Der Klang der alten Schule: Maximilian Haberstock hebt das Pathos mit Stil

Maximilian Haberstock (cond.) © Ralf Dombrowski

Blutjung, schlank, fesch sind nicht die einzigen Attribute, die Maximilian Haberstock auszeichnen. Der 20-jährige Münchner, mit türkischen Wurzeln, ist ein Sir. Ein Dirigent, der bereits in jungen Jahren entschieden hat, einen anderen Weg zu gehen. Während andere seiner Generation ihre blanken Körperteile zur Schau stellen, setzt Haberstock auf den Stil der alten Schule. Das zeigen sein Social-Media-Auftritt, seine Kleidung, sein Klangbild. In München gibt’s dafür Standing Ovations.

Maximilian Haberstock, Dirigent

Eva Gevorgyan, Klavier

Junges Philharmonisches Orchester München

Werke von Ludwig van Beethoven

Herkulessaal, München, 3. Mai 2025

von Jürgen Pathy

Furtwängler spielt in seinen Interpretationen eine Rolle. Das macht Maximilian Haberstock bei Beethovens „Emperor“ sofort klar, noch deutlicher bei Beethovens Siebter, der „Rhythmischen“. Dass dieses Allegretto wie ein Andante klingt, ist komplett anachronistisch. Mit diesem breiten Klangbild fällt er komplett aus der Zeit. Das wagt heute kaum jemand. Die Wirkung: beeindruckend, außergewöhnlich. Ein Trauermarsch, eine dunkle Wolke, die über München hereinzieht. Dazu dieses Pianissimo, kaum wahrnehmbar – ein kurzer Currentzis-Augenblick, der ebenfalls die Dynamiken bis an ihre Grenzen auslotet.

„Eva Gevorgyan, Klavier, Maximilian Haberstock, Dirigent
Herkulessaal, München, 3. Mai 2025“
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Rattles Brahms fegt durch die Musikstadt München!

BRSO Rattle © BR Severin Vogl

Mit einem musikalische Brahms-Feuerwerk stemmt Sir Simon Rattle das BRSO an Spitze der Klassik-Szene und lässt die lebendige Energie dieser musikalischen Totenmesse durch den Herkulessaal fegen. Michael Nagys Einspringer-Bariton wurde zur Sensation des Abends, auch Mark-Anthony Turnages zeitgenössische musikalische Vorspeise überzeugte.

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Chor des Bayerischen Rundfunks

Michael Nagy, Bariton, für Andrè Schuen (krankheitsbedingt)
Lucy Crowe, Sopran

Sir Simon Rattle, Dirigent

Werke von Mark-Anthony Turnage und Johannes Brahms

Münchner Residenz, Herkulessaal, 13. Februar 2025

von Johannes Karl Fischer

Ausverkauft war dieses Konzert schon seit mindestens Wochen, Restkarten rar. Einige versuchten ihr Glück noch im Foyer der prächtigen Münchner Residenz, so viele „Suche Karte“ Pappkartons sind selbst bei einer Jonas-Kaufmann-Premiere eher die Ausnahme. Wie in alten Zeiten brennt die Musikstadt München für Brahms, der Saal fieberte der musikalischen Darbietung des Abends entgegen. „BRSO, Sir Simon Rattle, Brahms
Münchner Residenz, Herkulessaal, 13. Februar 2025“
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Ich erhöre das musikalische Zeiten-Jetzt

© BR / Astrid Ackermann

Drei Werke von drei anwesenden Komponisten. Das habe ich live noch nicht erlebt. Klangdichte bei Lang, ziselierend scharfer Klang bei Chin, Klangexplosionen bei Manoury. Die Vielfalt der zeitgenössischen Orchestermusik wird vom Publikum gefeiert.

Dirigent   David Robertson
Violine   Leonidas Kavakos
Klangregie   Zoro Babel
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Herkulessaal, München, 20. Dezember 2024

von Frank Heublein

Dieser Abend im Herkulessaal der Residenz in München wird als Geburtstagsaufführung des musikalischen Klangkörpers auf der Bühne annonciert. 75 Jahre ist das Orchester des Bayerischen Rundfunks 2024 alt geworden. Schon seit Anbeginn des Orchesters ist die zeitgenössische Musik ein relevanter Teil seiner Klangwelt. Programmatisch werden die Aufführungen Saison für Saison unter der Reihe musica viva vereint. „BRSO musica viva
Herkulessaal, München, 20. Dezember 2024“
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Andreas Begert wagt sich an seinen symphonischen Erstling und gewinnt

Bild von Clara Begert, frei verfügbar in Wikimedia Commons

Ein junger Mann, der nicht in das Bewertungsschema diverser Kompositionsprofessoren passte und deshalb in diesem Fach nicht studieren durfte, geht nun seit einigen Jahren als Autodidakt seinen eigenen Weg. Und wie gut er dabei vorankommt, war nun am 23. November 2024 im Herkulessaal der Münchner Residenz bei der Uraufführung seiner Bayerischen Symphonie zu erleben.

