Cecilia Bartoli und Sol Gabetta lassen das Publikum toben

Cecilia Bartoli und Sol Gabetta,  Prinzregententheater, München

Foto © Decca/Esther Haase
Prinzregententheater,
München10. Dezember 2017
Cecilia Bartoli & Sol Gabetta
Cappella Gabetta
„Dolce Duello“ – barocke Arien für Gesang und Violoncello

von Shari Berner

Stehen zwei Weltstars wie Cecilia Bartoli und Sol Gabetta gemeinsam auf der Bühne, so sind die Erwartungen hoch – und werden in München im Prinzregententheater sogar noch übertroffen.

Mit ihrem gemeinsamen Programm „Dolce Duello“ präsentieren die beiden Künstlerinnen eine Sammlung barocker Meisterwerke. Instrumentalkunst und Gesang, an Virtuosität kaum zu übertreffen, verbinden sich zu atemberaubenden Duellen mit Augenzwinkern. Das gemeinsame Konzertieren steht im Mittelpunkt. Das Programm ist wohl durchdacht, abwechselnd spielt das Orchester alleine, jeweils eine Solistin oder beide gemeinsam, was eine kurzweilige Ausgewogenheit mit sich bringt. Zusammen mit der Capella Gabetta unter der Leitung von Andrés Gabetta, Bruder der Cellistin, bringen Sol Gabetta und Cecilia Bartoli barocke Werke auf die Bühne, die dem breiten Publikum zum größten Teil unbekannt sind. Die technische Präzision und die feurige Leidenschaft der Capella Gabetta unterstützen dabei die beiden Solistinnen perfekt.

Eröffnet wird das Konzert durch die Capella Gabetta und Johann Adolph Hasses Ouvertüre zu Il Ciro riconosciuto. Mit Elan und technischer Präzision stimmt das Ensemble die Zuhörer auf einen Abend voller Hörgenuss ein.

Es folgen drei Werke mit beiden Solistinnen. Das fröhliche „Aure, andate e baciate”, das Koloraturen der Sängerin parallel im Cello führt und so höchsten Genuss an Virtuosität bietet und die außergewöhnlichen Fähigkeiten dieser beiden Musikerinnen in Szene setzt, ist dabei ein besonderer Moment.

Dann präsentiert die Mezzosopranistin mit Unterstützung des Orchesters zwei Arien gegensätzlichen Charakters: „Lascia la spina“, eine ruhige Arie, die Cecilia Bartoli mit so viel Gefühl für den Moment wiedergibt, dass es den Zuhörern Tränen in die Augen treibt. Das stürmische „O placido il mare“, in dem tonmalerisch Wind und Wellen abgebildet sind, interpretiert die Sängerin mit so viel Charme, Witz und Gestik, dass es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen hält. Die erste Hälfte rundet Händels „What passion cannot Music raise and quell!“ perfekt ab. Die „Ode for St. Cecilica’s Day“, aus der das Stück entnommen ist, ist ein Lobgesang auf die Musik selbst. Die einzelnen Strophen beschreiben verschiedene Instrumente. Hier wird von der Leier des Jubal gesungen, deren Klang Händel in eine der großen Solopassagen der Barockzeit für das Violoncello niederschrieb. Solistinnen wie Orchester ergänzen sich, konkurrieren miteinander und verbinden sich zu immer schöneren Klängen. Kurze Blicke zwischen Sängerin und Cellistin gehen über das Musikalische hinaus und lassen uns die Aussage „What passion cannot Music raise and quell!“ auf einer neuen Ebene erleben.

Nach der Pause spielt Sol Gabetta das Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 10 in D-Dur von Luigi Boccherini. Der Zeitgenosse Mozarts trug maßgeblich zur Etablierung des Cellos als Soloinstrument bei. In drei Sätzen bringt dieses Konzert das Instrument zum Glänzen, und Gabetta spielt mit gewohnter Empfindsamkeit und Reichtum an Klangfarben. Zum Dahinschmelzen.

Beim „Tanz der Furien“ aus Glucks Orfeo ed Euridice zeigt die Capella Gabetta noch einmal größten Einsatz und Liebe zum Detail. Der letzte Akkord verstummt im gänzlich dunklen Saal. Das Licht geht wieder an, und die beiden Solistinnen stimmen Luigi Boccherinis „Se d’un amor tiranno“ an. Konzipiert für Sopran, konzertantes Violoncello und Orchester das passende Finale dieses Abends und der Höhepunkt der Höhepunkte. Alle Musiker auf der Bühne geben Leidenschaft, Technik und Vitalität in höchstem Maße und das Publikum tobt zu Recht, als der letzte Ton verklingt.

Auch nach drei wunderbaren Zugaben, darunter das feurige „Seguedillas y Fandango“, hört der Beifall nicht auf und die strahlenden Musikerinnen geben mit einem Zwinkern eine letzte und vierte: Ernesto de Curtis „Non ti scordar di me“, ein postromantisches Lied.

Gestört wird dieser brillante Abend nur durch zwei Dinge: Zum einen sind es Mobiltelefone, die klingeln: Während des ersten Auftritts von Sol Gabetta, genau in dem Moment, als sie sich mit einer leisen, getragenen Melodie ohne Begleitung dem Publikum präsentiert. Dann noch einmal gegen Ende, als Cecilia Bartoli eine ausschweifende Kadenz koloriert und alle gespannt den Atem anhalten. Die Solistinnen nehmen es gelassen mit leichtem Lächeln, doch die Spannung bricht zum Teil ab. Die andere Störung erfolgt durch Besucher, die schon vor der ersten Zugabe ihre Plätze verlassen und gehen. Wenn man sich nicht mal mehr die Zeit nehmen kann, diesen wundervollen Abend in seiner ganzen Länge zu genießen, dann ist das wirklich traurig.

Shari Berner, 11. Dezember 2017, für
klassik-begeistert.de

PROGRAMM:

Johann Adolph Hasse – Ouvertüre zu Il Ciro riconosciuto

Antonio Caldara – Fortuna e speranza Arie der Emirena aus Nitocri

Tomaso Albinoni – Aure andate e baciate Arie des Zefiro aus Il nascimento dell’Aurora

Domenico Gabrielli – Aure voi de’ miei sospiri Arie der Inomenia aus San Sigismondo, re di Borgogna

Carlo Francesco Pollarolo – Ouvertüre Ariodante

Georg Friedrich Händel – Lascia la spina Arie des Piacere aus Il Trionfo del Tempo e del Disinganno

Hermann Raupach – O placido il mare Arie der Laodice aus Siroe, re di Persia

Georg Friedrich Händel – What passion cannot Music raise and quell! Arie aus Ode for St. Cecilia’s Day

Luigi Boccherini Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 10 D-Dur

Christoph Willibald Gluck – Tanz der Furien aus der Oper Orfeo ed Euridice

Luigi Boccherini – Se d’un amor tiranno

Zugaben:

José de Nebra – Seguedillas y Fandango

Antonio Vivaldi – Sovente il Sole

Gioachino Rossini – La Danza aus Tarantella

Ernesto de Curtis – Non ti scordar di me

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