Ein langanhaltend umjubelter Tannhäuser überzeugt in der Hamburgischen Staatsoper

Klaus Florian Vogt vor dem Venusberg-Bühnenbild (Foto: RW) 

Klaus Florian Vogt war der am Ende umjubelte Held dieser Aufführung, ebenso wie Michael Volle, der einen von der Stimmkraft her ebenbürtigen, fast hochdramatischen Wolfram sang. Die Krone des Schöngesangs beim Wettbewerb im zweiten Aufzug gebührte allerdings dem von Dovlet Nurgeldiyev gesungenen Walther von der Vogelweide. Nie habe ich einen schöneren Gesangsvortrag bei Tenören dieser Partie gehört.

Staatsoper Hamburg, 10. Mai 2023
9. Vorstellung seit der Premiere am 24. April 2022

Tannhäuser, romantische Oper in drei Aufzügen
Musik und Text: Richard Wagner

Inszenierung: Kornél Mundruczó
Bühnenbild: Monika Pormale
Kostüme: Sophie Klenk-Wulff
Spielleitung: Petra Müller

Chor: Eberhard Friedrich

von Dr. Ralf Wegner

Nurgeldiyev © Staatsoper Hamburg

Die Krone des Schöngesangs beim Wettbewerb im zweiten Aufzug gebührte dem von Dovlet Nurgeldiyev gesungenen Walther von der Vogelweide. Nie habe ich einen schöneren Gesangsvortrag bei Tenören dieser Partie gehört. Er hatte Grundierung und Farbe in der Tiefe und sang mit perfektem Legato.

Im Vergleich mit dem unmittelbar auf seinen Vortrag antwortenden Klaus Florian Vogt (Tannhäuser) merkte man, was letzterem fehlte, die grundierte Tiefe, um auch die dunkle, testosterongesteuerte Seite dieses Weltenwanderers zum Ausdruck zu bringen. Bei den jungmännlichen  Lichtgestalten Lohengrin, Parsifal oder Siegmund passt die engelsgleiche, in der Höhe hellen Glanz emittierende Stimme. Dessen ungeachtet wüsste ich derzeit keinen besseren Tannhäuser als Klaus Florian Vogt zu benennen. „Richard Wagner, Tannhäuser
Staatsoper Hamburg, 10. Mai 2023“
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6 : 5 – Der Tannhäuser-Vergleich Berlin-Hamburg: Die Bundeshauptstadt schlägt die schönste deutsche Stadt knapp

Staatsoper Hamburg, 7. Mai 2023
Staatsoper Unter den Linden, 4. Mai 2023

Foto: © PER-ERIK SKRAMSTAD: Lise Davidsen

Richard Wagner, Tannhäuser

Zwei Tannhäuser binnen 3 Tagen, 300 Kilometer voneinander entfernt: In der Staatsoper Unter den Linden, Berlin, und in der Staatsoper Hamburg.

Das Resultat: Berlin 4 zu Hamburg 3.

„Richard Wagner, Tannhäuser
Staatsoper Hamburg, 7. Mai 2023, Staatsoper Unter den Linden, 4. Mai 2023“
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Ida Praetorius’ Julie in Neumeiers Ballett Liliom hat Tiefe und ist spannend zugleich

Ricardo Urbina (Elmer, Sohn von Marie und Wolf), Tristan Burawski-Borrmann (Louis als kleiner Knabe), Illia Zakrevskyi (ein schüchterner Junge), Borja Bermudez (Wolf Beifeld), Yaiza Coll (Marie), Francesco Cortese (Louis, Sohn von Liliom und Julie), Ida Praetorius (Julie), Edvin Revazov (Liliom), Patricia Friza (Frau Muskat), Matias Oberlin (der Mann mit den Luftballons), Lasse Caballero (Konzipist im Jenseits) Aleix Martínez (Ficsur), Lizhong Wang (ein Matrose) (Foto: RW)

Liliom gehört zu den schönsten Kreationen des Choreographen John Neumeier und wird leider viel zu selten aufgeführt. Das vollbesetzte Haus applaudierte begeistert und lang, darunter auffällig viele junge Menschen. In derselben Besetzung wird Liliom nochmals am Montag, den 1. Mai aufgeführt. Es gibt dafür aber nur noch ganz wenige Karten.

