Donizetti: eine „kleine“ Oper, in München ist sie klug inszeniert und musikalisch macht sie Laune

La Fille du régiment 2024 © Geoffroy Schied

Durch eine insbesondere nach der Pause sehr gute Inszenierung wird diese (Donizetti sagt selbst) „kleine“ Oper zu einem unterhaltsamen gelungenen Abend, in dem Sopranistin Pretty Yende als Marie und Tenor Xabier Anduaga als Tonio gefallen. Sie werden getragen vom großartigen Bayerischen Staatsopernchor.

Gaetano Donizetti                                              La fille du régiment (1840)

Libretto von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Jean-François Bayard

Musikalische Leitung   Stefano Montanari
Inszenierung   Damiano Michieletto

Bayerisches Staatsorchester
Bayerischer Staatsopernchor

Nationaltheater, München, 22. Dezember 2024


von Frank Heublein

An diesem Abend wird mit La Fille du régiment von Gaetano Donizetti in München die erste Oper nach französischer Art des Komponisten aufgeführt. Eine opéra comique, die sich abgrenzt von der italienischen opera buffa, da sie für Verbindungen anstatt gesungener Rezitative Sprechtext einsetzt. Die grande opéra unterscheidet sich strukturell, da sie prinzipiell fünf Akte vorsieht. La fille du régiment hat zwei dazu unterschiedlich lange Akte. „Gaetano Donizetti, La fille du régiment
Nationaltheater, München, 22. Dezember 2024“
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In dem romantischen Ballett-Klassiker La Sylphide wurde gut getanzt, aber weniger romantisch empfunden

Ksenia Shevtsova (Die Sylphide) und Jakob Feyferlik (James) (Foto: RW)

Natürlich sahen die 20 Sylphiden mit ihren zierlichen Flügelchen allerliebst aus. Sie hatten auch gut geprobt. Aber sie immer wieder in verschiedenen Variationen auftreten zu sehen, ermüdete schon, zumal die dem Ballett zugrunde liegende Komposition von Jean-Madeleine Schneitzhoeffer, anders als bei Adolphe Adams Giselle, immer wieder ins Banale abgleitet und manches kitschig wirken lässt.

La Sylphide, Ballett in zwei Akten

Choreographie von Pierre Lacotte nach Filippo Taglioni
Musik von Jean-Madeleine Schneitzhoeffer und Ludwig Wilhelm Maurer
Bühne nach Pierre Ciceri
Kostüme nach Eugène Lami

Bayerisches Staatsorchester

Musikalische Leitung: Myron Romanul

Bayerische Staatsoper, Bayerisches Staatsballett im Nationaltheater, 3. Dezember 2024

von Dr. Ralf Wegner

Mit dem 1832 erstaufgeführten Ballett La Sylphide trat der Spitzentanz in Tüll seinen Siegeszug in Europa an. Die Handlung ist eher unterkomplex. Der Jungschotte James verliebt sich am Abend vor seiner Hochzeit mit Effie in ein seine Träume bedrängendes Geisterwesen, eine Sylphide. Mit Hilfe der Hexe Madge und eines verzauberten Schals kann er sich ihr körperlich nähern. Sie büßt es mit dem Tode. James bricht zusammen, die Hexe triumphiert. Zusammengefasst, wenn Mann mit dem Spatz in der Hand nicht zufrieden ist, verliert er auch die schöne Taube auf dem Dach. „La Sylphide, Ballett in zwei Akten
Bayerisches Staatsballett, Nationaltheater, 3. Dezember 2024“
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Schnelle Füße und zerbrechliche Traumbilder

Sylphide/Probe Corps © Katja Lotter

Das Münchner Ballett auf höchstem Niveau kreiert eine Zauberwelt

LA SYLPHIDE
Ballett in zwei Akten

Choreographie    Pierre Lacotte nach Filippo Taglioni
Musik   Jean-Madeleine Schneitzhoeffer, Ludwig Wilhelm Maurer

