Die Royal Opera Covent Garden fasziniert mit einem überwältigenden „Lohengrin“

Wagners romantische Oper „Lohengrin“, ein Werk des Umbruchs an der Schwelle von großen Opern wie dem „Fliegenden Holländer“ (1843) und „Tannhäuser“ (1845) zur Tetralogie des „Ring“ (1876) wurde 1850 in Weimar uraufgeführt und erreichte die Royal Opera Covent Garden erstmals ein Vierteljahrhundert später, am 8. Mai 1875 – und zwar in italienischer Sprache.  Von da an und bis zum Ersten Weltkrieg (verständlicherweise nicht danach) wurde „Lohengrin“, nunmehr in der Originalsprache, zur populärsten und meistgespielten Oper Wagners in Großbritannien. Dem, was jetzt, in einer vier Jahre alten Wiederaufnahme, auf der Bühne von Covent Garden zu sehen und zu hören ist, kommt kein geringeres Prädikat als „überwältigend“ zu. Sänger und Orchester erbringen Höchstleistungen, Bühnenbild (Paul Steinberg) und Inszenierung (David Alden) sind ebenso hochintelligent wie faszinierend. Damit hat Covent Garden einen neuen Markstein in der Wagner-Aufführungsgeschichte dieses renommierten Hauses gesetzt. Diese erste völlig durchkomponierte Oper Wagners, in der er sich von musikalischen „Nummern“, großen Arien verabschiedet hat und einen kontinuierlichen musikalischen Fluss in Bühne und Orchester bringt, nimmt mit seinen eingängigen Leitmotiven – dem programmatischen „Nie sollst du mich befragen“ und dem musikalischen Motiv des Schwans – die Leitmotivik des „Rings“ vorweg.

Richard Wagner, Lohengrin, Romantische Oper in drei Akten
Royal Opera Covent Garden, 24. April 2022, Wiederaufnahme von 2018

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

 Die Assoziationen sind unausweichlich: Kriegerisch ist die Rede von der Bedrohung der deutschen Nation beziehungsweise Brabants „aus dem Osten“ (gemeint sind hier die Ungarn statt den Russen) die Rede. Dass es sich bei dem in dieser Inszenierung gewählten Schauplatz um einen totalitären Staat und unzweideutig um Nazideutschland handelt ist mehr als offensichtlich: Grimmige Krieger mit Stahlhelmen, Soldaten, welche mit ihren Waffen die in zeitloses, tristes Grau gekleideten (Kostüme: Gideon Davey) sichtlich eingeschüchterte Zivilisten in Schach halten. Die mächtige Skulptur eines Schwans, der unverkennbar einen grimmigen Adler und nicht einen edlen, eleganten Schwan als Wappentier dieses diktatorischen Staates zu verkörpern hat. Und über allem die zahllosen Schwanenflaggen in den Farben des NS-Reichs rot-weiß-schwarz – der „Guardian“ nennt sie treffend „swan-swastika banners“, denn das Hakenkreuz konnte man sich unschwer dazu denken. Die Bühnenarchitektur erinnert an das, was wir heute täglich in den Nachrichten aus Ukraine sehen: verbrannte, graue, aus der Vertikalen in Schieflage gerückte Hausruinen. Das Ganze ist packend, ergreifend, geradezu atemberaubend. „Richard Wagner, Lohengrin, Wiederaufnahme 2018,
Royal Opera Covent Garden, 24. April 2022“
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Ein kraftvoller Rigoletto und eine berührende Gilda begeistern das Londoner Publikum

Die Neuinszenierung des „Rigoletto“ an  der Londoner Royal Opera unter der meisterhaften Regie des Direktors des Hauses für die Sparte Oper, Oliver Mears, reiht sich in die hochkarätige Serie großer Opern, die an der Königlichen Oper in Covent Garden zu bewundern ist: Tosca, Nozze di Figaro, Traviata. Mears erspart dem Zuschauer nichts – seine Inszenierung macht mehr als deutlich, dass dies (trotz der zwischen dem Herzog und Gilda aufflammenden Liebe) keine romantische und (trotz der eingängigen Melodien) keine Belcanto-Oper ist: Das ist knallharter Verismo. Im Palast des Herzogs wird schonungslos Brutalität praktiziert, Monterone werden auf offener Bühne die Augen ausgestochen, in der mörderischen Taverne des Sparafucile wird ungehemmter Sex zwischen dem Herzog und Maddalena vollzogen und das Gewitter im dritten Akt erschüttert mit grellen Blitzen und dem durchdringenden Chorgeheul des Windes nicht nur die Bühne, sondern auch den Zuschauerraum. Die Darsteller sind dieser ambitionierten Inszenierung vollumfänglich gewachsen, mit ihren großartigen Stimmen und ihrer hervorragenden Rollen-Charakterisierung gehen sie nicht unter in dieser groß dimensionierten Inszenierung. Wir erleben hier Verdi auf dem Höhepunkt seines Schaffens, in seiner wohl erfolgreichsten Oper, die Verdi selbst gegenüber seinem Freund Cesare De Sanctis geradewegs als „meine beste Oper“ bezeichnete.

