Günther Groissböcks „Tristan Experiment" ist ein Versprechen für die Zukunft

Foto: © Herwig Prammer

Tristan Experiment, Wiener Kammeroper, 6. Juni 2021
Fassung für Kammerorchester von Matthias Wegele

von Jürgen Pathy

Experiment gelungen, Patient tot. Dieser Ausspruch passt perfekt, wenn man Günther Groissböcks erste Regiearbeit betrachtet. An der Kammeroper, dem kleinen Bruder des Theaters an der Wien, hat der Hüne das „Tristan Experiment“ inszeniert. Eine gestrichene Fassung von Wagners „Tristan und Isolde“.  Der Entstehungsgeschichte getreu, lässt Groissböck die beiden Haupt-Protagonisten zu Richard Wagner und Mathilde Wesendonck werden. „Tristan Experiment, Wiener Kammeroper, 6. Juni 2021“ weiterlesen

Weihnachtsmusik im neuen Gewand

Foto: © Linda Schier
Morgen kommt der Weihnachtsmann – Daniel Behle & Friends

Theater an der Wien, 6. Dezember 2018

Mit Daniel Behle & Friends
23 Weihnachtslieder + 1 Ouvertüre

Daniel Behle, Tenor
Christian Koch, Klavier
Takeo Sato, Gitarre

von Herbert Hiess

Daniel Behle ist nicht nur ein begnadeter Sänger, sondern auch ein Komponist und exzellenter Arrangeur. In der Wiener Kammeroper demonstrierte er in guten 70 Minuten, was für Feinheiten in den Weihnachtsliedern stecken, die wir alle gut kennen zu glaubten. Man hörte hier viele Überraschungen, die regelrecht verblüfften.

Der 1974 In Hamburg geborene Daniel Behle ist mittlerweile einer der bedeutendsten deutschen lyrischen Tenöre. Obwohl nicht mehr ganz so jung, fasziniert er immer mit seinem Charme, seiner wunderschönen einprägsamen Stimme. Noch dazu besticht er mit seiner intelligenten und innovativen Programm- und Besetzungsgestaltung. „Morgen kommt der Weihnachtsmann – mit Daniel Behle & Friends, Theater an der Wien, 6. Dezember 2018“ weiterlesen

Wunderbare Stimmen in Wien: Besuchen Sie „Don Carlos“ in der Kammeroper!

Foto: © Herwig Prammer
Wiener Kammeroper, 28. November 2018
Giuseppe Verdi, Don Carlos

Auch wenn manche Kritiker nicht allzu positiv mit der Neuproduktion von „Don Carlos“ an der Wiener Kammeroper umgehen: klassik-begeistert hat die Premiere im Haus am Fleischmarkt verfolgt und war im Großen und Ganzen begeistert. Klare Empfehlung deshalb: Besuchen Sie eine der folgenden neun Aufführungen bis zum 27. Dezember 2018!

Das Publikum war nach der Premiere fast ausschließlich sehr zufrieden mit der Kammermusikfassung von Verdis Meisterwerk. Die Musik des Italieners ist göttlich! Jahrtausendmusik!!! Die schlanke Fassung in französischer Sprache für Kammerorchester von Panos Iliopoulos und Florian C. Reithner überzeugt in der anmutigen Wiener Kammeroper mit ihrer superben Akustik. Das Dirigat von Matteo Pais ist stringent und einfühlsam, die Musiker des Wiener KammerOrchesters spielen auf sehr hohem, fast fehlerfreiem Niveau – „passt!“, wie der Wiener sagt. „Giuseppe Verdi, Don Carlos, PREMIERE
Wiener Kammeroper“
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Minimalistischer Debussy an der Wiener Kammeroper

