Foto: „Der Schatzgräber“, Regie: Christof Loy, Premiere am 1. Mai 2022 Deutsche Oper Berlin, Copyright: Monika Rittershaus
Das Publikum folgt dem langen Opernabend mit wachsender Begeisterung, am Ende hat die Aufführung wohl auch noch den letzten Zuschauer in ihren Bann gezogen. Bitte mehr davon!
Deutsche Oper Berlin, 1. Mai 2022 PREMIERE
Franz Schreker
Der Schatzgräber
Narr Michael Laurenz
Elis Daniel Johansson
Els Elisabet Strid
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Musikalische Leitung Marc Albrecht
Inszenierung Christof Loy
Bühne Johannes Leiacker
von Peter Sommeregger
Der Komponist Franz Schreker gehört zu jenen Komponisten der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, die es neu zu entdecken gilt. Nicht erst die Nationalsozialisten bereiteten seiner bis dahin erfolgreichen Karriere als Opernkomponist ein Ende, bereits um 1928 begann sein Stern zu verblassen. Dabei hatten die Aufführungszahlen seiner Opern zeitweise jene der Opern von Richard Strauss übertroffen.
Seit einigen Jahren hat, ähnlich wie für das Werk Erich Wolfgang Korngolds, eine allmähliche Renaissance eingesetzt. Man weiß heute die phantasievollen expressionistischen Werke jener Zeit wieder zu schätzen, bühnenwirksam sind sie in jedem Fall und bieten für die Sänger interessante Rollen. Nun wagt sich die Deutsche Oper Berlin also wieder an den „Schatzgräber“, eine Idee, die man am Ende dieses denkwürdigen Opernabends nur begrüßen kann. Wie für fast alle seine Opern hat Schreker dieses Libretto selbst verfasst, erzählt darin eine märchenhafte, aber tiefenpsychologisch aufgeladene Geschichte, die bis in die Grenzbereiche menschlicher Gefühle vordringt. Da gibt es Mord und Totschlag, Gier nach Gold, aber vor allem große Gefühle und dramatische Wendungen. Den beiden Hauptfiguren Elis und Els schrieb der Komponist Schreker pralle, prachtvolle Rollen, die aber mehr als fordernd sind.
Mit dem schwedischen Heldentenor Daniel Johansson und der ebenfalls schwedischen Sopranistin Elisabet Strid fand man tatsächlich eine ideale Besetzung. Johanssons kräftiger Tenor bewältigt auch die lyrischen Passagen mühelos und setzt sein schönes Timbre sehr individuell ein. Strid überzeugt in den großen dramatischen Ausbrüchen, aber auch sie kann ihren technisch brillanten Sopran jederzeit für die lyrischen Abschnitte zurücknehmen. Die Charakterrolle des Narren ist bei Michael Laurenz bestens aufgehoben, der Tenor ist inzwischen schon ein Spezialist für Charaktertenor-Partien. Auch die Sänger der kleineren Rollen, fast ausschließlich aus dem Ensemble besetzt, können sich alle hören lassen und sind Teil einer großartigen Ensemble-Leistung.
Marc Albrecht steht am Pult und erweist sich erneut als Experte für die Musik jener Epoche und entlockt dem inspiriert aufspielenden Orchester der Deutschen Oper wahre Zauberklänge.
Die Regie lag in den bewährten Händen von Christof Loy, der in den letzten Jahren bereits einige erfolgreiche Produktionen an diesem Haus und anderswo präsentiert hat. Loy besitzt ein Gespür für schwierige Charaktere und vielschichtige Stoffe, ihm gelingt auch diesmal eine genau gearbeitete Personenführung; bei der zwischen Märchen und Realismus wechselnden Handlung keine leichte Aufgabe. Johannes Leiacker hat ihm dafür ein elegantes Einheits-Bühnenbild gebaut, das einen marmorgetäfelten großen Salon mit Kamin und hohem Fenster darstellt. Es dient sowohl als königliches Ambiente, als auch als Schauplatz aller übrigen Szenen.
Das ist bei der eher komplizierten Handlung stellenweise zwar verwirrend, dank Loys ausgefeilter Regiearbeit am Ende aber doch stimmig und atmosphärisch dicht.
Das Publikum folgt dem langen Opernabend mit wachsender Begeisterung, am Ende hat die Aufführung wohl auch noch den letzten Zuschauer in ihren Bann gezogen. Bitte mehr davon!
Peter Sommeregger, 2. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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