Foto: © microsoft BING

Giuseppe Verdi, “Rigoletto”, Libretto: Francesco Maria Piave (nach Victor Hugo), Royal Opera House Covent Garden, 12. März 2022

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

Dass vor der dramatischen Ouvertüre des „Rigoletto“ die ukrainische Nationalhymne aus dem Orchestergraben des in den gelb-blauen Nationalfarben der Ukraine angestrahlten Hauses ertönte, war ein Akt der Solidarität mit dem Opfer der russischen Aggression – der vom Publikum mit einhelligem Applaus begrüßt wurde. Gleichzeitig aber weckte dies die Erkenntnis, wie sehr sich doch Gewaltherrscher gleichen: Hier der Herzog in seinem Palast, Herrscher über ein Herzogtum, umgeben von willfährigen Höflingen, der über Leichen geht, um seinen Willen durchzusetzen – dort der Diktator eines riesigen Landes, der hemmungslos ein ganzes Land und dessen Zivilbevölkerung seinen paranoiden Großmachtsfantasien opfert.

Verdi wurde oft als der vielleicht politischste unter den Opernkomponisten genannt (unbedingt muss man allerdings Puccinis „Tosca“ zu den hochpolitischen Werken zählen…) – und wohlbekannt ist ja auch, wie „Rigoletto“ die Hürden der politischen Zensur zu passieren hatte und entsprechend modifiziert wurde. Nicht erwähnen muss man in diesem Zusammenhang „Nabucco“, der zur Nationaloper Italiens wurde mit dem Chor der hebräischen Exilierten, der zur „geheimen Nationalhymne“, zum Fanal eines geeinten, freien Italiens wurde… Eine Verdi-Oper vor dem Hintergrund der entsetzlichen Nachrichten vom ukrainischen Schlachtfeld – aktueller könnte eine Oper, könnte ein Komponist kaum sein. „Giuseppe Verdi, “Rigoletto”,
Royal Opera House Covent Garden, 12. März 2022“
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Angela Gheorghiu begeistert als Tosca an der Royal Opera in London

Die rumänische Sopranistin Angela Gheorghiu rief mit ihrer sängerisch und schauspielerisch überragenden Tosca an der Londoner Royal Opera Begeisterungsstürme hervor. Ihr Landsmann und kongenialer Partner, der Tenor Stefan Pop, in seinem Aussehen fast eine Art Wiedergänger des unsterblichen Luciano Pavarotti, meisterte die Partie des Malers Mario Cavaradossi mit Bravour und überragender stimmlicher Stärke und Schönheit. Die rumänischen Hauptdarsteller ernteten minutenlangen Applaus und enthusiastische „Brava“ und „Bravo“ – Rufe aus dem begeisterten Publikum in einem der schönsten und berühmtesten Opernhäuser weltweit. Als grandioser Bösewicht, stimmlich geradezu überwältigend und darstellerisch herausragend, der Baron Scarpia des deutschen Baritons Michael Volle. Orchester der Royal Opera in dramatischer Höchstform – unter der sensiblen und zugleich temperamentvollen Stabführung von Marco Armiliato, dessen glanzvolle Laufbahn mit Stationen an allen großen Bühnen der Welt von der „Met“, über die Wiener Staatsoper, der Opéra Paris, der Bayerischen Staatsoper, dem Opernhaus Zürich bis zur Arena di Verona zahllose Höhepunkte aufweist.