Bühne nach Pierre Ciceri
Kostüme nach Eugène Lami
Licht   Christian Kass
Einstudierung   Laurent Hilaire Anne Salmon

Musikalische Leitung:  Myron Romanul

Ensemble des Bayerischen Staatsballetts
Bayerisches Staatsorchester

Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, München, 23. November 2024 PREMIERE


von Barbara Hauter

Romantischer geht’s nicht: Mit La Sylphide als erste Premiere der neuen Ballett-Saison entführt das Münchner Ballett technisch perfekt und mit emotionalem Tiefgang in die Welt des schottischen Hochlands und der Luftgeister. „LA SYLPHIDE Ballett in zwei Akten
Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 23. November 2024 PREMIERE“
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Nationaltheater: Schönberg trifft Beethoven

Nationaltheater, München, 5. November 2024

Vladimir Jurowski ©  Wilfried Hösl

Beim 1. Akademiekonzert des Bayerischen Staatsorchesters in der neuen Spielzeit kombinierte GMD Vladimir Jurowski Beethovens 9. Symphonie mit Arnold Schönbergs 7-minütiger Kantate „A Survivor from Warsaw“ – eine zunächst befremdlich wirkende Kombination des Höhepunkts der Klassik mit Zwölftonmusik des 20 Jahrhunderts. Macht dies Sinn?

Arnold Schönberg: A Survivor from Warsaw, op. 46

Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-moll, op. 125

Bayerisches Staatsorchester,
musikalische Leitung: GMD Vladimir Jurowski
Bayerischer Staatsopernchor
Choreinstudierung: Christoph Heil

„Vladimir Jurowski, Bayerisches Staatsorchester, Schönberg, Beethoven
Nationaltheater, 5. November 2024“
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Das neue Rheingold verzaubert München

DAS RHEINGOLD 2024 PREMIERENAPPLAUS N. BROWNLEE
© Wilfried Hösl

In diesem Ring geht es um Glauben und Götter.

Richard Wagner
Das Rheingold

Bayerisches Staatsorchester
Musikalische Leitung, Vladimir Jurowski

Inszenierung, Tobias Kratzer

Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 31. Oktober 2024

von Dr. Petra Spelzhaus

Die Premiere des neuen Münchener Rheingolds war schon vor vier Tagen. Aber konnte es einen besseren Zeitpunkt für den Vorabend des Bühnenfestspiels „Der Ring des Nibelungen“ geben als diesen 31. Oktober 2024? Gruselig verkleidete Kinder durchstreifen mit Süßigkeitentüten und ihren Eltern im Schlepptau die Straßen Münchens. Das irisch-keltische Urfest Samhain ist durch den Übergang in die dunkle Jahreszeit gekennzeichnet. Der Vorhang zur mystischen Anderswelt der Toten, Feen und Götter ist durchlässig. Die Feuerrituale würden den Brandsachverständigen Loge zutiefst erfreuen. „Richard Wagner, Das Rheingold
Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 31. Oktober 2024“
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Münchens „Tosca“: Musikalisch ein Gewinn – szenisch nach wie vor nicht verständlich

Tosca 2024 © Wilfried Hoesl

Puccinis Fassung ist spannend genug und das vielfältige Geschehen bei Mundruczós Inszenierung lenkt nur von der wunderbaren Musik ab.

Tosca
Musik von Giacomo Puccini
Libretto von G. Giacosa und L. Illica

Nationaltheater München, 24. Juli 2024

von Dr. Peter Hampe

Die Wiederaufnahme der  im Mai neu inszenierten „Tosca“ bei den Münchner Opernfestspielen wartete mit einer wesentlichen Umbesetzung auf: An Stelle von Castronovo sang Jonas Kaufmann den Cavaradossi.

