Wenn Puccinis Fanciulla so klingt, handelt es sich um eine Sternstunde des Operngesangs

Giacomo Puccini, La fanciulla del West  Hamburgische Staatsoper, 26. März 2025

Das Fanciulla-Ensemble: In der Mitte Anna Pirozzi (Minnie), rechts davon Claudio Sgura (Jack Rance), links von ihr Francesco Ivan Ciampa (musikalische Leitung), Gregory Kunde (Dick Johnson) und Tigran Martirossian (Sonora) (Foto: RW)

Es war eine Sternstunde des Operngesangs, getragen von einem herausragend spielenden Orchester. Der Jubel des Publikums ob der grandiosen Leistung auf der Bühne und im Graben hielt lange an. Was der Rezensent bei Opern-Repertoireaufführungen noch nicht erlebt hatte, war, Claudio Sgura, Gregory Kunde und Anna Pirozzi wurden Blumensträuße auf die Bühne geworfen.

La fanciulla del West, Oper von Giacomo Puccini

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung   Francesco Ivan Ciampa

Italienische Opernwochen, Hamburgische Staatsoper, 26. März 2025

von Dr. Ralf Wegner

Ein Mann (Bariton) liebt eine Frau (Sopran), die nicht ihn, sondern den Tenor wählt. Und anders als beim ähnlich gelagerten Trovatore (Verdi), stirbt hier niemand, es gibt ein glückliches Ende. Ob der Bariton hier einen Sheriff namens Jack Rance (Claudio Sgura) spielt und einen als Dick Johnson auftretenden Räuber (Tenor, Gregory Kunde) sucht, spielt eigentlich keine Rolle, Hauptsache die Frau (Saloon-Besitzerin Minnie), zieht mit den sie umwerbenden Männern stimmlich gleich.So wie gestern in der Hamburgischen Staatsoper sollte Oper sein, der Gesang schwemmt alles Inszenatorische hinweg, selbst das unbedeutende Bühnenbild. Der Gesang der drei Protagonisten drang zum Herzen und erschütterte den Verstand mit solcher Macht, wie es der Rezensent selten erlebt hat.

Die im dramatischen Verdi- und Puccinifach hochgelobte italienische Sopranistin Anna Pirozzi, die hier, wie zu lesen war, ihre erste Minnie sang, verfügt über eine großartige, in der mittleren Lage wunderbar rund und gleichmäßig strömende und im Forte das Orchester weißglühend überstrahlende Stimme. Pirozzi singt das mit schönem Legato und beeindruckt mit imponierenden Schwelltönen. Wenngleich Minnies Rolle vom vokalen Anspruch her mehr einer Turandot ähnelt und Piano-Gesang nicht im Vordergrund steht, besticht Pirozzis Sopran auch mit weichen, voll klingenden leiseren Tönen.

Anna Pirozzi  © Julian Hargreaves

Und es gelingt Anna Pirozzi, mit vokalen Mitteln ihre Liebe zum stimmlich unverändert präsenten und fast noch jugendlich klingenden Gregory Kunde zum Ausdruck zu bringen. Wie beide Stimmen im apotheotischen Schlussduett harmonieren, ist große, aufeinander Rücksicht nehmende partnerschaftliche Gesangeskunst. Der die beiden um mehr als einen Kopf überragende Claudio Sgura ergänzt mit seinem markanten, schallkräftigen Bariton das Liebespaar aufs Schönste.

Gregory Kunde © Chris Gloag

Zu loben ist auch die bestens singende und spielende Männerriege von mehr als ein Dutzend Goldsuchern, ebenso die zusätzlichen männlichen Choristen. Schon ihre Sehnsuchtsmelodie im ersten Akt beseelte das Herz, ebenso ihr apotheotischer Schlussgesang. Alles war fein aufeinander abgestimmt, und das unter der Leitung von Francesco Ivan Ciampa stehende Philharmonische Staatsorchester spielte großartig auf.

Es war insgesamt eine Sternstunde des Operngesangs, getragen von einem herausragend spielenden Orchester. Der Jubel des Publikums ob der grandiosen Leistung auf der Bühne und im Graben hielt lange an. Was der Rezensent bei Opern-Repertoireaufführungen noch nicht erlebt hatte war, Claudio Sgura, Gregory Kunde und Anna Pirozzi wurden Blumensträuße auf die Bühne geworfen. Es gibt noch zwei Aufführungen in dieser herausragenden Besetzung, Samstag, den 29. März sowie am Freitag, den 4. April.

Dr. Ralf Wegner, 27. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Puccini, La fanciulla del West Hamburgische Staatsoper, 21. März 2025

La Fanciulla del West, Giacomo Puccini Bayerische Staatsoper, Nationaltheater München, 23. Oktober 2022

Giacomo Puccini, „La Fanciulla del West“, Staatsoper Unter den Linden Berlin, 16. Juni 2021

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