Staatsoper Hamburg, Hamburg Ballett, 27. April 2023

Liliom, Ballettlegende von John Neumeier
frei nach Ferenc Molnár

Musik: Michel Legrand, Auftragswerk Hamburg Ballett / Hamburgische Staatsoper
Choreographie, Kostüme und Licht: John Neumeier
Bühnenbild: Ferdinand Wögerbauer

von Dr. Ralf Wegner

Ida Praetorius hat sich mit der Rolle der Julie weiter von dem Vorbild Alina Cojocaru emanzipiert. Nicht duldend ergeben und alle Schicksalsschläge still und in sich gekehrt hinnehmend zeigt Praetorius eine Figur mit Ecken und Kanten, die kämpft, verzeiht, sich abnabelt und bereit ist, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. „Liliom, Ballettlegende von John Neumeier frei nach Ferenc Molnar
Staatsoper Hamburg, Hamburg Ballett, 27. April 2023“
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Kent Nagano bekommt in Hamburg eine Ehrung seines Orchesters, die "Verantwortlichen" feiern dies... obgleich er in Hamburg nichts gerissen hat

Hamburg, 27. April 2023

Foto: Kent Nagano und Georges Delnon, © Andreas Schmidt

Pressemitteilung des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg und der Behörde für Kultur und Medien

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Diese Mitteilung an Journalisten, die letztere verbreiten sollen, egal ob sie wahr ist oder nicht, GIBT NICHT IMMER DIE MEINUNG UND ERFAHRUNG VON KLASSIK-BEGEISTERT.DE WIDER, A.S., HERAUSGEBER. So heißt es unter anderem: „die beiden Künstler Kent Nagano und Jörg Widmann (werden) mit zwei der wichtigsten Ehrungen der Musikstadt Hamburg gewürdigt“.

Dies sind, mit Verlaub, nicht die „zwei der wichtigsten Ehrungen der Musikstadt Hamburg“, dies ist PR-Gutsprech-Sprache zum Schmunzeln. Dass das Philharmonische Staatsorchester Hamburg seinem im Abschied begriffenen Dirigenten die Ehre erweist, ist nett und höflich, hat aber keine wahrhafte Bedeutung, da der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln, Mister Kent Nagano, in Hamburg nicht wirklich etwas gerissen hat. Wer auf Wiedersehen sagen muss, heimst oft noch mal eine Medaille ein. Kent Nagano bleibt in der Rückschau ein mittelmäßiger Dirigent mit sehr schmalem Repertoire. Ein – im persönlichen Kontakt sehr netter – Musikchef, der leider, leider schwerst erkrankte. Kent Nagano war einfach physisch und psychisch zu wenig mit seinem Arbeitsplatz in der zweitgrößten deutschen Stadt verbunden – kein Wunder, anfangs hatte er vier Wohnsitze in zwei Kontinenten (Paris, Frankreich, San Francisco, USA, Montreal, Kanada, Hamburg, Deutschland). Er hat in HH keinen Schaden angerichtet, aber auch wirklich (fast) nichts vorangebracht. Viele seiner Hamburger Musiker, deren Orchester den Preis verleiht, sind alles andere als traurig, dass er geht. Also in Fussballsprache: Rudi Völler verlässt Werder Bremen und bekommt noch eine Medaille. (Rudi Völler hat für Bremen indes mehr gerissen als Kent Nagano für Hamburg.)

Jörg Widmann ist ein herausragender Künstler!!! Seine Kompositionen und sein Spiel erheben und erbauen.