Foto: Staatsoper Hamburg ©

Royal Opera House Covent Garden, 8. Februar 2022

Giacomo Puccini „Tosca“ (Libretto Giuseppe Giacosa und Luigi Illica),

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

Dies war die wohl perfekteste „Tosca“ meiner jahrelangen Laufbahn als Opern-Liebhaber und Rezensent: klassisches, realistisches und überaus detailreiches Bühnenbild (Paul Brown), das insbesondere das Intérieur der Römer Basilika Sant’Andrea della Valle und den pompösen (und zugleich infernalischen Amtssitz) des Polizeichefs Scarpia im Palazzo Farnese wiedergibt. Die schauspielerischen Leistungen mit ihren zahllosen stimmigen Feinheiten, die überragenden sängerischen Leistungen sämtlicher Darsteller. Das grandiose Orchester unter der souveränen Stabführung des großartigen Marco Armiliato, das die sensiblen Gefühle der Tosca und Marios mit großer Feinfühligkeit und ebenso den Machtrausch des Scarpia und die überwältigende, mit der staatlichen Machtdemonstration durchtränkte Kirchenmusik samt Choral und Orgel intonierte. „Giacomo Puccini „Tosca“, Angela Gheorghiu,
Royal Opera House Covent Garden, 8. Februar 2022“
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Joyce DiDonato, Star des Abends, brilliert als Irene in Händels Oratorium "Theodora"

Unbestritten war Star des Abends Joyce DiDonato, die in „Theodora“ an der Londoner Royal Opera als Irene brillierte und einmal mehr ihre offenbar grenzenlose Vielseitigkeit unter Beweis stellte. Händels Oratorium in drei Akten war nicht als Bühnenstück gedacht – aber die Regisseurin Katie Mitchell, angeblich von feministischen Motiven beseelt, meisterte die szenische Umsetzung dieses anspruchsvollen Werkes hervorragend. Ein mehr als dreistündiger Marathon für die durchwegs hervorragenden Sängerinnen, Sänger und Publikum – aber eine Rarität auf der Opernbühne, und in höchster Qualität, wie man es denn auch in Covent Garden nicht anders erwartet.

Royal Opera House London, 7. Februar 2022

Georg Friedrich Händel, „Theodora“, Libretto: Thomas Morrell. Oratorium in drei Akten.

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

 Keine leichte Aufgabe, ein Oratorium szenisch so auf die Bühne zu bringen, dass nicht nur ein akustisches sondern auch ein optisches Erlebnis entsteht, das der erheblichen Länge dieses Werks standhält. Dem Publikum und vor allem den Darstellern wird viel abverlangt und die Längen in der zwar wunderschönen, aber passagenweise doch als eher repetitiv empfundenen Musik Händels, die meist mühsamen Texte (die man als Zuschauer sehr rasch ignoriert) und die bisweilen zähe, pathetische Handlung verlangen allen Beteiligten – diesseits, jenseits und im Orchestergraben – einiges ab.

Die Handlung wurde aus dem Alten Rom in die Jetzt-Zeit, in ein Hotel aus den 60er Jahren mit einem großen Speisesaal von bewusst öd-beigem 60er-Jahre Design (Bühne: Chloe Lamford) verlagert. Das Bühnenbild, auf einem Wagen montiert, ließ sich in beide Richtungen bewegen, was den Effekt eines Film-Schwenks bot und erfolgreich der gelegentlich aufkommenden Monotonie in Handlung und Musik entgegenwirkte. „Georg Friedrich Händel, „Theodora“,
Royal Opera House London, 7. Februar 2022“
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Begeisterungsstürme für „Nozze“ an der Royal Opera

Sprühend, humorvoll, eine Augen- und Ohrenweide – so präsentiert sich die Wiederaufnahme von David McVicar’s ebenso intelligenter wie sinnesfreudiger und eleganter Inszenierung der „Nozze“ an der Royal Opera Covent Garden unter dem bewährten Dirigat von Großmeister Antonio Pappano. Während man sich im fernen Wien – sowohl an der Staatsoper als auch im Theater an der Wien – mit den großen Werken des Opernrepertoires in akrobatischen Regietheater-Experimenten übt, setzt das Königliche Opernhaus in London in der Regel auf klare, klassische Inszenierungen. Und diese sind, vom Bühnenbild bis zu den Sängerinnen und Sängern, unterstützt vom fabelhaften Orchester der Royal Opera, von einer humorvollen Frische und feinfühliger Musikalität, die weltweit ihresgleichen sucht.

Wolfgang Amadeus Mozart, Die Hochzeit des Figaro (The Marriage of Figaro), Libretto: Lorenzo da Ponte, Royal Opera House London,  Januar 2022

Royal Opera House – Covent Garden, 25. Januar 2022

Wolfgang Amadeus Mozart, Die Hochzeit des Figaro

Orchester der Royal Opera
Antonio Pappano Dirigent
Chor der Royal Opera

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

 Einmal mehr wird in dieser Produktion die Verbindung zwischen Sprache und Musik deutlich: Die Besetzung der „Nozze“ an der Royal Opera stammt mehrheitlich aus Italien – und man hört es. Die Musikalität der Sängerinnen und Sänger ist kaum mehr zu übertreffen, und das temperamentvoll-feinfühlige Dirigat von Antonio Pappano machte diese Wiederaufnahme von  Mozarts vielleicht perfektester Oper zu einem wahrhaft unvergesslichen Erlebnis. Begeisterungsstürme des zwar überwiegend aber emotionell ganz und gar nicht zurückhaltenden Publikums widerspiegelten die überragende Qualität dieser Aufführung – und der größte Jubel beim Schlussapplaus galt völlig zu Recht der (physisch wie gesanglich) überragenden „Contessa“ der (wen wundert’s!) aus Italien stammenden Federica Lombardi.

