Gärtnerplatztheater München, Premiere am 15. Juli 2021
„Monty Python’s Das Leben des Brian“
Komisches Oratorium
von Eric Idle und John Du Prez
Nach dem gleichnamigen Film
Deutsch von Thomas Pigor
Deutschsprachige Erstaufführung
von Dr. Petra Spelzhaus
Schon längst überfällig: Das Staatstheater am Gärtnerplatz präsentiert erstmals „Monty Python’s Das Leben des Brian“ als komisches Oratorium in deutscher Sprache und erobert die Herzen der Zuschauer. Das im Schachbrettmuster platzierte Publikum reißt es von den Sitzen, bei der Zugabe wird auf Abstand das Tanzbein geschwungen, unter FFP2-Masken wird gepfiffen.
Der Weg von Brians Geburt bis zu seinem Ende am Kreuz gestaltet sich als musikalischer Parforceritt. Oratoriumsklänge gehen über in Musical und Swing. Ein steppendes Schaf hätte auch einer Riverdance-Show alle Ehre gemacht. Tango, Slow-Rock, Schlager, Flamenco-Elemente und Mariachi-Trompeten finden sich ebenso wieder wie Spirituals und ein Gospelchor mit ekstatischem über die Bühne gleitenden Reverend. Lokalkolorit darf natürlich nicht fehlen: Die Dudelsackpfeifer der englischen Originalversion werden durch eine bayerische Blaskapelle samt Schuhplattler ersetzt. Einer vieler Höhepunkte bildet ein Shantychor aus fränkischen Barbaren.
Das Bühnenbild könnte auch Händels Messias entstammen: In den hinteren Reihen das vom Briten Howard Arman stimmungsvoll dirigierte Orchester. Darunter ist der schwarzgekleidete Chor platziert, der passend zur Handlung mit verschiedenen Kopfbedeckungen – entzückend die Lämmerfrisuren mit beweglichen Ohren – garniert wird. In der vorderen Reihe agierten die Solisten in klassischer Aufstellung und Robe mit großem Pathos. Tenor Maximilian Mayer, der den Protagonisten Brian überzeugend darstellt, wird von seiner Mutter Mandy – mit warmer voller Altstimme: Anna Agathonos – und seiner Geliebten Judith – sängerisch wie darstellerisch ein Highlight: Julia Sturzlbaum – eingerahmt. Bass Alexander Grassauer als Reg und Schwanzus Longus, der mit sonorer Stimme durch die Nummernrevue führende Evangelist Erwin Windegger sowie der in wechselnden Verkleidungen und Rollen durchs Bild rennende, schwebende oder tanzende Peter Neustifter komplettierten das bestens aufgelegte Solistenensemble.
© Christian POGO Zach
Das ist einer der seltenen Momente, da stellt man vergnügt fest, dass man schon langsam in die Jahre gekommen ist. Der Stoff aus „Monty Python’s Das Leben des Brian“ entstammt dem gleichnamigen Film der legendären britischen Komikertruppe aus dem Jahr 1979. Der Film genoss nicht nur bei uns Jugendlichen auf unseren Videoabenden Kultstatus. Selbst der örtliche Gemeindepastor – bekennender Brian-Fan – soll bei der Taufe eines Jungen auf besagten Namen nur mit Mühe sein Prusten unterdrückt haben.
Die Handlung begann im Jahre 0 vor und nach Christus, als in Bethlehem Brian von Nazareth zur Welt kam in einem Nachbarstall von Jesus Christus. Als junger Mann schloss Brian sich der Volksfront von Judäa (nicht zu verwechseln mit der judäischen Volksfront!) an, um seine Heimat von den Römern zu befreien. Dort traf er auf seine spätere Geliebte Judith – im Gärtnerplatz-Oratorium lieferten die beiden ein sensationelles Orgasmus-Duett ab – um gemeinsam für die Freiheit und die Liebe zu kämpfen. Durch einen Zufall wurde Brian versehentlich für den Messias gehalten und befand sich auf der Flucht vor seiner riesigen Anhängerschaft. Es kam, wie es kommen musste, er endete am Kreuz zu der legendären Hymne aus der Feder Eric Idles „Always Look on the Bright Side of Life“.
Eric Idle war es auch, der gemeinsam mit John Du Prez den Filmstoff in ein nicht minder satirisches Oratorium verarbeitete, das in der englischen Originalversion 2007 in Toronto uraufgeführt wurde. Die Erstaufführung der von Thomas Pigor gekonnt ins Deutsche übertragenen Fassung stürmte nun endlich die Bühne des Gärtnerplatztheaters.
Das Oratorium greift zahlreiche Jokes aus dem Film und dem früheren Schaffen der Monty Pythons auf. Legendär der Satz „Jeder nur ein Kreuz“. Auch ein paar Seitenhiebe dürfen nicht fehlen. Da ist das Genderthema, in dem Stan alias Loretta die konsequente Nennung auch der weiblichen Form fordert. Die Sequenz wurde 1:1 aus dem über 40 Jahre alten Film übernommen und hat an Aktualität nichts verloren. In der Szene, da die Menschenmasse einer banalen Sandale „als Zeichen des Messias“ folgt, wird derjenige, der Vernunft einfordert, vom Kollektiv mit Stöcken gejagt. Da können durchaus ein paar andere Bilder vor dem geistigen Auge auftauchen…
Bravo dem Gärtnerplatztheater für knapp eineinhalb vergnügliche, ausgelassene, kurzweilige und inspirierende Stunden! „Always Look on the Bright Side of Life“ nehmen wir als Hymne mit nach Hause und freuen uns, wenn wir zum Pfeifen die Masken wieder absetzen dürfen.
Dr. Petra Spelzhaus, 17. Juli 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Dirigat: Howard Arman
Regie: Nicole Claudia Weber
Choreografie: Rita Barão Soares
Kostüme: Caroline Czaloun-Moore
Licht: Michael Heidinger
Choreinstudierung: Felix Meybier
Dramaturgie: Michael Alexander Rinz
Evangelist / Stan / Mr. Cheeky: Erwin Windegger
Judith / Sopran: Julia Sturzlbaum
Mandy / Alt: Anna Agathonos
Brian / Tenor: Maximilian Mayer
Reg / Schwanzus Longus / Bass: Alexander Grassauer
Mrs. Betty Parkinson / Pontius Pilatus / Und der auch noch: Peter Neustifter
Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz