Georg Friedrich Händel, The Messiah (Der Messias), HWV 56
Symphonischer Chor Hamburg
Elbipolis Barockorchester Hamburg
Johanna Winkel Sopran
Geneviève Tschumi Alt
Markus Schäfer Tenor
Thomas Laske Bass
Matthias Janz Dirigent
von Ricarda Ott
Foto: Simon Redel (c)
„King of Kings, Hallelujah, Hallelujah, and Lord of Lords, Hallelujah, Hallelujah!“: der Schlussgesang im zweiten Teil des Messiah von Georg Friedrich Händel (1685-1759) ist eine der ergreifendsten Stellen der Musikgeschichte. Mit festlichem Klang und sich spannungsvoll steigernder, schmetternder Wucht schickten die 150 Sängerinnen und Sänger des Symphonischen Chores Hamburg am Sonnabend die biblischen Jubelworte in den Großen Saal der Elbphilharmonie. Dieses allseits bekannte „Hallelujah!“ war das Highlight an einem Abend, der rundum begeisterte.
Sonst stets in der Laeiszhalle zu erleben, hatte sich der traditionsreiche Chor um den charismatischen künstlerischen Leiter Matthias Janz in diesem Jahr einen Platz im Spielplan der Elbphilharmonie erkämpfen können – als erster Laienchor der Hansestadt. Auch für das Elbipolis Barockorchester Hamburg und die renommierten Solisten war es eine Premiere im festlichen und selbstverständlich ausverkauften Großen Saal. Der tosende Applaus bereits vor dem ersten Takt der eröffnenden Sinfonia mag da vielleicht nicht unbedingt zur Beruhigung der Nerven beigetragen haben.
Von Nervosität ist aber im Folgenden verblüffend wenig zu bemerken – ein Zeichen der hohen Professionalität aller Beteiligten.
Die Mitglieder des in Hamburg ansässigen Orchesters spielen von Beginn an frisch und im Ausdruck höchst engagiert auf den historischen Instrumenten. Mit der instrumentalen Sinfonia eröffnen sie das Oratorium, stimmen uns mit ausgedehnten, epochentypisch punktierten Rhythmen und Phrasierungen in die Zeit Händels ein.
Während der Rezitative und Accompagnati stützen und umspielen sie, bei den Arien tanzen die Instrumentalisten in fast immer akkuratem Timing mit den Stimmen der Solisten oder treten selbstbewusst in den gemeinsamen Wettstreit. Scharfkantige Fugati, präzise abgestimmte Rhythmen, ein wunderbar aufgelegter Trompeter – ein Vergnügen!
Obwohl alle drei Teile des Oratoriums insgesamt an die 160 Minuten dauern, ist das Stück dank der abwechselnden Struktur der Gattung kurzweilig. Besonders ins Auge sticht der kontrastierende Wechsel des jeweiligen musikalischen und textlichen Ausdrucks der Solistenpartien, den Händel zwar stets mit typisch barocken Zutaten anrichtet, dabei aber meisterlich geschickt und subtil vorgeht.
Es beeindruckt Thomas Laske (Bariton) mit spracheverschlagend präzisen Koloraturlinien und durchdringender Vehemenz in musikalischer und textlicher Hinsicht; die Altistin Geneviève Tschumi wiederum mit ihrer schmerz- und wirkungsvollen Interpretation der Arie „He was despised and rejected of men“; Markus Schäfer (Tenor) in flüssigen, klar verständlichen Accompagnati (Bravo an dieser Stelle auch an die gesamte Basso continuo-Gruppe!) und Johanna Winkel mit glockenhellem, scheinbar mühelos fließendem Sopran, der uns friedlich tröstet und im nächsten Moment mit jagenden Streichern im Gepäck ein wahres Feuer entzündet.
Das sind nur wenige Ausschnitte aus den Partien der vier überzeugenden Solisten, denen man an diesem Abend von vorne bis hinten begeistert zuhörte.
Und der Chor? Der ist so etwas wie das Herz und die Seele des Konzertes.
Matthias Janz ist es auch in diesem Konzert wieder gelungen, der sechsreihigen Wand aus Sängerinnen und Sängern – allein optisch schon äußerst wirkungsvoll – ihr Bestes abzuverlangen. Stimmlich reichhaltig aufgestellt, ausbalanciert und gut miteinander intonierend, berührt der Chor bei jedem Einsatz mit vielfältiger Klangschönheit und gutem textlichen Ausdruck.
Dass da bisweilen auch mal ein schneller Lauf nicht ganz im Takt rollt, eine Phrase übereifrig wirkt oder ein Einsatz weniger knackig kommt als noch der vorherige, tut nicht wirklich etwas zur Sache. Es zeigt vielmehr wie komplex der Apparat „Chor“ (und auch die Gattung Oratorium) funktioniert und wie sehr es auf eine gute interne Abstimmung ankommt. Bei einer Konzertlänge von insgesamt 3 ¾ Stunden ist das wiederum eine Leistung für sich.
Ein ausdrückliches Bravo an den erfahrenen, souverän dirigierenden Matthias Janz, der alle Beteiligten für diese herrliche Musik zusammenführt, stets auch zusammenhält und am Ende einzelne Rosen aus seinem eigenen Strauß im Orchester verteilt, bis er selbst nichts mehr in der Hand hält.
Ohne Aufopferung ist ein solches Konzert nicht zu stemmen – das weiß auch das Publikum und spendet vor den Pausen, nach den Pausen und ganz zum Schluss stehend tosenden Applaus. Ein festliches, euphorisierendes Konzert mit einem einzigen Haken: wie bekommt man das „Hallelujah“ je wieder aus dem Kopf?
Ricarda Ott, 10. Dezember 2017, für
Klassik-begeistert.de
Herzlichen Dank für den schönen Artikel!
Da wäre ich zu gerne dabei gewesen! Diese „sechsreihige Wand aus Sängerinnen und Sängern“ hätte ich zu gerne erlebt.
„Wie bekommt man das ‚Hallelujah‘ je wieder aus dem Kopf?“
Dieses Luxusproblem hätte ich gern. 🙂
Sehr, sehr gerne hätte ich dieses „Hallelujah“ überhaupt erst in den Kopf hineinbekommen.
Sebastian Koik