Münchner Symphoniker
Markus Bauer  musikalische Leitung

Herkulessaal, München, 23. November 2024

von Dr. Lorenz Kerscher

Vor wenigen Wochen habe ich mit Andreas Begert noch im Interview über die geplante Uraufführung seiner ersten, der „Bayerischen“ Symphonie gesprochen und nun war der große Tag schon da! Tatsächlich findet seine Musik inzwischen so viel Interesse, dass der Herkulessaal der Münchner Residenz mit seinen 1270 Sitzplätzen fast vollständig gefüllt war. Das eine Stunde dauernde dreisätzige Werk spielten die Münchner Symphoniker unter der Leitung von Markus Bauer, dem Bruder des Komponisten. „Münchner Symphoniker, Markus Bauer
Herkulessaal, München, 23. November 2024“
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Sir Simon reißt die Münchner mit: Ein furioses Konzert im Herkulessaal überrascht gleich mehrfach

Labèque-Schwestern © Astrid Ackermann

Manuel de Falla, „El sombrero de tres picos“

Igor Strawinsky, „Ebony Concerto“

Osvaldo Golijov, „Nazareno“

Leonard Bernstein, „Prelude, Fugue and Riffs“

Simon Rattle, Dirigent
Katia und Marielle Labèque, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Münchner Residenz, Herkulessaal, 3. Oktober 2024


von Dr. Andreas Ströbl

Wie oft erlebt man so etwas schon bei einem Konzert im Münchner Herkulessaal mit einem Programm aus der klassischen Moderne? Rhythmisch wippende Köpfe, Knie und Füße, die sich im raschen Takt auf und ab bewegen, und das sowohl bei den Mitwirkenden auf der Bühne als auch im Publikum!

Erleben konnte man das am 3. Oktober 2024 mit Simon Rattle und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und einer überraschenden Mischung, was einerseits die Auswahl der Stücke, andererseits die Instrumentierung und in einem Falle die Interpretation eines Genres betraf – oder hatte man zuvor daran gedacht, bei einer Passionsmusik mit feurigen Rhythmen am liebsten mittanzen zu wollen? „Sir Simon Rattle & Katia und Marielle Labèque
München, Herkulessaal, 3. Oktober 2024“
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Herbert Blomstedt und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks klopfen in Bruckners Vierter Sinfonie an die Himmelspforte

BRSO-Blomstedt © Astrid Ackermann

Kaum ein Bericht über Herbert Blomstedt kommt ohne Erwähnung seines Alters aus, und auch der Schreiber dieser Zeilen mag nicht so recht darauf verzichten, denn was dieser tiefgläubige 95-jährige Asket (kein Alkohol, kein Kaffee und ein sehr religiöses Leben – Blomstedt ist Adventist) noch immer in die Konzertsäle der Welt zaubert, das ist eben absolute Meisterschaft seines Fachs, das ist Klangmagie – auch und gerade in den Aufführungen von Sinfonien des ebenfalls frommen Herrn Bruckner.

Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) – Violinkonzert e-Moll op. 64

Anton Bruckner (1824-1896) – Sinfonie Nr. 4 Es-Dur, Romantische

Leonidas Kavakos, Violine
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Herbert Blomstedt, Dirigent

München, Herkulessaal, 13. Januar 2023

von Dr. Brian Cooper, Bonn

Zum ersten Mal besuche ich den Herkulessaal, und zum ersten Mal erlebe ich Herbert Blomstedt mit Bruckner, nachdem ich ihn schon einige Male mit anderem Repertoire erlebt habe, darunter spannende Entdeckungen verschiedener Werke von Berwald und Stenhammar sowie die etwas bekannteren sinfonischen Gefilde des Dänen Carl Nielsen. „Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Herbert Blomstedt, Dirigent, Mendelssohn, Bruckner
München, Herkulessaal, 13. Januar 2023“
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München: Malerei rebelliert leise, Musik laut

Hansjörg Albrecht, der Karol Szymanowski zu seinen Lieblingskomponisten zählt, dirigierte dieses Werk mit Sensibilität und Präzision, wobei er die dynamischen Proportionen zwischen Chor, Orchester und Solisten richtig verteilte. Das polnisch-deutsch-ukrainische Publikum belohnte die Künstler mit einem warmen Applaus.

