Die Hamburger Erstaufführung von Donizettis Oper Maria Stuarda begeistert das Publikum mit großartigem Belcanto

Gaetano Donizetti, Maria Stuarda  Staatsoper Hamburg, 16. März 2025 Erstaufführung

Weitere sechs Aufführungen mit Ermonela Jaho, Barno Ismatullaeva und Long Long wird es noch bis zum 2. April 2025 geben. Der Besuch ist sehr zu empfehlen!

Barno Ismatullaeva (Elisabetta) und Ermonela Jaho (Maria Stuarda) (Foto: RW)

Ungetrübter Jubel galt auch Karin Beier, der Intendantin des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg und ihrem Team. Unbeeinträchtigt von sonst häufig bei Neuinszenierungen erlebten inszenatorischen Mätzchen verdeutlichte sie mehr das politische Drama als sich auf das eher oberflächliche Dreiecksverhältnis Elisabetta – Roberto – Maria zu konzentrieren.

Maria Stuarda, Tragedia lirica in zwei Akten
Text von Giuseppe Bardari nach Friedrich Schiller

Inszenierung von Karin Beier

Musik von Gaetano Donizetti

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Antonino Fogliani

Staatsoper Hamburg, Erstaufführung, 16. März 2025

von Dr. Ralf Wegner

Eigentlich ist es sonderbar: Diese Belcanto-Oper von Gaetano Donizetti erlebte gestern, 190 Jahre nach der Uraufführung, erstmals ihre Hamburger Premiere. Vielleicht fehlen diesem Werk die großen, sich zum Ohrwurm entwickelnden Arien, wie sie Donizetti für Lucia di Lammermoor komponierte, um das Publikum zu binden. Wenn aber zwei herausragende Sängerinnen für die Partien der Maria und der Elisabetta zur Verfügung stehen, sollte sich diese Oper im Spielplan halten können.

Ungetrübter Belcantogesang führte diese Oper jetzt auch in Hamburg zum Erfolg

Ermonela Jaho sang die Partie der Maria Stuarda zum ersten Mal. Ihr runder, weicher, vom Stimmklang her leicht karamelltonfarbiger, in der Höhe groß aufblühender Sopran trug weit in den Raum und überstrahlte den Chor, aber ohne ihn dominant zu überschallen. Der etwas herbere Stimmklang von Barno Ismatullaeva passte gut zur psychischen Verfassung ihrer Konkurrentin, der rachsüchtigen, aber auch um Anerkennung buhlenden Elisabetta. Beide Sängerinnen sangen und spielten ihre Rollen mustergültig und wurden am Ende vom Publikum für ihre Leistungen umjubelt.

Ermonela Jaho, Barno Ismatullaeva, Alexander Roslavets, Katja Danowski © Brinkhoff/Mögenburg

Natürlich gab es in dieser Oper auch Männer, einen Tenor, einen Bariton und einen Bass, und nicht zu vergessen die noch zum Opernstudio gehörende Aebh Kelly (Anna), deren schön klingender Mezzosopran und deren Darstellung als Begleiterin Marias ebenfalls zum Erfolg der Aufführung beitrug.

Die Männer spielen in dieser Oper eine nach-, um nicht zu sagen untergeordnete Rolle. So richtig viel zu singen hatte der von Elisabetta und Maria umworbene chinesische Tenor Long Long als Roberto nicht. In der Höhe klang er wenig charismatisch, mit schönem Farbreichtum gestaltete er aber das zwischen mezzo forte und mezzo piano geführte Duett mit Maria im zweiten Bild. Der Bass Alexander Rosvalets (Talbot) war wie immer gesanglich eine sichere Bank, gleiches galt für Gezim Myshketa, der als von Elisabetta den Tod Marias fordernde Cecil besetzt war.

Karin Beier und ihr Inszenierungsteam (Foto: RW)
Auch Karin Beiers zurückhaltende, sich dem Werk anpassende Inszenierung trug zum Erfolg der Aufführung bei

Ungetrübter Jubel galt auch Karin Beier, der Intendantin des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg und ihrem Team. Unbeeinträchtigt von sonst häufig bei Neuinszenierungen erlebten inszenatorischen Mätzchen verdeutlichte sie mehr das politische Drama als sich auf das eher oberflächliche Dreiecksverhältnis Elisabetta – Roberto – Maria zu konzentrieren.

Bisher noch nie so gesehen ließ Karin Beier zwei das klassische Theaterrepertoire beherrschende Schauspielerinnen, zu Beginn und gleich nach der Pause, vor den Vorhang treten. Sandra Gerling, Ensemblemitglied im Deutschen Schauspielhaus, sprach Texte für Maria, Katja Danowski solche für Elisabetta. Beide deklamierten jeweils ihre eigene politische Sicht über die jeweilige Konkurrentin. Daneben verdeutlichten sie als Doubles während der Oper die von den beiden Protagonistinnen gedachten, aber nicht gesungenen Empfindungen. Karin Beier fügte dem Geschehen damit eine dritte, eine politische Dimension hinzu.

Sängerinnen und Sänger, Choristen und Inszenierungsteam der Oper Maria Stuarda (Foto: RW)

Auch das Bühnenbild von Amber Vandenhoeck passte zur klaustrophobischen Situation, in dem sich Elisabetta ebenso wie Maria befanden. Hohe Betonsteinwände umfassten die Szenerie, in deren Inneren ein auf der Drehbühne beweglicher Quader je nach Bedarf verschiedene Räume zeigte. Die Assoziation an ein Gefängnis war wohl gewollt. Die von Eva Dessecker entworfenen Kostüme entsprachen einem zeitnahen historisierenden Stil. Videoprojektionen (Severin Renke) zeigten historische Abbildungen der beiden Königinnen, reichlich Blut und das demütigende Scheren der Haare Marias vor der Hinrichtung.

Opernintendant Georges Delnon verabschiedet den Chordirektor Eberhard Friedrich, dazwischen Long Long (Roberto) (Foto: RW)

Das Philharmonische Staatsorchester trug unter der Leitung von Antonino Fogliani ebenso zum Gelingen der Aufführung bei wie der Chor. Dessen Direktor Eberhard Friedrich wurde am Ende auf der Bühne vom Intendanten Georges Delnon sowie unter Beifall des Publikums freundlich verabschiedet. Das Publikum war von der Aufführung begeistert, wenngleich der Jubel nicht wagnerische Ausmaße erreichte.

Man wird sehen, ob die unter der Intendanz von Tobias Kratzer bei späteren Folgeaufführungen im Februar und März 2026 eingesetzten Ensemblemitglieder Raffaella Lupinacci (Elisabetta) und Oleksiy Palchykov (Roberto) sowie die italienische Sopranistin Mariangela Sicilia als Maria Stuarda ebenso erfolgreich sein werden wie die jetzige Besetzung.

Weitere sechs Aufführungen mit Ermonela Jaho, Barno Ismatullaeva und Long Long wird es aber noch bis zum 2. April 2025 geben. Der Besuch ist sehr zu empfehlen.

Dr. Ralf Wegner, 17. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Klein beleuchtet kurz Nr 16: Norma in Hamburg Staatsoper Hamburg, 22. Februar 2024

Barno Ismatullaeva, Sopran, Leon Gurvitch, Klavier Elbphilharmonie Hamburg, 24. September 2023

Gaetano Donizetti, La fille du régiment Nationaltheater, München, 22. Dezember 2024

Gaetano Donizetti, The Elixir of Love ENO im London Coliseum, 15. November 2024 Premiere

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