Michael Sanderling fotografiert im Orchesterhaus in Kriens © Vera Hartmann
Konzert im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals
Ist Dmitri Schostakowitschs 7. Symphonie, genannt die „Leningrader“, ein Beispiel platter Sowjet-Propaganda? War der Komponist vor dem Diktator Stalin eingeknickt und sein Werk nur noch instrumentalisierte Kunst im Dienst des Totalitarismus?
Gerade die Interpretation durch Michael Sanderling und das Schleswig-Holstein Festival Orchester am 9. August 2025 in der Lübecker Musik- und Kongresshalle unterstrich eine vielschichtigere Lesart, die dem tatsächlichen Wesen der Symphonie umfänglich gerecht wurde.
Dmitri Schostakowitsch, Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 60 „Leningrader“
Michael Sanderling, Dirigent
Schleswig-Holstein Festival Orchester
Musik- und Kongresshalle Lübeck, 9. August 2025
von Dr. Andreas Ströbl
Auf dem Hexenbesen aus der Hölle heraus
Keine Geringere als Anna Achmatowa widmete der „Leningrader“ ein Gedicht, das mit den Versen endet: „Als Partitur sich verstellend / kehrte die berühmte Leningrader / in ihren angestammten Äther zurück“. Die Dichterin begriff die Symphonie eher abgedreht-karnevalistisch, also keinesfalls ohne ironische Brechungen. In Assoziation an Bulgakows „Der Meister und Margarita“ verstand sie das Werk als Walpurgis-Hexenbesen, auf dem Schostakowitsch das umkämpfte, zerschossene, ausgehungerte Leningrad wie mit einem magischen Fluggerät verlässt. „Schostakowitsch, Symphonie Nr. 7 C-Dur
Musik- und Kongresshalle Lübeck, 9. August 2025“ weiterlesen