Blick hinter die Kulissen des Schlosses

Ein Geniestreich des Altmeisters David McVicar ließ die Handlung beginnen, bevor sie eigentlich begann – nämlich während der Ouvertüre. Diese Oper ist, wie wir alle wissen, weit mehr als nur eine frivole Komödie um Liebe, Ehe, Ehebruch und Sex – es geht um das, was die Engländer (insbesondere seit der Kult-Fernsehserie „Downton Abbey“) unter dem Stichwort „upstairs downstairs“ einordnen: Jene, die sich (gesellschaftlich und physisch, in den englischen Herrenhäusern) „oben“ bewegen und jenen, die sich vor allem, außer wenn sie „die da oben“ bedienen, „unten“ aufzuhalten haben, in der Küche, im Weinkeller, in den Abstell- und Gesinderäumen. „W.A. Mozart, Die Hochzeit des Figaro,
Royal Opera House – Covent Garden, 25. Januar 2022“
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„Standing Ovations“ für neuen Star-Tenor Freddie de Tommaso an der Royal Opera

Der junge britisch-italienische Tenor Freddie de Tommaso – sein Name lässt eher an die Rock’n‘Roll – Szene der 50er Jahre denken als an die Opernbühne – ist der neue aufsteigende Stern der der renommiertesten Royal Opera (ROH) in Covent Garden. Er hatte am ROH bereits in der Saison 2016/2017 in „Meistersinger“ debütiert, doch sein Durchbruch erfolgte erst vor wenigen Tagen, als er den indisponierten Bryan Hymel in der Rolle des Cavaradossi kurzfristig ersetzte – und das anspruchsvolle Publikum der Royal Opera zu Begeisterungsstürmen hinriss. Wir hatten das Vergnügen, ihn zusammen mit der großartigen russischen Sopranistin Elena Stikhina in der Titelrolle zu erleben – eine Traumbesetzung.

The Royal Opera House, London, 15. Dezember 2021

Giacomo Puccini, „Tosca“

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

Die Tosca-Inszenierung des englischen Regisseurs Jonathan Kent, vor rund 15 Jahren auf die Bühne des Royal Opera House (ROH) gebracht, ist nicht mehr ganz taufrisch und, auch was das Bühnenbild (Paul Brown) betrifft, zwar prachtvoll und durchaus noch tragfähig, aber doch ausgesprochen konventionell. Fürs Unkonventionelle ist eher die in wenigen Gehminuten am Trafalgar Square erreichbare English National Opera an ihrer Spielstätte London Coliseum zuständig, während sich die ROH in Covent Garden für die Standardwerke im Repertoire doch eher an traditionelle Inszenierungen hält. Das wird vom Londoner Publikum durchaus goutiert und letztlich auch erwartet. Doch für Frische sorgte die fulminante Interpretation durch das Hausorchester des ROH unter der souveränen Stabführung der jungen ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv. „Giacomo Puccini, Tosca,
The Royal Opera House, London, 15. Dezember 2021“
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Die perfekte Traviata im Royal Opera House

Royal Opera House, London, 2. November 2021

Giuseppe Verdi, La Traviata   

Foto: © opera-online.com, Lisette Oropesa als Violetta

von Lukas Baake

Es war ein Abend der ganz großen Stimmen. Wer die klassische Richard Eyre-Inszenierung von La Traviata am Dienstagabend in der Royal Opera sehen durfte, konnte sein Glück kaum fassen: Eine reife Inszenierung, ein geniales Orchester und eine Besetzung zum Schwärmen. „Giuseppe Verdi, La Traviata
Royal Opera House, London, 2. November 2021“
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Royal Opera London – ein „Rigoletto” wie im Kino

Fantastische Stimmen, hoch gepriesene Inszenierung

Aber die stimmliche Sensation des Abends war zweifellos die Gilda der amerikanischen Sopranistin Lisette Oropesa. Ihr lyrischer Koloratursopran erklang an diesem Abend von derart makelloser Reinheit und gelebter Leidenschaft, dass das verwöhnte Publikum von Covent Garden zu wahren Beifallsstürmen hingerissen wurde. Sie ist die vielleicht beste Gilda, die ich je weltweit bewundern durfte.