Fotos: Herwig Prammer (c)
Claude Debussy, Pelléas et Mélisande,
Theater an der Wien in der Kammeroper
, 26. Februar 2018

von Mirjana Plath

Claire Levacher, Musikalische Leitung
Thomas Jonigk, Inszenierung
Lisa Däßler, Ausstattung
Franz Tscheck, Licht
Julian Henao Gonzales, Pelléas
Anna Gillingham, Mélisande
Matteo Loi, Golaud
Florian Köfler, Arkel
Anna Marshania, Geneviève
Quentin Retzl, Yniold/junger Pelléas
Lana Matić, junge Mélisande
Wiener KammerOrchester

Die Kammeroper in der verschachtelten Altstadt von Wien ist ein heimeliges Theater. Ihr Eingang befindet sich ganz versteckt in einer schmalen Seitengasse vom Fleischmarkt. In den Räumen hängen noch dicke Rauchschwaden aus vergangenen Zeiten, auch wenn das vergilbte „Rauchen verboten“-Schild schon seit vielen Jahren zum Verzicht ermahnt. Im Theatersaal ist man allem sehr nah. Man könnte die Sänger auf der Bühne ohne große Anstrengung berühren, wenn man in der ersten Reihe sitzt. Ein Symphonieorchester hat keinen Platz in diesem Graben. Hier muss man experimentieren, Neues wagen.

Diesen Ort hat das Theater an der Wien für seine Neuproduktion von Claude Debussys „Pelléas et Mélisande“ gewählt. Wie die Bühne selbst, ist auch das Orchester auf eine Kammerbesetzung geschrumpft. Die Partitur bearbeitete dafür Annelies van Parys. Ihre Version der Musik klingt intim und zierlich. Debussys Zwischenspiele wurden größtenteils gestrichen. Damit nähert sich diese Fassung wieder mehr an Debussys ursprünglichen Gedanken an, die Akte ohne Verbindung nebeneinander stehen zu lassen.

Zu einem etwas provisorischen Theaterraum wie der Kammeroper gehört offensichtlich auch, dass die Technik nicht immer das tut, was sie soll. Ein lautes Rauschen, gleich zweimal in den ersten Minuten der Vorstellung, störte die Musik und übertönte alle anderen Kunstklänge. Professionell reagierten jedoch alle Künstler auf die Unterbrechung. Sie führten unbeirrt ihre Vorstellung fort. Dirigentin Claire Levacher unterstützte die zarten Klänge in Debussys Musik. Die feingliedrigen Solostimmen fügten sich unter ihrer Leitung zu einem filigranen Klangkunstwerk zusammen. Sie umrankten die Gesangsstimmen und gaben ihnen eine beseelte Grundlage.

Die Inszenierung von Thomas Jonigk hat ähnliche Wesenszüge wie die Textvorlage der Oper von Maurice Maeterlinck: Verschlüsselte Symbole werfen Fragen auf und geben Raum zur Interpretation. Der Regisseur lässt mehrere Mélisandes auf der Bühne erscheinen. Ein kleines Mädchen und auch eine zweite, erwachsene Frau wandeln manchmal um die reale Mélisande herum. Golauds Sohn Yniold zeigt sich zeitweise auch als junger Doppelgänger von Pelléas. Das Schicksal, die Geschichte um Eifersucht und unglückliche Liebe, wird sich endlos wiederholen, sagt diese Produktion. Die Jungen werden die gleiche Tragödie wie die Alten erleben. Dann noch das Symbol des Bärenkopfes. Golaud trägt ihn als ständigen Begleiter bei sich. Einmal setzt er ihn auch auf. Ein Zeichen für die Jagd, auf die er sich begibt? Und warum trägt Mélisande ihre goldenen Schuhe nicht? Gleich in der ersten Szene zieht sie sie aus. Mit solchen Gedanken wird man sich nach dem Theaterbesuch noch länger beschäftigen können.

