Foto: Das Leitungsteam von l.n.r. Clara Pons, Aviel Cahn, Sidi Larbi Cherkaoui © Paolo Pellegrin
Insgesamt ein sehr anspruchsvolles und ambitioniertes Programm, das hoffentlich ohne pandemiebedingte Ausfälle oder Einschränkungen realisiert werden kann. Neugierig darf man auf das facettenreiche Programm in jedem Fall sein.
Schweizerische Botschaft, Berlin, 16. Mai 2022
von Peter Sommeregger
Für alle Kulturschaffenden, die ein Haus zu bespielen haben, waren bedingt durch die weltweite Pandemie die letzten Spielzeiten wie ein Ritt über den Bodensee, man wusste oft bis zum letzten Augenblick nicht, ob eine fertige Produktion auch gezeigt werden könnte.
Auch dem Grand Théâtre de Genève erging es nicht besser, Intendant Aviel Cahn gibt sich aber optimistisch und präsentiert bei einem eleganten Presselunch in der Schweizerischen Botschaft in Berlin die Pläne für die kommende, seine vierte Spielzeit am Grand Théâtre. Mitgebracht hatte er den neuen Ballett-Direktor des Hauses Sidi Larbi Cherkaoui, einen Belgier mit marokkanischen Wurzeln, der in der kommenden Saison mit vier Stücken vertreten sein wird. Dem Ballett wird an dem Haus traditionell ein großer Stellenwert eingeräumt.
Die Spielzeit ist unter das Motto „Welten auf Wanderschaft“ (Mondes en migration) gestellt, alle vorgesehenen Werke haben innere oder äußere Migration direkt oder indirekt zum Thema.
Aviel Cahn setzt seine Idee der Erarbeitung von Zyklen weiter fort, so ist die erste Premiere, Halévys „La Juive“, Teil einer Reihe von Werken der Grand Opéra Pariser Stils. Marc Minkowski wird eine illustre Besetzung dirigieren.
Ebenso Teil eines Zyklus ist „Katja Kabanova“, eine weitere Oper Leoš Janáčeks, die vom tschechischen Dirigenten Tomáš Netopil einstudiert wird.
Als zweiter Teil der Trilogie von Donizettis Opern über die Tudor-Königinnen folgt „Maria Stuarda“. Wieder wird die aufstrebende Sopranistin Elsa Dreisig zu erleben sein, diesmal als Elisabetta und Gegenspielerin der Maria von Stéphanie d’Oustrac. Die Regie übernehmen wieder Marianne Clément und Julia Hansen, Stefano Montanari wird dirigieren.
Michael Thalheimer wird seine Sicht auf Richard Wagners „Parsifal“ präsentieren, in dieser von Jonathan Nott, dem Chef des Orchestre de la Suisse Romande, dirigierten Premiere werden Christopher Maltman, Daniel Johansson in der Titelrolle und Tanja Ariane Baumgartner als Kundry zu erleben sein.
Der Barockdirigent Fabio Biondi wird Monteverdis „Il ritorno d’Ulisse in patria“ in der Inszenierung des Theaterkollektives FC Bergmann dirigieren. Mark Padmore wird die Titelrolle und Sara Mingardo die Penelope singen.
Eine bereits einmal verschobene Uraufführung hofft man Ende März nun endlich zeigen zu können, Christian Josts „Reise der Hoffnung“ hat durch die gegenwärtigen politischen Entwicklungen unerwartet noch stärker an Aktualität gewonnen. Gabriel Felz wir in einer Inszenierung von Kornél Mundruczó dirigieren.
Krzysztof Warlikowskis Inszenierung von Schostakowitsch’ „Lady Macbeth von Mzensk“ wird nach Antwerpen und Paris nun auch in Genf gezeigt, mit der unvermeidlichen Aušrinė Stundytė in der Titelrolle.
Den Abschluss der Saison bildet eine Neuinszenierung von Giuseppe Verdis „Nabucco“, die von der brasilianischen Regisseurin und Filmemacherin Christiane Jatahy erarbeitet wird. Antonino Fogliani wird dirigieren, Nicola Alaimo und Saioa Hernández übernehmen die Hauptrollen.
Insgesamt ein sehr anspruchsvolles und ambitioniertes Programm, das hoffentlich ohne pandemiebedingte Ausfälle oder Einschränkungen realisiert werden kann. Neugierig darf man auf das facettenreiche Programm in jedem Fall sein.
Peter Sommeregger, 16. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Jean-Baptiste Lully, Atys, Grand Théâtre de Genève, Genf, 27. Februar 2022 PREMIERE
Giacomo Meyerbeer, Les Huguenots, Grand Théâtre de Genève, 28. Februar 2020
Wolfgang Amadeus Mozart, Die Entführung aus dem Serail, Grand Théatre de Genève, 24. Januar 2020