Foto: Tomasz Filiks/IAM@IAM

Herkulessaal, München, 1. Juni 2022

Polnisches Festkonzert zur Ausstellung „Stille Rebellen. Polnischer Symbolismus um 1900“

Hansjörg Albrecht, Dirigent
Münchner Symphoniker

European Festival Chor & Münchener Bachchor

Solisten:

Szymon Nehring, Klavier
Evelin Novak, Sopran
Christa Mayer, Alt
Tomasz Konieczny, Bassbariton

von Jolanta Łada-Zielke

„Stille Rebellen“ sind die Helden der am 25. März in der Kunsthalle München eröffneten Ausstellung, die rund 130 Werke polnischer Maler von 1890-1918 präsentiert. Dazu gehören historische Gemälde von Jan Matejko, Allegorien von Jacek Malczewski, Porträts von Olga Boznańska und Władysław Ślewiński und Landschaften von Ferdynand Ruszczyc. Zum ersten Mal in Deutschland ist eine so umfangreiche Sammlung polnischer Kunst aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu sehen.

Polnische Maler brachten ihren Widerstand gegen die Teilung ihres Landes, das 1795-1918 unter der Herrschaft von Russland, Preußen und Österreich stand, und ihre Sehnsucht nach einer freien, geeinten Heimat mit Hilfe von Gemälden zum Ausdruck. Einige von ihnen agierten im Ausland, in Berlin, München, Paris, Sankt Petersburg und Wien und holten sich die Inspiration aus den lokalen künstlerischen Kreisen. Die Botschaft dieses Kulturevents bezieht sich außerdem auf den Krieg in der Ukraine, gegen den wiederum zeitgenössische Künstler rebellieren. Die Ausstellung hat die Kunsthalle München in Zusammenarbeit mit dem polnischen Adam-Mickiewicz-Institut und Filialen des Nationalmuseums in Warschau, Krakau und Poznań vorbereitet.

Das den Event begleitende Festkonzert „Stabat Mater“, das am 1. Juni im Herkulessaal in München stattfand, organisierte die Gesellschaft Arte-Musica-Poetica mit. Das Programm des Konzerts harmonierte perfekt mit dem Thema der Ausstellung, weil es polnische Werke zum Thema Krieg, Tod und nationaler Befreiungskampf sowie ein klassisches ukrainisches Stück enthielt. Auf der Bühne traten Künstler aus Deutschland und slawischen Ländern auf, begleitet von den Münchner Symphonikern unter der Leitung von Hansjörg Albrecht. „Polnisches Festkonzert zur Ausstellung „Stille Rebellen. Polnischer Symbolismus um 1900“
Herkulessaal, München, 1. Juni 2022 “
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Kraft tanken auf fremdem Territorium – Münchner Symphoniker spielen polnische Musik

Foto: Tomasz Konieczny © Igor Omulecki

Residenz München, Herkulessaal, 1. Juni 2022

Konzert zu „Stille Rebellen“ – Polnischer Symbolismus um 1900

Hansjörg Albrecht, Dirigent

Szymon Nehring, Klavier
Tomasz Konieczny,
Bassbariton
Evelin Novak,
Sopran
Christa Mayer,
Alt

Münchner Symphoniker
European Festival Choir und Mitglieder Münchener Bachchor

von Jürgen Pathy

Obwohl die Münchner Symphoniker nach der Pause ordentlich aufgegeigt haben, Chopins 1. Klavierkonzert gleich zu Beginn, das haben sie nicht ganz optimal hingelegt. „Kein gutes Orchester“, kam da prompt von meiner rechten Seite. „Abwarten, vielleicht hats nur am Repertoire gelegen“, mein Konter. Zum Glück sollte ich Recht behalten.

Polnische Kulturschätze

Stille Rebellen – Polnischer Symbolismus um 1900, so heißt die Ausstellung, die noch bis zum 7. August 2022 in der Kunsthalle München zu bestaunen ist. Bilder polnischer Künstler, deren Meisterwerke nicht nur zu den größten Kulturschätzen Polens zählen. Jan Matejko, Jacek Malczewski, Olga Boznańska oder Ferdynand Ruszczyc, um die wichtigsten Vertreter zu nennen, deren Schaffensperiode rund um 1900 angesiedelt war. Die Schirmherrschaft der Ausstellung haben Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und sein Amtskollege aus Polen, Andrzej Duda, übernommen. Das Ziel: Die polnische Kultur auch über die Grenzen des sechstgrößten Staates der EU zu tragen.