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Zwei große Ehrungen an einem Abend in der Elbphilharmonie:
Ehrendirigentenwürde für Generalmusikdirektor Kent Nagano und Hamburger Bach-Preis für den Komponisten Jörg Widmann

Der 5. Juni 2023 wird in mehrfacher Hinsicht ein besonderer Konzertabend in der Kulturstadt Hamburg. An diesem Abend wird im Großen Saal der Elbphilharmonie Jörg Widmanns monumentales Werk ARCHE mit Orchester, drei Chören und Gesangssolisten erneut aufgeführt. Kent Nagano hatte das überwältigende Oratorium im Rahmen des Eröffnungsfestivals der Elbphilharmonie 2017 mit seinem Philharmonischen Staatsorchester uraufgeführt. Im Rahmen der Wiederaufführung der ARCHE am 5. Juni in der Elbphilharmonie werden die beiden Künstler Kent Nagano und Jörg Widmann mit zwei der wichtigsten Ehrungen der Musikstadt Hamburg gewürdigt: dem Bach-Preis der Stadt Hamburg für den Komponisten Jörg Widmann und der Ehrendirigentenwürde des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg für Generalmusikdirektor Kent Nagano. Das Bach-Preis-Stipendium wird zu einem späteren Zeitpunkt an den Komponisten und Gitarristen Sina Fani Sani vergeben.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Eine passendere Gelegenheit, um Kent Nagano und Jörg Widmann zu würdigen, ist kaum denkbar. Die Ehrendirigentenwürde für den Dirigenten sowohl der Uraufführung als auch der Wiederaufführung des großformatigen Werkes ARCHE und der Bach-Preis für dessen Komponisten. Das alles in der Elbphilharmonie, zu deren Eröffnung das Werk erstmalig erklungen ist. Kent Nagano hat die künstlerisch hervorragende Entwicklung des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg in den zurückliegenden Jahren maßgeblich geprägt. Er hat das Philharmonische Staatsorchester erfolgreich weiterentwickelt und mit vielfältigen Formaten fest in der Stadt verankert. Die seltene Auszeichnung mit der Ehrendirigentenwürde unterstreicht Kent Naganos herausragende Arbeit mit dem Philharmonischen Staatsorchester. Jörg Widmann ist mit seinem vielfältigen Gesamtwerk einer der bekanntesten deutschen Komponisten. Er versteht es, immer wieder das Publikum für zeitgenössische Musik zu begeistern. Die überwältigende Uraufführung der ARCHE war ein Meilenstein für alle Beteiligten und hat zugleich ganz zu Beginn den musikalischen Anspruch der Elbphilharmonie unterstrichen. Dies ist ein Ort, der der Kunst und Kultur den Raum gibt, Neues entstehen zu lassen. Diesen Raum hat Jörg Widmann beeindruckend gefüllt. Die beiden Auszeichnungen würdigen das Wirken dieser außergewöhnlichen Musikerpersönlichkeiten.“

Generalmusikdirektor Kent Nagano: „Wenn ich auf die Jahre seit 2015 zurückblicke, sehe ich eine Entwicklung der Stadt Hamburg, die wohl einmalig auf der Welt ist: Mindestens das sehr starke Statement Hamburgs durch die Fertigstellung der Elbphilharmonie lässt uns in Hamburg Musik als zentralen Bestandteil der Gesellschaft verstehen, auch für die nächsten Generationen. In meiner Arbeit mit dem Philharmonischen Staatsorchester habe ich eine ganz ähnlich reiche Erfahrung gemacht. Gemeinsam haben wir so viel erreicht, wir als Philharmoniker und unser starkes und treues Publikum empfinden diese enorme Entwicklung als ein relevantes und vitales nächstes Kapitel, das unsere große Tradition ehrt und erweitert – zum Glück ist der Weg noch nicht zu Ende. In dieser intensiven Wachstumsphase der Stadt, gespiegelt und gleichzeitig vorangetrieben durch das Philharmonische Staatsorchester, ist etwas entstanden, was nur gemeinsam entstehen kann: der unbedingte Glaube an das, was uns alle verbindet, an die Musik. Die Ernennung zum Ehrendirigenten durch das Philharmonische Staatsorchester und die Stadt Hamburg ist für mich daher eine außergewöhnliche Auszeichnung, die mich tief berührt und mich immer an diese besondere Zeit denken lassen wird. Ich werde mich allen Musikerinnen und Musikern des Philharmonischen Staatsorchesters immer aus tiefstem Herzen verbunden fühlen und bin voller Dankbarkeit für ihr Vertrauen und ihre Hoffnung.“

