Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ gewinnt die Herzen des HH-Publikums mit einer ausgezeichneten Besetzung

Eugen Onegin, Oper von Peter I. Tschaikowsky  Staatsoper Hamburg, 14. Februar 2023

Nach dem 4. Bild, Tatjanas Namenstag: Peter Hoare (Triquet), Janina Baechle (Filipjewna), Ruzan Mantashyan (Tatjana), Alexey Bogdanchikov (Eugen Onegin), Dovlet Nurgeldiyev (Wladimir Lenski), Marta Swiderska (Olga), dahinter Katja Pieweck (Larina), Hubert Kowalczyk (Ein Hauptmann) (Foto: RW)

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielte unter der Leitung von Lidiya Yankovskaya fabelhaft auf, die Gefühlswelten dieser Oper immer wieder intensiv durchmessend. Der Schlussbeifall für diese musikalische Sternstunde in der Hamburgischen Staatsoper war langandauernd und jubelnd und schloss alle Beteiligten ein.

Eugen Onegin, Oper von Peter I. Tschaikowsky

90. Vorstellung seit der Premiere am 11. Februar 1979

Staatsoper Hamburg, 14. Februar 2023


von Dr. Ralf Wegner

Über der Aufführung lag ein Schleier von Traurigkeit. Bei früheren Vorstellungen war mir das nie so aufgefallen. Vielleicht berührt Tschaikowskys Oper über unerfüllte Liebe mehr, je älter man wird. Jüngere würden wahrscheinlich sagen, wie blöd kann Tatjana eigentlich sein, um sich nach einem unverbindlichen Besuch einem wildfremden Mann an den Hals zu werfen.

Tatjana ist aber für ihren Mut zu bewundern, sie wirft sich Onegin nicht an den Hals, sondern bekennt sich zu ihren Gefühlen und überlässt ihm die Wahl. Sie macht etwas, was früher Männern vorbehalten war, sich zu einer Liebe zu bekennen und ggf. einen Korb hinzunehmen.

Die armenische Sopranistin Ruzan Mantashyan war diese Tatjana. Sie sang und spielte überzeugend, ihre Ängste, freudigen Erwartungen und Gefühlswallungen auch stimmlich durchlebend. Sie überwältigte mit strahlkräftigem, blauweiß bis silbern schimmerndem Timbre, manchmal auch mit zur Rolle passender Härte in der Stimme, vor allem im letzten Bild, wenn sie Onegin von sich weist. Alexey Bogdanchikov sang den pedantischen, zur Schwermut neigenden, sich nicht binden wollenden Helden dieser Oper. Stimmlich war er groß in Form mit seinem bronzefarbenen, in der Höhe üppig strahlendem Bariton.

Nach dem 7. Bild, das Fest bei Gremin ist vorbei: Alexey Bogdanchikov als Eugen Onegin und Ruza Mantashyan als Tatjana (Foto: RW)

Am meisten überraschte mich Marta Swiderska als Tatjanas jüngere Schwester Olga. Wie diese als Mezzo eingestufte Sängerin noch der tiefsten Tiefe stimmlichen Klang verlieh, habe ich bei dieser Partie bisher noch nicht erlebt. Swiderska hatte schon vor wenigen Tagen in der Rolle der Sonjetka in Schostakowitsch’ Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ mit ihrer sinnlichen Stimme überzeugt.

Der Tenor Dovlet Nurgeldiyev und der Bass Alexander Tsymbalyuk sangen Lenski und Gremin. Besser als von diesen beiden lassen sich die Arien in dieser Oper (Wohin, wohin bist du entschwunden und Ein jeder kennt die Lieb auf Erden) heute auf der Opernbühne kaum singen. Nurgeldiyev mit seinem goldglänzenden Timbre legt alle Trauer in seine Arie, wohl wissend, dass er das Duell mit Onegin nicht überleben wird.

Auch Tsymbalyuks Bassarie, die eigentlich von Liebeserfüllung erzählt, bricht die Trauerstimmung nicht. Tschaikowsky komponierte Gremins Arie so, dass es für Onegin und auch für uns Zuschauer eher wie ein trauriger Abschied von der Liebe wirkt. Aber mit was für einer Stimme mit glänzender Höhe und ausreichend schwarzer Tiefe durchmisst Tsymbalyuk die Spannweite dieser Arie. So etwas habe ich bisher auf der Bühne nur bei Kurt Moll als Gremin gehört.

Auch die anderen Partien waren herausragend besetzt; so mit Katja Pieweck als Tatjanas und Olgas Mutter Larina oder mit Janina Baechle als Tatjanas fürsorgliche Amme Filipjewna. Peter Hoare sang zur Begeisterung der Chordamen klangvoll das Zweistrophenlied des Triquet; Hubert Kowalsky, Han Kim und Andre Nevans ergänzten das vorzügliche Ensemble als Hauptmann, Saretzki und Vorsänger.

Vor dem Vorhang: Han Kim (Saretzki), Alexander Tsymbalyuk (Fürst Gremin), Dovlet Nurgeldyev (Lenski), Ruzan Mantashyan (Tatjana), Alexey Bogdanchikov (Eugen Onegin), Lidiya Yankovskaya (musikalische Leitung) (Foto: RW)

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielte unter der Leitung von Lidiya Yankovskaya fabelhaft auf, die Gefühlswelten dieser Oper immer wieder intensiv durchmessend. Der Schlussbeifall für diese musikalische Sternstunde in der Hamburgischen Staatsoper war langandauernd und jubelnd und schloss alle Beteiligten ein. Was etwas störte, war, dass der Zwischenbeifall häufiger noch vor Ende der Arien oder der Aktschlüsse einsetzte. Es gibt für die Folgeaufführungen noch Karten (für den 18., 22. und 25. Februar). Ein Besuch dieser Vorstellung nach der Inszenierung von Adolf Dresen und in den wunderbar zur musikalischen Stimmung passenden Bühnenbildern von Karl-Ernst Herrmann aus dem Jahre 1979 ist unbedingt empfehlenswert.

Dr. Ralf Wegner, 15. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Staatsoper Hamburg, 14. Februar 2023“

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