Don Pasquale an der Wiener Staatsoper: Kurzweilig, aber kein musikalischer Höhepunkt

Gaetano Donizetti, Don Pasquale,  Wiener Staatsoper, 11. Juni 2019

Foto: © Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Gaetano Donizetti, Don Pasquale
Wiener Staatsoper, 11. Juni 2019

Enrique Mazzola, Dirigent
Irina Brook, Regie
Noëlle Ginefri-Corbel, Bühne
Sylvie Martin-Hyszka, Kostüme

Roberto De Candia, Don Pasquale
Dmitry Korchak, Ernesto
Orhan Yildiz, Malatesta
Irina Lungu, Norina/Sofronia
Wolfram Igor Derntl, Notar

Orchester der Wiener Staatsoper
Chor der Wiener Staatsoper

von Julia Lenart

Die Wiener Staatsoper steht für qualitativ hochwertigen Operngenuss. Da darf man sich von einem Don Pasquale einiges erwarten. Es ist eine von Donizettis wenigen Opere Buffe und gilt in der Musikwissenschaft als eines seiner Meisterwerke. Die Aufführung in der Staatsoper enttäuscht den Zuseher sicherlich nicht, aber vom Hocker reißt sie ihn auch nicht.

Nachdem sich das Publikum langsam gesetzt hat, betritt Enrique Mazzola das Dirigierpult und leitet das Wiener Staatsopernorchester zur Ouvertüre an. Der Anfang ist abrupt, klingt gar ein bisschen harsch. Ungenau gestimmte Holzbläser, verworrene Klänge, plötzliche Dynamikwechsel: So einfach und unbeschwert, wie man die Musik kennt, ist sie an diesem Abend nicht.

Generell wirkt das Orchester zu laut. Das Sängerensemble muss oftmals gegen die dominanten Orchesterklänge ankämpfen. Don Pasquales erstes Solo geht stellenweise unter. Dabei beweist Roberto De Candia in der Hauptrolle einiges an schauspielerischem, musikalischem und nicht zuletzt technischem Geschick. Er ist ein mehr als glaubwürdiger greiser Junggeselle, der auf der Suche nach einer jungen Braut von seinem Arzt Malatesta hinters Licht geführt und eines Besseren belehrt wird.

Gerade im Zusammenklang mit seinen Sängerkollegen kann sich De Candia beweisen. Wie harmonisch klingt etwa das Quartett im zweiten Akt (Fra da una parte etcetera) oder das anfängliche Zwiegespräch mit seinem Neffen (Sogno soave e casto)! Über De Candias gespielte Impertinenz, die schließlich in Verzweiflung umschlägt, kann man sich wirklich köstlich amüsieren.

Durchaus solide zeigt sich Orhan Yildiz als Malatesta. Es ist schon unverschämt frech, wie er seinem Freund die Falle stellt. Doch das Publikum fiebert mit ihm mit – schließlich scheint er moralisch überlegen zu sein. Zwar kommen nicht alle Stellen luftig-leicht, doch im Großen und Ganzen zeigt Yildiz beeindruckendes stimmliches Können.

Traditionsgemäß fordert das Publikum eine Zugabe des heiklen, extrem schnellen Duettes des Don Pasquale und des Malatesta im dritten Akt (Aspetta, aspetta, cara sposina). Yildiz und De Candia genießen es sichtlich, noch einmal vor den Vorhang treten zu dürfen und die vielen Textzeilen in höchster Geschwindigkeit herunterzurattern.

Ernesto ist ein typischer lyrischer Donizetti-Tenor: unglaublich schwer zu singen. Er muss an manchen Stellen Höhen erreichen, die beinahe ans Unmögliche grenzen – und das mit unverschämter Leichtigkeit. Dmitry Korchak wächst recht schnell in seine Rolle als verzweifelter Liebhaber hinein; sein Leiden im anfänglichen Duett (Sogno soave e casto) mit seinem Onkel, der ihm die Hochzeit mit seiner geliebten Norina verbietet, nimmt man ihm ab. Gefühlvoll bringt er gemeinsam mit seiner Bühnenpartnerin Irina Lungu das Liebesduett (Tornami a dir che m’ami) im dritten Akt zum Klingen. Doch die Frische eines jugendlichen Tenors, der Höhenglanz seiner Stimme, die fehlen ihm zuweilen.

Die einzige weibliche Hauptrolle, Norina beziehungsweise Sofronia, wird von Irina Lungu gesungen. Ihre Darstellung ist ein wenig zwiespältig. Sie schafft es stimmlich nicht ganz, das jugendliche Mädchen zu geben. Wohingegen sie eine großartige, bösartig-freche Furie gibt, in die sich Sofronia verwandelt, sobald der Trauschein unterschrieben ist. Manchmal etwas schrill mit viel Vibrato, ist sie doch überwiegend an den musikalischen Höhepunkten des Abends beteiligt und sorgt für viel Witz und Humor, was dem Stück guttut.

Am Ende bleibt die Moral, dass ein Greis kein junges Mädchen heiraten sollte. Musikalisch kann die Inszenierung nicht gänzlich überzeugen, aber schauspielerisch wird hier äußerst kurzweiliges Musiktheater geboten.

Julia Lenart, 12. Juni 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

 

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