„Ehrung für Kent Nagano und Jörg Widmann, Pressemitteilung, Kommentar von klassik-begeistert.de,
Hamburg, 27. April 2023“
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Die inhaltlich und kompositorisch eher schwache Oper Norma wurde leider nicht durch exzeptionellen königlichen Gesang geadelt

Renate Spingler (Clotilde), Tigran Martirossian (Oroveso), Najmiddin Mavlyanov (Pollione), Barno Ismatullaeva (Norma), Giampaolo Bisanti (musikalische Leitung), Karine Deshayes (Adalgisa), Seungwoo Simon Yang (Flavio), dahinter der rotgewandete Chor (Foto: RW)

Die als Norma besetzte usbekische Sopranistin Barno Ismatullaeva wurde im Laufe des Abends, und sie hatte viel zu singen, immer besser, vor allem dramatischer. Auch gelangen ihr schöne Passagen, aber ohne eigentlich durch ihren Gesang zur seelischen Vertiefung der Partie zu gelangen. Das mag aber auch an Bellini und nicht an Frau Ismatullaeva gelegen haben.

Staatsoper Hamburg, 25. April 2023

 Norma, Oper von Vincenzo Bellini

Musikalische Leitung: Giampaolo Bisanti
Inszenierung: Yona Kim
Bühnenbild: Christian Schmidt
Kostüme: Falk Bauer

 von Dr. Ralf Wegner

Bellinis Oper Norma habe ich in der Hamburgischen Staatsoper bisher zweimal gesehen, besser gesagt, konzertant gehört. In beiden Fällen hatten mit Montserrat Caballé und Edita Gruberova Königinnen des Schöngesangs die Partie der Norma übernommen und blieben wegen ihrer außergewöhnlichen Stimmen auch in Erinnerung. Jetzt wurde Norma in einer Bühnenfassung gegeben mit Sängerinnen und Sängern, die ihre Partien beherrschten und für ihre guten bis sehr guten, aber nicht exzeptionellen gesanglichen Leistungen vom Publikum langanhaltenden Beifall erhielten. „Norma, Oper von Vincenzo Bellini
Staatsoper Hamburg, 25. April 2023“
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Die Staatsoper Hamburg ist am Samstag bei "Norma" fast halb leer: Der Niedergang einer Institution scheint nur noch schwer aufzuhalten zu sein

Staatsoper Hamburg © Westermann

Staatsoper Hamburg, 22. April 2023
Vincenzo Bellini, Norma

von Andreas Schmidt

Der Niedergang der Staatsoper Hamburg schreitet scheinbar unaufhaltbar voran. Vincenzo Bellinis unfassbar schöne Oper „Norma“ besuchten am gestrigen SAMSTAG (22. April 2023) – dem Operntag neben dem Freitag – nur 980 Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Haus bietet 1690 Plätze. Das entspricht einer Auslastung von 57,9 Prozent. Unter den 980 Zuschauern indes waren zahlreiche „friends and family“ – hinzu kommen viele stark reduzierte Karten.

Als regelmäßiger Besucher der Hamburgischen Staatsoper weiß ich, dass die Auslastung von Dienstag bis Donnerstag noch dürftiger ist seit einiger Zeit. Hier sprechen wir oft von Auslastungsquoten von etwa 25 Prozent. „Norma, Der Niedergang der Staatsoper Hamburg
Staatsoper Hamburg, 22. April 2023“
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Zwei junge Traumpaare begeistern in John Neumeiers Sommernachtstraum

Lizhong Wang (Demetrius) überreicht Ida Stempelmann (Helena) den ihr zugeworfenen Blumenstrauß (Foto: RW)

Ida Stempelmann saß die Rolle der unglücklich Liebenden, aber ihr Ziel nicht aus den Augen verlierenden Helena wie auf den Leib geschrieben. Wie sie den zeitweiligen Triumph, von zwei Liebhabern begehrt zu sein, gegenüber ihrer sonst eher von den Männern bewunderten, nun aber allein dastehenden Freundin Hermia ausspielt und genießt, ist herrlich anzuschauen.