Er konnte die an ihn gestellten hohen Erwartungen erfreulicherweise erstaunlich gut erfüllen. Erstaunlich, weil sein kürzlicher Münchner Liederabend stimmlich problematisch blieb (siehe die kontroverse Diskussion in diesem Blog). Nunmehr wirkte die Stimme erholt.
„Giacomo Puccini, Tosca
München, 24. Juli 2024“
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Dieser „Tannhäuser“ ist überaus sinnlich, aber scheinbar ohne Sinn

Bayerische Staatsoper – Nationaltheater © Wilfried Hösl

Die sieben Jahre alte Inszenierung, aber revidierte Fassung des „Tannhäusers“ von Romeo Castellucci steht drei Mal bei den Münchner Opernfestspielen im Juli 2024 auf dem Programm. Die Regie überzeugt nicht so sehr, musikalisch ist die Aufführung dafür extrem stark, vor allem Dank des Sängers der Titelpartie, Klaus Florian Vogt.

 Richard Wagner (1813 – 1883)
„Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“
In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Libretto vom Komponisten
Uraufführung 1845 in Dresden

Münchner Opernfestspiele, Nationaltheater, 25. Juli 2024

von Dr. Bianca M. Gerlich       

Romeo Castellucci zeigt einen eher zeitlosen „Tannhäuser“, in dem Raum und Zeit irgendwie aufgelöst erscheinen. Bewusst weist er darauf hin, indem er am Ende den Text an die Wand projizieren lässt, dass erst eine Sekunde, dann eine Minute, eine Stunde, ein Tag usw. bis hin zu Abermilliarden Jahre vergehen. Parallel dazu sehen wir die Körper der Sänger – und nicht etwa der Personen des Stücks – verfallen, von der Leiche zur Mumie zu Knochen zu Staub.

Etwas makaber, wenn die Sockel, auf der diese Leichen gelegen haben, umgedreht werden und man die Namen „Klaus“ und „Elisabeth“ liest. Gemeint sind also nicht Heinrich Tannhäuser und Elisabeth von Thüringen, sondern Klaus Florian Vogt und Elisabeth Teige. „Richard Wagner (1813 – 1883), Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg
Münchner Opernfestspiele, Nationaltheater, 25. Juli 2024“
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Ich höre ein schillerndes wogendes Klangmeer

Pelléas et Mélisande 2024, B. Bliss, S. Devieilhe © Wilfried Hoesl

Das Orchester ist der Erzähler der Oper. Es illustriert, kommentiert, führt und verbindet die Handlung. Dirigent Hannu Lintu produziert ein schillerndes wogendes Klangmeer. Christian Gerhaher singt tiefe intensive Emotionalität großartig. Die Inszenierung Jetske Mijnssens finde ich extrem langweilig.

Pelléas et Mélisande (1902)
Komponist   Claude Debussy

Text von Maurice Maeterlinck

Musikalische Leitung   Hannu Lintu
Inszenierung   Jetske Mijnssen

Bayerisches Staatsorchester

Projektchor der Bayerischen Staatsoper
Opernballett der Bayerischen Staatsoper
Statisterie der Bayerischen Staatsoper
Bayerischer Staatsopernchor

Nationaltheater, München, 9. Juli 2024 PREMIERE


von Frank Heublein

An diesem Abend wird mit Pelléas et Mélisande von Claude Debussy in München die zweite Premiere der Münchner Opernfestspiele 2024 auf die Bühne des Prinzregententheaters gebracht.

Das Bayerisches Staatsorchester erstmals geleitet vom Finnen Hannu Lintu ist ein schillerndes wogendes Klangmeer. Das Orchester ist der Erzähler der Oper. Die Stimmen fügen sich zumeist wie Instrumente in den Orchesterklang ein. Das Orchester illustriert, kommentiert, führt und verbindet die Handlung. In den ersten drei Akten zelebriert Debussy orchestrale Zwischenspiele zwischen Bildern und Akten. Es berauscht mich, doch fühlt sich die Oper auch lang an. Als würde ich drei Stunden am Strand sitzen und ins Meer schauen. Wogend, plätschernd, sanft zischend, schmeichelnd wabernd. Wunderbare Töne! Sanft grummelndes Schlagwerk, Harfe und Flöte stechen effektvoll hervor. Jedes Piano eines Instruments ist als Teil des Ganzen zu hören. Eine tolle Orchesterleistung. „Claude Debussy, Pelléas et Mélisande (1902)
Nationaltheater, München, 9. Juli 2024 PREMIERE“
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Die Absurdität der Welt holt die Absurdität des Le Grand Macabre ein

