Foto © Harald Hoffmann / Deutsche Grammophon
Albrecht Mayer (Oboe), I Musici di Roma
Elbphilharmonie, Großer Saal, 8. Dezember 2017
Antonio Vivaldi Konzert für Streicher und basso continuo g-Moll
Giuseppe Sammartini Konzert für Oboe, Streicher und basso continuo g-Moll
Pietro Castrucci Concerto grosso op. 3 Nr. 4 für Streicher und basso continuo
Antonio Vivaldi Konzert für Oboe, Streicher und basso continuo C-Dur
Antonio Vivaldi Konzert für Oboe, Violine, Streicher und basso continuo H-Dur
Giuseppe Sammartini Concerto grosso op. 2 Nr. 6 für Streicher und basso continuo
Alessandro Marcello Konzert für Oboe, Streicher und basso continuo d-Moll
von Bianca Heitzer
Tesori d’Italia – so lautet nicht nur der Titel des neuen Albums, nein, mit diesen italienischen Schätzen im Gepäck begeisterten der Oboist Albrecht Mayer und das Ensemble I Musici di Roma am Freitagabend auch ihr Publikum in der Elbphilharmonie.
Von vertrauten Klängen des bekannten Marcello-Oboenkonzerts über Werke von Giuseppe Sammartini und Pietro Castrucci bis hin zu Stücken des Violinvirtuosen und Komponisten Antonio Vivaldi: das Programm des Abends stand zwar ganz im Zeichen des italienischen Spätbarocks, überraschte aber mit unterschiedlichsten musikalischen Nuancen und Farben.
Mit Vivaldis Stück für Streicher und basso continuo in g-Moll eröffneten I Musici di Roma das Konzert und machten deutlich, dass sie zurecht zu den traditionsreichsten Ensembles Italiens gehören. In den rasenden Allegro Sätzen bewiesen sie Präzision und Sicherheit und brillierten besonders im späteren Zusammenspiel mit Albrecht Mayer durch Sensibilität und Klangschönheit.
Doch wie verhält man sich als Musiker auf der Bühne, wenn das Publikum weitaus weniger Sensibilität und Taktgefühl an den Tag legt? Kurz vor Einsetzen der ersten Töne des Andante Sostenuto aus Sammartinis Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo betritt eine Gruppe von Nachzüglern den Saal der Elbphilharmonie, suchend Ausschau haltend nach den richtigen Plätzen. Anstatt diese Störung verunsichert zu ignorieren, setzen der Solooboist der Berliner Philharmoniker und I Musici di Roma ihre Instrumente noch einmal ab, demonstrativ abwartend, bis auch die letzten ihre Sitze gefunden haben.
Und dann erklingen sie, jene weichen, sanglichen Töne, für die Albrecht Mayer so bekannt ist. Die Idee, dass das eigene Instrument der menschlichen Stimme am nächsten sei, hört man ja durchaus des Öfteren von Musikern verschiedenster Instrumentengruppen. Bei Mayer hat man allerdings tatsächlich das Gefühl, dass die Töne, die er seiner Oboe entlockt, in Klang und Duktus einer Sängerstimme gleichen. Musizierend, dirigierend und an manchen Stellen moderierend, dabei immer in Bewegung und in Kontakt zum Publikum führte er durch den Abend und das trotz „Männergrippe“, aufgrund derer das Konzert fast nicht hätte stattfinden können, wie er erklärte.
Auch nach der Pause folgten weitere Tesori d‘Italia von Sammartini und Alessandro Marcello sowie Antonio Vivaldis Konzert für Oboe, Violine, Streicher und basso continuo in H-Dur. Im dialoghaften Wechselspiel zwischen Oboe und Sologeige (Antonio Anselmi) verklangen die letzten Melodien des Largo sanft in den Weiten der Elbphilharmonie – bis ein lautes Husten diesen grandiosen Moment abrupt durchbrach. Was danach folgte, zeigt vermutlich, wie die Darbietenden des Abends die Kunstform „Konzert“ begreifen: als gemeinsames Erleben, bei dem die Zuhörerinnen und Zuhörer als Gäste einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des musikalischen Geschehens leisten. In diesem Sinne griff Albrecht Mayer beherzt zum Mikrophon und äußerte zwar Verständnis für jedes krankheitsbedingte Husten, bat jedoch das Publikum dies unauffällig und nicht inmitten einer musikalisch „heiligen Stelle“ zu tun.
Die Zugaben „Ich hatte viel Bekümmernis“ von Johann Sebastian Bach für Oboe, Violine und Orchester und “Lascia ch’io pianga“ von Georg Friedrich Händel rundeten diesen Abend in der Elbphilharmonie ab und sorgten für viel Applaus und stehende Ovationen – trotz oder vielleicht gerade dank der deutlichen Worte Albrecht Mayers.
Bianca Heitzer, 10. Dezember 2017, für
klassik-begeistert.de
Foto: Harald Hoffmann
Musikalisch „heilige Stelle“. Das gefällt mir – und das hat Albrecht Mayer schön gesagt.
In der weitgehend säkularisierten Welt der Gegenwart sind Konzertsäle in der Tat letztendlich so ziemlich die letzten Orte der Heiligkeit, Spiritualität und Magie.
Leider kleben viele der Konzertbesucher mit ihrere ganzen Existenz in der Banalität des Diesseits. Jeder Zauber ist ihnen fremd – und sie haben auch keine Hemmungen bar jeglicher Sensibilität das unverstandene Fremde zu zerstören.
Das genannte Album „Tesori d’Italia“ ist in Stückauswahl und Interpretation wirklich sehr schön und empfehlenswert!
Albrecht Mayer ist ein wunderbarer Oboist, I Musici di Roma ein exzellentes Orchester.
Sebastian Koik