Ein Sommernachtstraum

Ballett von John Neumeier nach William Shakespeare

Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy, György Ligeti sowie traditionelle mechanische Musik

Bühnenbild und Kostüme von Jürgen Rose

Staatsoper Hamburg, Hamburg Ballett, 20. April 2023

von Dr. Ralf Wegner

Neumeiers ewig junges, 1977 uraufgeführtes Ballett Ein Sommernachtstraum wird derzeit in zwei Besetzungen gegeben, am kommenden Sonntag sogar nachmittags und abends. Während  in der Nachmittagsvorstellung mit Anna Laudere und Edvin Revazov als Titania und Oberon sowie Madoka Sugai als Hermia, Karen Azatyan als Demetrius sowie Jacopo Bellussi als Lysander Protagonisten der auf DVD erhältlichen Verfilmung auftreten, ist es abends bei den Hauptrollen nur Alexandr Trusch, der als Puck besetzt ist. „Ballett von John Neumeier nach William Shakespeare, Ein Sommernachtstraum
Staatsoper Hamburg, Hamburg Ballett, 20. April 2023“
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Trotz Verdi-Weltklasseoper mit Weltstars: Staatsoper Hamburg kommt am Ostermontag nur auf eine Auslastung von 29,6 Prozent

Staatsoper Hamburg, 10. April 2023 – Ostermontag
Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra

Foto: George Petean (Simon Boccanegra), Selene Zanetti (Amelia Grimaldi), Ramón Vargas (Gabriele Adorno), Alexander Vinogradov (Jacopo Fiesco), Daniela Rothsprach (stumme Schauspielerin), Blake Denson (Paolo Albiani) (Foto: RW)

Arme Staatsoper Hamburg, arme „Musikstadt Hamburg“, arme Künstler: Zu einer Weltklasseaufführung mit einer Weltklasseinszenierung kamen zu Verdis wohl schönster Oper „Simon Boccanegra“ nur knapp 500 von 1.690 möglichen Zuschauern.

Das entspricht einer Auslastung von 29,6 Prozent – eine Demütigung für das Haus an der Dammtorstraße, seine Lenker und für die größtenteils auf Weltklasseniveau agierenden Künstler.

Noch am Ostersonntag, 9. April 2023, waren im Internet erst etwa 20 Prozent der Plätze verkauft gewesen. Es kamen also noch ein paar Spontanbesucher und sicher auch einige kostenlose „friends and family“ hinzu.

Ökonomisch gesehen war der Ostermontagabend ein Desaster. Ein Großteil der Gäste hatte sich sehr günstige (ab 6 Euro – Hörplätze – und 12 Euro teure) Karten besorgt. Von diesen Gästen wiederum setzte sich ein großer Teil auf bedeutend teurere Plätze bis über 100 Euro.

Auch andere Simon-Boccanegra-Vorstellungen waren während der „Italienischen Wochen“ nicht blendend besucht. Selbst die Auftritte des Bariton-Weltstars Erwin Schrott (Ex-Partner von Anna Netrebko) als Scarpia in Giacomo Puccinis Weltklasseoper „Tosca“ waren nicht ausverkauft.

Mitarbeiter der Staatsoper Hamburg sagen zu klassik-begeistert.de: „Seit (dem Ende von) Corona bekommen die Verantwortlichen die Besucherzahlen nicht wieder auf ein akzeptables Niveau. Wir machen uns große Sorgen.“

klassik-begeistert.de dankt trotz des trostlosen Rundes vor allem vier Künstlern für ihre außerordentliche Leistungen (ausführliche Berichte lesen Sie bitte weiter unten): dem Bariton George Petean als Simon Boccanegra, dem Bass Alexander Vinogradov als Jacopo Fiesco, dem Bass Blake Denson als Paolo Albiani und der Sopranistin Selene Zanetti als Amelia Grimaldi.