Le Grand Macabre 2024 © Wilfried Hoesl

Mit gespitzten Ohren erfreue ich mich äußerst aufmerksam an der sicher folgenden nächsten Klangüberraschung Ligetis. Krzysztof Warlikowski mit seinem Team erschafft eine eindrückliche überzeugende Atmosphäre. Ich fühle mich dem im Stück gezeigten gar nicht so Absurden unangenehm nah. Le Grand Macabre ist in diese Zeit gefallen, aktuell! Dafür erhält die gesamte Künstlerschaft auf der Bühne von mir und wie ich hoffe aus Gründen, die wie bei mir weit über das Gefallen hinausgehen, einen warmen starken Schlussapplaus.

Le Grand Macabre (1978 / rev. F. 1996)

Komponist   György Ligeti
Libretto von György Ligeti und Michael Meschke

Musikalische Leitung   Kent Nagano
Inszenierung   Krzysztof Warlikowski

Nationaltheater, München, 28. Juni 2024

von Frank Heublein

An diesem Abend wird György Ligetis Le Grand Macabre zum ersten Mal in München und als erste Premiere der Münchner Opernfestspiele 2024 auf die Bühne des Nationaltheaters gebracht.

Ich schaffe an diesem Abend, dem Filmzitat aus L.A. Story „Lass deinen Verstand fallen und dein Körper wird folgen“ gerecht zu werden.

Entsprechend zieht mich die Musik in ihren Bann. Mit gespitzten Ohren erfreue ich mich äußerst aufmerksam an der sicher folgenden nächsten Klangüberraschung Ligetis. Diese serviert überzeugend das Bayerische Staatsorchester mit Kent Nagano am Pult. Etwa wenn am Ende des dritten Bildes ein Marschthema überlagert, verfremdet wird, ein anderes musikalisches Zitat abrupt hineingeworfen wird. Ein Blick in die Orchesterbesetzung – ich habe diese angehängt – verrät, dass instrumentale und stimmliche Klänge mit Geräuschen durchsetzt werden. Die Komposition bricht sich permanent selbst. Ligeti nennt seine Komposition eine „Anti Anti Oper“. „György Ligeti, Le Grand Macabre (1978 / rev. F. 1996)
Nationaltheater, München, 28. Juni 2024“
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Den Bösewicht, den find ich toll, doch das ist nur die halbe Miete. Die neue Tosca-Inszenierung in München überzeugt mich nicht

Tosca 2024 © Wilfried Hoesl

Tosca (1900)
Komponist   Giacomo Puccini (1858-1924)
Melodramma in drei Akten
Text von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
nach dem Schauspiel La Tosca von Victorien Sardou

Musikalische Leitung   Andrea Battistoni

Inszenierung   Kornél Mundruczó
Bühne und Kostüme   Monika Pormale
Licht   Felice Ross

Chöre   Christoph Heil

Bayerisches Staatsorchester
Bayerischer Staatsopernchor
Statisterie der Bayerischen Staatsoper

Kinderchor der Bayerischen Staatsoper
Münchner Knabenchor

Nationaltheater, München, 20. Mai 2024

von Frank Heublein

An diesem Abend feiert Tosca von Giacomo Puccinis Tosca im Nationaltheater in München in einer Neuinszenierung Premiere.

Ein guter Bösewicht ist die halbe Miete. Genau! An diesem Abend mehr als das. Bariton Ludovic Tézier verkörpert den Scarpia als tolles Ekelpaket. Gemein, gierig, fies. All das transportiert Tézier stimmlich und er verkörpert diesen fiesen Sack abschreckend gruselig. Der Bariton findet die Abgründe seiner Partie in seiner Stimme und seinem Spiel. Brrrr! „Giacomo Puccini, Tosca (1900)
Nationaltheater, München, 20. Mai 2024“
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