CD-Besprechung / Interview: Klare Kaufempfehlung – frischer Wind für Beethoven

CD-Besprechung / Interview, Ludwig van Beethoven, Piano Concertos 1&2, Kammerakademie Potsdam, Patrick Hahn  klassik-begeistert.de, 12. Dezember 2020

Ludwig van Beethoven, Piano Concertos 1&2

Olivier Cavé
Kammerakademie Potsdam
Patrick Hahn, Dirigent

Alpha-Classics

von Barbara Hauter

Jung, leicht, vergnügt – so einen frischen Klang hatte ich bei den beiden Beethoven-Klavierkonzerten nicht erwartet. Der italienisch-schweizerische Pianist Olivier Cavé und die Kammerakademie Potsdam unter der Leitung des blutjungen österreichischen Dirigier-Wunders Patrick Hahn schaffen etwas Ungewöhnliches: Einem oft gehörten und tausendfach publizierten Klassiker neues Leben einzuhauchen. Meine Weihnachtsgeschenk-Empfehlung.

Patrick Hahn fand Zeit für ein Gespräch mit Klassik begeistert.

Klassik-begeistert: Es gibt hunderte Aufnahmen der Beethoven-Klavierkonzerte. Warum haben Sie noch eine aufgenommen?

Patrick Hahn: Ich war eigentlich skeptisch, ob die Welt überhaupt noch eine Beethoven-Aufnahme braucht und schon gar nicht im Beethoven-Jahr. Wir haben sie ja schon im Herbst 2018 aufgenommen und ich fand es intuitiv eher kontraproduktiv, sie auch ausgerechnet im Jubiläumsjahr erst zu veröffentlichen. Aber das stört mich nun gar nicht mehr, jetzt finde ich sie sehr gelungen.

Klassik-begeistert: Was macht die Aufnahme besonders?

Patrick Hahn: Als die Anfrage kam, die CD aufzunehmen, war ich mir anfangs nicht sicher, ob ich all dem über Beethoven Gesagten überhaupt noch etwas hinzuzufügen habe. Es gibt bereits so viele Aufnahmen, die Stücke sind sehr bekannt. Als ich aber begonnen hatte, mich intensiv mit den Konzerten zu befassen, habe ich so viele Feinheiten entdeckt, die es noch auszuloten gab. Ich habe keine Aufnahme gefunden, die genau so klang, wie ich mir das vorstellen würde. Natürlich viele ganz tolle, aber jeder hat ja seine eigene Persönlichkeit. Deswegen hatte ich dann viel Freude, es zusammen mit dem Pianisten Olivier Cavé zu erarbeiten. Das Schöne war ja, dass wir überhaupt erst die Möglichkeit dazu hatten. Meistens sind die Kalender der Künstler so voll, da findet sich keine Zeit, man sieht sich womöglich erst kurz vor der Aufnahme zur Verständigung. Bei uns war das anders, wir haben uns dezidiert die Zeit dafür genommen.

Patrick Hahn © Ingo Höhn

Klassik-begeistert: Wie lief denn die Arbeit an der CD anders als sonst?

Patrick Hahn: Dadurch, dass wir uns schon lange vorher ausgetauscht haben und gemeinsam am Klavier proben konnten, bevor man dann vor das Orchester und die Mikrofone tritt, haben wir eine ganz persönliche und detaillierte Interpretation geschaffen. Wir saßen an zwei Klavieren und haben ganz akribisch gearbeitet. Ich habe den Orchesterpart gespielt und er den Solopart. Dadurch entstand, dass das Orchester nicht nur begleitet, sondern dass es wirklich ein Wechselspiel ist.

Klassik-begeistert: Was sind denn die Feinheiten, die Sie erarbeitet haben?

Patrick Hahn: Es gibt ganz viele dynamische und agogische Feinheiten. Beethoven schreibt genaue, aber schlanke Dynamik. Zwischen den Forti und Piani, die er notiert, gibt es so viel Spielraum, so viel Musik, die dazwischen stattfindet. Da haben wir ganz feine Phrasierungen und Abgrenzungen gefunden. Das macht die Aufnahme interessant, wir wollten keinen schön klingenden Einheitsbrei.

Klassik-begeistert: Die Aufnahme klingt vor allem sehr frisch. Wie haben Sie diesen Klang erreicht?

Patrick Hahn: Das Orchester war phänomenal frisch und leicht und jung im Klang. Wir haben mit Naturtrompeten und Naturhörnern gearbeitet, allein das macht schon viel aus. Es macht das Ganze so viel kantiger im positiven Sinne. Der Klang der historischen Instrumente hat den Gesamtklang erfrischt und entstaubt, dazu ein hochmotiviertes Team, das waren für uns ideale Voraussetzungen!

Klassik-begeistert: Was ist für Sie das Besondere an den Klavierkonzerten?

Patrick Hahn: Das erste Konzert ist ja später entstanden als das zweite, die sind historisch vertauscht sozusagen. Das zweite ist viel klassischer. Da ist viel Haydnscher Scherz drin, das sprudelt nur so von jugendlicher Verspieltheit und Leichtsinn. Das erste ist deutlich festlicher, majestätischer, hat einen reiferen Charakter. Die beiden haben ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und sind sich dennoch ähnlich in Ihrer positiven, charmanten Pfiffigkeit.

Rezension und Interview: Barbara Hauter, 12. Dezember 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Münchner Rundfunkorchester, Patrick Hahn Prinzregententheater München, 16. September 2020 18 Uhr

10 Fragen an Patrick Hahn klassik-begeistert.de

Großes Exklusiv-Interview, Patrick Hahn, Dirigent, München

Ein Gedanke zu „CD-Besprechung / Interview, Ludwig van Beethoven, Piano Concertos 1&2, Kammerakademie Potsdam, Patrick Hahn
klassik-begeistert.de, 12. Dezember 2020“

  1. Ich habe mir auf die Besprechung hin die Beethoven-CD und auch die CD mit den Mozart-Klavierkonzerten angehört. Der Pianist ist wirklich ein interessanter Musiker. Und die Kammerphilharmonie Potsdam ohnehin ein Ensemble, dass ich enorm mag. Patrick Hahn hat viel Geschmack und die Tempi, die beide wählen sind wirkungsvoll und passend zu der Aufnahme, den Spielern und der Akustik. Jetzt kommt mein grosses Minus: Den Tochtechniker würde ich gerne herbeizitieren und fragen, wie man so etwas jemals zulassen kann: Warum sind die Pauken und das Blech so laut und undifferenziert aufgenommen??? Und an den Dirigenten: Warum hat er das nicht korrigiert? Da zeigt sich, was Patrick Hahn zu lernen hat: die Balance bei Einspielungen ist nicht nur Job des Tonmeisters! Insgesamt: Bravo zu dieser Neuaufnahme, aber es ist kein CD, die ich mehrfach hören werde, wegen des Tonmeisters….

    Alexander Seidel

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