P.S.: Der Opernabend in Hamburg hatte für mich außer dem Leerstandsrekord auch ein Handy-Rekord: Ein ca. 65 Jahre alter Mann in der Reihe 2, Mitte, Balkon, 3. Rang ließ im dritten Akt mehr als 2  !!! Minuten lang sein Mobil-Telefon läuten. Bitten seiner Mitbesucher das Handy abzustellen, überhörte er, wollte er nicht hören oder konnte er nicht hören.

Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Staatsoper Hamburg, 4. April 2023

Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Staatsoper Hamburg, 29. März 2023

Andreas Schmidt, 10. April 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra Deutsche Oper Berlin, 29. Januar 2023 PREMIERE

 

John Neumeiers Ballett-Version von Bachs Matthäuspassion ist nach wie vor ein tiefgreifendes, nur zu erlebendes emotionales Ereignis

Edvin Revazov, Nicolas Gläsmann und Anna Laudere (Foto Dr. Ralf Wegner)

Wir wurden Zeugen eines tiefgreifenden emotionalen Ereignisses, welches uns, sofern wir als Christen an die Verheißung der Auferstehung glauben, stärker berührt als es jede andere Bühnendarbietung vermag. Neumeiers Matthäuspassion ist ein Ausnahmewerk, welches im Grunde nur erlebt und nicht besprochen werden kann.

Ballett von John Neumeier

Matthäus-Passion
Das sakrale Werk zur Musik von Johann Sebastian Bach ist eines der Schlüsselwerke im Schaffen von John Neumeier – seine Version einer Wiederbelebung des christlichen Kultus im Tanz.


Staatsoper Hamburg, 7. April 2023

 von Dr. Ralf Wegner

Nicolas Gläsmann ist als Jesus ein ergreifender, würdiger Nachfolger seiner vier Rollenvorgänger Max Midinet, John Neumeier, Lloyd Riggins und Marc Jubete. Insgesamt standen 41 Tänzerinnen und Tänzer nahezu ständig  während der mit Pause mehr als vierstündigen Aufführung auf der Bühne, darunter mit bravourösen Soli u.a. Alexandr Trusch, Aleix Martinez, Patricia Friza oder Madoka Sugai. „Ballett von John Neumeier, Matthäus-Passion
Staatsoper Hamburg, 7. April 2023“
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„Selbst das Wasser der Quelle schmeckt dem Mund des Herrschers bitter“  

Simon Boccanegra © Hans Jörg Michel

Schade, dass das Haus so schlecht besucht war und völlig unverständlich, dass nach der Pause die Reihen noch lichter waren. Denn das war ein Opernabend von besonderer Klasse!

Giuseppe Verdi
Simon Boccanegra

Staatsoper Hamburg, 4. April 2023

Ivan Repušić, Dirigent
Selene Zanetti, Sopran
George Petean, Bariton
Alexander Vinogradov, Bass
Attilio Glaser, Tenor
Blake Denson, Bass

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

Claus Guth, Inszenierung

von Dr. Andreas Ströbl

Müssen es immer die Verdi-Opern mit den bekannten Hits sein, die auf den Spielplänen der großen Häuser stehen? Und vor allem – muss immer ein Stück im Dreiviertaltakt die auch noch so dramatischen Szenen musikalisch untermalen?

Im Melodramma „Simon Boccanegra“ bietet Verdi genau das Gegenteil – wunderschöne, leidenschaftliche, mitreißende Musik mit einer phantastischen Kongruenz von Libretto und Musik, was zu beeindruckenden Darstellungen von Gefühlen, Beziehungen und Handlungswendungen führt. „Giuseppe Verdi, Simon Boccanegra
Staatsoper Hamburg, 4. April 2023“
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