Anna Marshania (Geneviève)

Lisa Däßler hat die Ausstattung für die Produktion übernommen. Sie reduziert die Kulisse auf ein Minimum. Alles spielt sich in einem schwarzen Kasten ab. Nur die Figuren füllen diese Leere mit Leben. Die alte Generation von König Arkel und Geneviève trägt Kleidung aus der Zeit der Jahrhundertwende um 1900. Golaud charakterisiert ein spielzeughaftes Aussehen. Mit seiner goldbesetzten Uniform scheint er aus einer noch früheren Zeit zu stammen. Zusammen mit seinem Plüschbärenkopf und der selbst gebastelten Krone wirkt er fremd in der Umgebung. Er scheint zu sehr bemüht zu sein, in die Fußstapfen seines Großvaters zu treten. Mit seinem übergroßen Eifer wird er zur Witzfigur. Pelléas und Mélisande stellen zu der verstaubten Adelswelt einen modernen Gegensatz dar.

Getragen wird die Vorstellung vom Jungen Ensemble des Theaters an der Wien. Die jungen Stimmen tun dem Werk gut. Kein schwächelndes Zittern im Gesang, stattdessen prägen klare und mutige Stimmen den Abend. Diese Künstler sind vielversprechende Talente, allen voran die Sopranistin Anna Gillingham als Mélisande. Sie präsentiert eine selbstbewusste, sinnliche Mélisande, die sich ihrer Vorzüge sehr wohl bewusst ist. Sie verführt aktiv den Bruder ihres Ehemannes und setzt dafür ihren schönen Körper ein. Gillingham ist beinahe ununterbrochen auf der Bühne. Sie trägt das Stück mit ihrer starken Bühnenpräsenz.

Anna Gillingham (Mélisande), Julian Henao Gonzalez (Pelléas)

Juan Henao Gonzales (Tenor) ist ein sehr lebensfroher Pelléas. Seine wache und aktive Spielweise auf der Bühne ersetzt die Melancholie und Schüchternheit der Rolle. Matteo Loi spielt Mélisandes Mann Golaud. Der Bariton zeigt den schleichenden Übergang vom fürsorglichen Ehemann zum misstrauischen Eifersüchtigen sehr überzeugend. Florian Köfler zeigt seine hervorragende Bassstimme in der Rolle von Arkel. Er grummelt nicht düster vor sich hin, sondern trägt seine Gesangslinien ausdrucksvoll vor. Auch die Mezzosopranistin Anna Marshania als Geneviève zeigt eine voluminöse Stimmkraft. Sie füllt den Raum mit ihrer Partie aus, ohne die anderen Sänger zu übertönen oder sich selbst zu wichtig zu nehmen.

Musikalisch eine tolle Vorstellung, die Inszenierung gibt noch Futter zum Nachdenken. Nach zwei Stunden stapft man aus dem kuscheligen Theatersaal wieder durch die Wiener Eiseskälte nach Hause. Während die weißen Atemwolken in den nachtblauen Himmel steigen, ist man schon auf den nächsten Vorstellungsbesuch in der Kammeroper gespannt.

Mirjana Plath, 27. Februar 2018
für klassik-begeistert.de

Fotos: Herwig Prammer

Der spritzigste und witzigste „Don Pasquale“, den es je gab

Foto © Herwig Prammer
Ein großer Wurf auf der kleinen Bühne der Wiener Kammeroper

Gaetano Donizetti, Don Pasquale, Kammeroper, Wien, 24. November 2017

von Charles E. Ritterband

So hat man den „Don Pasquale“ noch nie gesehen: auf der winzigen Bühne der Wiener Kammeroper, dem charmanten Ableger des großartigen Theaters an der Wien – ein Begriff, der ja stets für allerhöchste Qualität bürgt. Mit, wie es die räumlichen Verhältnisse erfordern, knappstem Einsatz an Sängern, Musikern und Bühnenbild wurde die originellste, witzigste und spritzigste Version von Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ geschaffen, den man sich nur vorzustellen vermag. „Gaetano Donizetti, Don Pasquale,
Kammeroper, Wien“
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