Der Dresdner Pianist Peter Rösel berührt mit Schuberts Klaviersonaten

Franz Schubert, Klaviersonate A-Dur D 959, Klaviersonate B-Dur D 960, Peter Rösel, Klavier  Kulturpalast Dresden, 25. November 2022

Dem dankbaren, begeisterten Applaus nimmt sich Peter Rösel mit zwei Zugaben – ebenfalls Schubert – an. Als zweites Zugabenstück erklingt wie schon im April dieses Jahres das Impromptu As-Dur mit seinen pathetisch-triumphierenden punktierten Viertelnoten und quirlig-sprudelnden Triolen. Zum Niederknien schön.

Franz Schubert

Klaviersonate A-Dur D 959
Klaviersonate B-Dur D 960

Peter Rösel, Klavier

Kulturpalast Dresden, 25. November 2022

von Pauline Lehmann

Sein zweites Recital im Dresdner Kulturpalast in diesem Jahr widmet der Pianist Peter Rösel ausschließlich Franz Schubert. Mit den Klaviersonaten A-Dur D 959 und B-Dur D 960 erklingen die letzten beiden Klaviersonaten, die der Wiener Komponist in seinem Todesjahr 1828 komponierte – ein Jahr, das bis zum unerwarteten Tod des Komponisten am 19. November musikalisch überaus produktiv war. Von ihrem klanglichen Gehalt sind die beiden Klaviersonaten, die sich mit der Sonate c-Moll D 958 zu einer Trias verbinden, so gar keine Abschiedsmusiken. Im Rondo der A-Dur-Sonate ist das Vorbild Ludwig van Beethoven zwar präsent, aber es zeigt sich vielmehr ein Schubert, der selbstbewusst und selbstsicher neue Wege beschreitet und neue Formen des freien, subjektiven Ausdrucks und der epischen Anlage seiner Klaviermusik findet.

Schuberts letzte drei Klaviersonaten, von denen Peter Rösel im Dresdner Kulturpalast die letzten beiden zum Erklingen bringt, sind mit ihrer annährend dreiviertelstündigen Dauer von sinfonischer Länge und der Komponist beschreitet mit ihnen den gleichen Weg, den er bereits zuvor mit seinen Streichquartetten gegangen war, mit denen er sich „den Weg zur großen Symphonie“ bahnte, wie er im Brief vom 31. März 1824 an Leopold Kupelwieser geschrieben hatte.

Peter Rösel gibt ganz der Musik das Wort. Völlig uneitel, empathisch und berührend spürt der 77-jährige Pianist den kontrastreichen Klangwelten von Schuberts Klaviersonaten nach. So beginnt der erste Satz der A-Dur-Sonate, ein Allegro, kraftvoll und choralartig und nach einem Schluss mit weichen, samtenen Arpeggien schließt sich ein Andantino an, in dem sich eine lethargisch-melancholische Melodie mit einer schwarzen Schleppe langsam vorwärts drängt, um schließlich über Triller, Arpeggien und Läufe aus ihrem Gang auszubrechen.

Dass der Satz den Pianisten Alfred Brendel zum Befund einer „abenteuerlich schweifenden, fast improvisatorischen Freiheit“ bewog und andere Interpreten sich sogar an Chopin erinnert fühlen, lässt sich nachspüren. Nach der Pause nimmt Peter Rösel das Publikum in dem langen ersten Satz der B-Dur-Sonate schließlich mit auf eine Reise in immer neue und vielfältig schattierte Klangwelten und -räume. Im letzten Satz von Schuberts B-Dur-Sonate liegen Freude und Tragik besonders nah beieinander, sie scheinen zwei Seiten einer Medaille zu sein und Peter Rösel vermag es, diese Gratwanderung musikalisch eindringlich zu durchdringen.

Dem dankbaren, begeisterten Applaus nimmt sich Peter Rösel mit zwei Zugaben – ebenfalls Schubert – an. Als zweites Zugabenstück erklingt wie schon im April dieses Jahres das Impromptu As-Dur mit seinen pathetisch-triumphierenden punktierten Viertelnoten und quirlig-sprudelnden Triolen. Zum Niederknien schön.

Im Saal sind ganze Reihen und Ränge freigeblieben. Für einen Klaviersoloabend ist die Saalakustik, die hin und wieder den Interpreten und dem Publikum Fallen stellt, brillant geeignet, so dass ich mich trotz der Leere im Saal in keine kleinere Location wünsche. Jeder Ton kommt kristallklar an meinem Platz im Parkett an.

Pauline Lehmann, 12. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Schubert, Schumann, Brahms, Alexandra Dovgan, Klavier Wiener Konzerthaus, Mozartsaal,

Franz Schubert, Ausgewählte Lieder, Schwanengesang Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin, 3. Dezember 2022

Markus Hering, Lesung – Eloïse Bella Kohn, Klavier Wiener Konzerthaus, Schubertsaal, 12. Oktober 2022

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