simon Higlett
Sir Richard Chomondeley: John Savournin
Colonel Fairfax:  Nick Pritchard
Sergeant Meryll: Graem Broadbent
Leonard Meryll: David Webb
Phoebe Meryll: Angela Simkin
Elsie Maynard: Ellie Laugharne
Jack Point (Komödiant): Nick Haverson

Bournemouth Symphony Orchestra
Grange Festival Chorus

Die Grange Park Opera wagt sich an Janáčeks „Brouček“ – ein turbulenter Spaß

Grange Park Opera, West Horsley Place, Großbritannien, 26. Juni 2022

Die Grange Park Opera – nicht zu verwechseln mit dem Grange Festival (aber wie es zu dieser Beinahe-Namensgleichheit kam, ist eine andere, eher komplizierte Geschichte) wagte sich an Leoš Janáčeks „The Excursions of Mr. Brouček“: Ein turbulenter Spaß – und wie die Direktorin des Opernhauses im Grünen vor dem Vorhang erklärte, eine der wenigen Opern bei denen es keine Toten gibt… Nun, Tote zwar nicht, aber die Musik (zumindest in den ersten beiden Akten) mit ihren Dissonanzen ist ebenso wenig Jedermanns Sache wie die oftmals sehr krude Inszenierung dieser musikalischen Farce: Da sitzt Brouček, der literweise Pilsner Bier in sich hinein gießt mitten auf der Bühne in einem Klo und rechts am Bühnenrand taucht eine riesige Klobürste auf, an der er schnuppert. Besonders geschmackvoll ist das nicht und soll es wohl auch nicht sein. Originell hingegen die historischen Gestalten aus der tschechischen Geschichte, die auf bunten Plastic-Bierflaschengestellen auf die Bühne gefahren werden. Und Václav Havel hinter Gittern – ein Anachronismus, denn der Prager Frühling ereignete sich vier Jahrzehnte nach Janáčeks Tod – war schon sehr beeindruckend.

Leoš Janáček, The Excursions of Mr Brouček (gesungen in englischer Sprache, Übersetzung von David Pountney)

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Herr Brouček ist ein kleiner, dicker Mann mit hochfliegenden Träumen: So möchte er auf den Mond fliegen und die Mondfahrer kommen in dieser Inszenierung gebührend zu Ehren in weiß-silbernen Raumanzügen. Aber Broučeks Träume enden in Bierdunst und Suff; meistens schläft er sich seinen Rausch aus. Eine Art Schwejk, aber ganz ohne Heroismus.

David Pountney ist immer gut für originelle, intelligente Inszenierungen – als Intendant der Bregenzer Festspiele hatte er sich einen exzellenten Namen gemacht und Janáčeks wunderbares „Füchslein“, das ich mit Genuss an der Welsh National Opera sah, war einfach meisterhaft. So auch hier das großartige Bühnenbild, das aus gigantisch vergrößerten Kitsch-Objekten aus Prager Souvenirshops bestand. „Leoš Janáček, The Excursions of Mr Brouček
Grange Park Opera, West Horsley Place, Großbritannien, 26. Juni 2022“
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