Giuseppe Verdi, „Rigoletto“, Royal Opera Covent Garden, London,
29. September 2021

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)

Es war die siebte und vorerst letzte Vorstellung der gefeierten „Rigoletto“-Neuinszenierung an der Royal Opera Covent Garden – und wer das Privileg hatte, Zugang zum bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz gefüllten Zuschauerraum dieses legendären Opernhauses zu finden, war privilegiert. Denn dies war schlicht ein Ereignis von Weltrang. Es war dies eine Art Gesellenstück – die erste Inszenierung von Oliver Mears, mit 37 Jahren der jüngste Direktor der Sparte Opern in der langen Geschichte dieses illustren Opernhauses. Nicht nur Mears markiert einen Neubeginn – erstmals wurde in Covent Garden seit offiziellem Beginn der Covid-Pandemie in Großbritannien, also seit März letzten Jahres, vor vollem Haus gespielt. Nachdem Premier Boris Johnson quasi das Ende der Pandemie verkündet hatte, wird auch in Covent Garden Normalität zelebriert: Man sitzt im Zuschauerraum dicht an dicht, kein Platz ist ausgelassen, und auch in dem Gedränge der Pausen-Foyers ist „Social Distancing“ offenbar ein Fremdwort. Wer Schutzmasken trägt – und dies tut kaum jemand – tut dies fast verschämt.

Oliver Mears bringt ein Mantua von filmgerecht hartem Realismus auf die Bühne: Graue Sandstein-Wände unter tief verhangenem, grauem Wolkenhimmel – kontrastierend mit der verschwenderischen Pracht, die im Palast des Herzogs zelebriert wird (prachtvolle Kostüme: Ilona Karas). Der Herzog schmückt seinen Palast mit überdimensionierten, den Bühnenraum ausfüllenden Gemälden – im ersten Akt ist es sinnvollerweise Tizian’s sinnliche Venus von Urbino, während  an der Wand von Gildas bescheidener Kammer (als beleuchteter Raum oberhalb der Bühne sichtbar) lediglich das bescheidene Bildchen einer Madonna hängt, wohl als Echo ihres Berichts von den verhängnisvollen Besuchen der Sonntagsmesse, bei denen sie erstmals dem Herzog begegnete. „Giuseppe Verdi, „Rigoletto“, Royal Opera Covent Garden, London,
klassik-begeistert.de“
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Covid-beschädigter „Tito“ an der Royal Opera Covent Garden – Minimalistische Inszenierung ohne barockes Flair

Foto: © Charles E. Ritterband

Mozart, La clemenza di Tito

Royal Opera Covent Garden, London
19. Mai 2021

(als kostenpflichtiges Streaming bis 20. Juni abrufbar)

von Charles E. Ritterband

Natürlich kann man Barock-Opern im zeitgenössischen Zuschnitt, in minimalistischer Ästhetik und neutraler Bühnenarchitektur inszenieren. Das Theater an der Wien unternimmt dies regelmäßig, und zumeist sehr erfolgreich. Die Neuinszenierung von Mozarts „La clemenza di Tito“ an der Londoner Royal Opera Covent Garden hingegen – die erste Produktion dieser Oper seit 2002 – hinterließ jedoch ein schales Gefühl. Da ist nichts von der barocken Prachtentfaltung, die den Zuschauer angesichts von Jean-Pierre Ponnelles fantastischer Produktion (2012) der Metropolitan Opera visuell aber auch musikalisch in ihren Bann zieht und unvergesslich bleibt. Aber auch für eine erklärtermaßen „moderne“ Inszenierung bleibt die Produktion des ROH unbefriedigend. „Mozart, La clemenza di Tito,
Royal Opera Covent Garden, London, 19. Mai 2021“
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DVD-Rezension: In Schönheit sterben

Charles Gounod
Faust
Royal Opera House London
Opus Arte  0A1330D

von Peter Sommeregger

Der Zufall wollte es, dass fast zeitgleich mit dem Erscheinen dieser DVD zwei neue Faust-Inszenierungen an großen Opernhäusern herauskamen. Paris hatte den Shooting-Regiestar Tobias Kratzer verpflichtet, der seit seinem Erfolg mit dem Tannhäuser in Bayreuth 2019 hoch gehandelt wird. Die Wiener Staatsoper dagegen kaufte die schon längere Zeit in Stuttgart laufende Inszenierung Frank Castorfs (lesen Sie bitte unten) ein. „DVD-Besprechung, Charles Gounod, Faust, Royal Opera House London
klassik-begeistert.de“
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