20 ans Le Concert d’Astrée – reichhaltiges Bukett virtuoser Stimmen

CD-Rezension: 20 ans Le Concert d’Astrée, Emmanuelle Haїm  klassik-begeistert.de

Das barocke Feuer der Musik leuchtete mit einer Intensität, die das Publikum im nicht ausverkauften Opernhaus Unter den Linden, Tage später im Théâtre des Champs-Elysées in Paris zu wahrhaften Begeisterungsstürmen hinriss.

CD-Rezension:

20 ans Le Concert d’Astrée
Emmanuelle Haїm

2 CD Erato 0190296278426

von Peter Sommeregger

Das von Emmanuelle Haïm 2000 begründete Barock-Ensemble Le Concert d’Astrée veranstaltete zur Feier seines 20-jährigen Bestehens Corona-bedingt sein Jubiläum etwas verspätet mit luxuriös besetzten Konzerten in Berlin und Paris.

Nur von einem Konzert zu sprechen ist eine Untertreibung.  Was Emmanuelle Haïm und ihr Ensemble, unterstützt durch 15 Solisten der Spitzenklasse, an diesen Abenden abliefern, ließ schlagartig jede November-Depression, jeden trüben Gedanken verschwinden. Das barocke Feuer der Musik leuchtete mit einer Intensität, die das Publikum im nicht ausverkauften Opernhaus Unter den Linden, Tage später im Théâtre des Champs-Elysées in Paris zu wahrhaften Begeisterungsstürmen hinriss.

Wo beginnen bei dem reichhaltigen Bukett virtuoser Stimmen, starker künstlerischer Persönlichkeiten? Der erste Teil ist weitgehend Kompositionen Rameaus vorbehalten. Lenneke Ruiten, Mathias Vidal, Emmanuelle de Negri, Victor Sicard, Tassis Christoyannis, Laurent Naouri und Sandrine Piau strafen das Vorurteil Lügen, Rameaus Musik wäre trocken. Die Arien und Ensembles aus „Dardanus“, „Les Indes galantes“ und „Hippolyte et Aricie“ bilden einen passenden Einstieg in den an Höhepunkten reichen Abend. Als Gast am Dirigentenpult beschließt Sir Simon Rattle den ersten Teil mit der Orchestersuite aus „Les Boréades“.

Der zweite Teil beginnt mit Purcells Arie der Dido aus „Dido und Aeneas“, die Marie-Claude Chappuis mit sonorer Altstimme interpretiert, gefolgt von dem „Baritenor“ Michael Spyres, der seine agile Stimme register-übergreifend in zwei Arien aus Händels Oratorium „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ einsetzt, und gleichermaßen durch Technik und Schönheit des Timbres begeistert. An der grazilen Lea Desandre, die eine virtuose Koloraturarie von Vivaldi zum Besten gibt, kann man neben einer stupenden Technik auch den Charme der französisch-italienischen Sängerin bewundern, die später auch noch in einem Duett aus Händels „Ariodante“ mit Sandrine Piau zu hören ist.

Überraschend trifft man auch auf Natalie Dessay, die sich eigentlich schon vor Jahren aus dem Opernbetrieb zurückzog, aber mit der Arie der Alcina aus Händels Oper beweist, dass sie immer noch über reiche stimmliche Mittel verfügt. Mit der Qualität seines Countertenors kann anschließend Carlo Vistoli als Tamerlano von Händel überzeugen. Er bereichert die vokale Farbenpalette des Abends ungemein. Eva Zaïcik besticht durch ihren Vortrag einer Arie aus „Giulio Cesare“ von Händel mit einem klaren, gut geführten Sopran. Rolando Villazón versucht sich an einer Arie aus „Ariodante“, kann den beklagenswerten Zustand seiner Stimme aber nicht verbergen. Schließlich kann noch Jarrett Ott mit der Arie des Argante aus Händels „Rinaldo“ seinen klangschönen, vollen Bariton zur Freude des Publikums einsetzen.

Für die Veröffentlichung auf CD hat man jeweils zur Hälfte Mitschnitte aus Berlin und Paris verwendet.

Allen Liebhabern der Barockmusik, die das Glück hatten, eines der Konzerte persönlich vor Ort zu erleben, ist diese Veröffentlichung eine schöne Gelegenheit, den außergewöhnlichen Eindruck des Live-Konzertes beim Hören der CDs zu erinnern und immer wieder genießen zu können.

Peter Sommeregger, 17. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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