Hubert Kowalczyk (Ferrando), Kristina Stanek (Azucena), Marco Berti (Manrico), Olga Peretyatko (Leonora), George Petean (Luna) (Foto: RW)
Als eigentlicher Star des Abends erwies sich die Mezzosopranistin Kristina Stanek, deren Stimme mit warmer, klangvoller Mittellage bis hin zur Tiefe ebenso überzeugte wie mit einer aufblühenden Höhe. Dazu verfügt sie über genügend Klangfarben, um das Drama Azucenas, die ihr eigenes Kind dem Feuer überantwortete, auch stimmlich zum Ausdruck zu bringen.
Il Trovatore
Oper von Giuseppe Verdi
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung Paolo Arrivabeni
Italienische Opernwochen, Hamburgische Staatsoper, 27. März 2025
von Dr. Ralf Wegner
Man zündet keine Menschen an, weder auf der Bühne noch sonst wo
Die Premiere dieser Oper vor gut einem Jahr hatte sich als Fiasko erwiesen, zum einen wegen völligen Ausfalls der Besetzung des Troubadours und Azucenas, zum anderen aber auch wegen der hahnebüchenen Regieeinfälle von Immo Karaman. Diese lenkten mit Komparserie und einem Stuntteam völlig von dem musikalischen Inhalt des Verdi’schen Meisterwerkes ab.
Vor allem stellte Karaman Luna als abstoßenden, aktiven Vergewaltiger auf die Bühne. Ich hatte schon damals angesichts der bekannten diesjährigen Besetzung des Luna vermutet, dass sich George Petean solches nicht bieten lassen wird. Und siehe, diese Szene wurde gestrichen, Luna blieb jetzt seiner Liebe zu Leonora treu. Deshalb firmierte die Neuaufnahme des Trovatore auch als Inszenierung nach Immo Karaman und ebenso die Choreographie nach Fabian Pasca. Warum man dennoch im ersten Akt eine Hausangestellte anzünden musste, es war wohl ein Mitglied des Stuntteams, die mit flammendem Rücken schreiend hinauslief, erschließt sich mir immer noch nicht. Man zündet keine Menschen an, weder auf der Bühne noch sonst wo.

Gesanglich besser als bei der Premierenserie, aber immer noch kein überzeugendes musikalisches Gesamtkunstwerk, wie gestern Abend bei Puccinis Fanciulla
Olga Peretyatkos Sopran verfügt über einen wunderbar samtenen Klang, vor allem im Piano, und ihre Koloraturen perlen wie klare Wassertropfen. Nur hat sich ihre Stimme (noch) nicht zum Spintoformat einer Leonora entwickelt. Sie verlässt sich bei der gesanglichen Interpretation dieser dramatischen Verdipartie ganz auf ihr Piano und gibt ihr ein Kammerkonzert-Ambiente. Ihre Stimme ist für die Leonora zu leise, weder flutet sie mit den Legatobögen der ersten Arie Tacea la notte placida den Raum, noch hat sie die für die Partie notwendige glutvolle Höhe, um das Publikum in den Bann zu ziehen. Vielmehr schleicht sich bei Peretyatko im Forte bereits eine unschöne Schärfe ein. Peretyatko sollte die Leonora oder andere dramatische Partien zwecks Erhalts ihres schönen Timbres meiden. Schon die Norma empfand ich für diese Sängerin als grenzwertig, während sie ihre stimmlichen Meriten als Figarogräfin oder den Frauenpartien in Hoffmanns Erzählungen voll ausspielen konnte.
Als eigentlicher Star des Abends erwies sich die Mezzosopranistin Kristina Stanek, deren Stimme mit warmer, klangvoller Mittellage bis hin zur Tiefe ebenso überzeugte wie mit einer aufblühenden Höhe. Dazu verfügt sie über genügend Klangfarben, um das Drama Azucenas, die ihr eigenes Kind dem Feuer überantwortete, auch stimmlich zum Ausdruck zu bringen.

Solche Farbvariationen fehlten der hellen, bei der Stretta und dem anschließenden all’armi aber höhensicheren Stimme des als Troubadour besetzten Marco Berti. Leider ist er kein ausgesprochener Legatosänger, auch fielen manche Tonunreinheiten auf. Aber welcher Tenor singt den Trovatore bei vergleichbarer Höhensicherheit heutzutage wirklich besser? Da fallen mir nicht viele ein.
George Petean erwies sich als Luna wieder als sichere Bank. Er ist und bleibt wohl weiterhin einer der führenden Verdi-Baritone. Für seine immer noch prachtvoll klingende Liebeserklärung an Leonora Il balen del suo sorriso erhielt er auch dem meisten und längsten Zuspruch, während der Beifall nach Leonoras beiden Arien schon sehr verhalten war. Von den weiteren Partien ist der klare, schallstarke Bass von Hubert Kowalczyk zu erwähnen, und Marie Maidowski machte mit einer schönstimmigen Inez auf sich aufmerksam.
Während der Beifall nach den großen Arien, abgesehen von Peteans Il balen, eher mau blieb, jubelte das Publikum den Protagonisten am Ende ausnahmslos zu. Vielleicht will man sich auch nicht eingestehen, einer nicht so optimalen Aufführung beigewohnt zu haben. Die Blumenwürfe von gestern Abend blieben übrigens keine Ausnahme, auch heute wurden den Protagonisten Blumen zugeworfen.
Dr. Ralf Wegner, 28. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giuseppe Verdi, Il Trovatore Staatsoper Hamburg, 30. März 2024
Giuseppe Verdi, Il Trovatore Staatsoper Hamburg, 17. März 2024 PREMIERE
Giuseppe Verdi, Il Trovatore, Teatro alla Scala, Milano, 18. Februar 2020
Was Kritiken so an sich haben, gibt es da auch andere Meinungen. Beim Beurteilen von Sängerinnen u. Sängern, auch des Dirigenten, bin ich völlig Ihrer Meinung. Nur die Leonora, Olga Peretyatko, war für mich eine Fehlbesetzung. Stimme zu klein, oft gequält, keine jugendlich dramatische Stimme mit Verdifeeling, die für diese Partie gefordert wird. Dieser Meinung war nicht nur ich allein.
Ruth Tipton