Davon hat man reichhaltig zu bieten – auch in der Musik. Überzeugen konnte man sich davon im Herkulessaal, der in der Münchner Residenz beheimatet ist. Einem Baudenkmal, in dem bis 1918 die Könige und Kurfürsten aus dem Adelsgeschlecht der Wittelsbacher ihren Sitz hatten. Alles nur einen Steinwurf von der Kunsthalle entfernt. „Konzert zu „Stille Rebellen“ – Polnischer Symbolismus um 1900
München, Herkulessaal, 1. Juni 2022“
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Bartók, Martinů und Mahler in München – das BRSO glänzt unter Klaus Mäkelä mit Frank Peter Zimmermann und Anna Lucia Richter

Foto: BRSO Mäkelä © Astrid Ackermann

Herkulessaal, München, 07. Oktober 2021

Rezension Konzert des Symphonieorchesters des bayerischen Rundfunks unter Klaus Mäkelä mit Frank Peter Zimmermann und Anna Lucia Richter.

von Frank Heublein

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks spielt unter Dirigent Klaus Mäkelä heute im Herkulessaal in München drei Werke des 20. Jahrhunderts. Die drei Komponisten Béla Bartók, Bohuslav Martinů und Gustav Mahler sind alle drei in der damaligen k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn aufgewachsen. Von den beiden ersten höre ich Werke für Violine und Orchester, die Frank Peter Zimmermann als Solist präsentiert. Von letzterem wird die vierte Symphonie mit Anna Lucia Richter als Solistin gegeben.

Foto: Frank Peter Zimmermann © Astrid Ackermann

Ich werde in den ersten Satz Béla Bartóks Rhapsodie für Violine und Orchester Nr. 2, Sz 90 hineingeworfen. Bartók benennt diese beiden Rhapsodien „Volkstänze für Violine und Orchester“. Der erste Satz fühlt sich an wie ein Spaziergang durch ein folkloristisches Dorf.  Die Violine als antreibende Spaziergängerin setzt den Fokus. Das Orchester antwortet kraftvoll, als Menschenmenge, im Gegensatz zu dieser Spaziergängerin. Wuchtig, doch die Violine ist souverän, bahnt sich prägnant und elegant ihren Weg. „Rezension: Konzert BRSO, Bartók, Bohuslav, Mahler, München
Klassik-begeistert.de“
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Eine Missa, die aufrüttelt und aufwühlt

Foto: BRSO Gardiner 210923 © Astrid Ackermann

Herkulessaal, München, 24. September 2021

Missa solemnis von Ludwig van Beethoven

von Frank Heublein

Zum Saisonstart des Symphonieorchesters und Chors des Bayerischen Rundfunks tritt am zweiten Abend hintereinander Sir John Eliot Gardiner ans Pult im Herkulessaal in München und lässt Beethovens Missa solemnis (feierliche Messe) erklingen.

Der Titel lässt erahnen, diese Messe hat nicht die Liturgie, die Unterstützung eines Gottesdienstes zum Ziel. Keine Kontemplation, innere Einkehr und Ruhe. Das ganze Gegenteil geschieht in mir.

Nach wenigen ruhigen Tönen setzt der Chor ein mit dem Kyrie im Forte. Ansatzlos ist der Übergang zuerst zum Tenor. Dieser Wechsel zwischen Chor und Solostimmen ist wie eine musikalische Welle, die aufwallt und heranbrandet in mein Inneres, einen Strand, an dem sich diese musikalischen Wellen brechen.

BRSO Gardiner 210923 (c) Astrid Ackermann

Das Gloria beginnt stürmisch wuchtig. Die göttliche Herrlichkeit als musikalischer Sturm, der in mir hereinbricht. Ich bin ausgesetzt, diese Musik wirkt beherrschend bis zum Atemanhalten: Deus pater omnipotens (Gott allmächtiger Vater). Der musikalische Wechsel hin zum Stillen und Langsamen signalisiert mir den gnädigen Gott. Zärtliche Flötentöne. Die Solisten setzen ein mit Qui tollis peccata mundi (Du nimmst hinweg die Sünden der Welt). Die Musik und ich mit ihr halten inne. Das folgende Preisen des Herrn ist energetisches Forte, strahlt in mich hinein. „Ludwig van Beethoven, Rezension Missa solemnis,
Klassik-begeistert.de“
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