Solider Verdi-Abend mit Anlaufschwierigkeiten: Macbeth in der Wiener Staatsoper

Giuseppe Verdi, Macbeth,  Wiener Staatsoper, 05. Mai 2019

George Petean (Macbeth), Tatiana Serjan (Lady). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Giuseppe Verdi, Macbeth
Wiener Staatsoper, 05. Mai 2019

von Manfred A. Schmid (onlinemerker.com)

Die Dreier-Konstellation George Petean in der Titelpartie, Tatiana Serjan als Lady Macbeth und Ferruccio Furlanetto als Banquo ist dem Stammpublikum der Wiener Staatsoper bestens vertraut, prägte sie doch schon die Premiere der – dank des Bühnenbilds von Gary MacCann – noch immer hoffnungslos zubetoniert wirkenden Neuinszenierung von Christan Räth aus dem Jahr 2015.

Soviel gleich vorweg: Die Rezeptionsgeschichte muss, auch fast fünf Jahre danach, nicht neu geschrieben werden.

Tatiana Serjan, die von vielen – im Sinne der Erwartungen des Komponisten, dem es bei dieser Figur weniger auf Schöngesang und vielmehr auf Ausdrucksstärke ankam – als ideale Lady Macbeth gehandelt wird, macht ihre Sache recht gut, auch wenn sie zunächst einen ziemlich suboptimalen Start hinlegt. Intonationsmäßig unsicher und mit verwaschenen Phrasierungen bleibt sie der Partie der ehrgeizzerfressenen, ihren Mann zu Mordtaten drängenden Gattin im ersten Akt Einiges schuldig.

Mit dem Trinklied „Si colmi il calice“ kann sie dann einigermaßen Tritt fassen, doch erst ihre fulminant vorgeführte Schlafwandelszene im vierten Akt, mit der unter die Haut gehenden, irrlichternd vorgetragenen Arie „Una macchia è qui tuttora…“, kann sie ihre darstellerischen Fähigkeiten und das samtig-schöne Timbre ihres Soprans richtig ausspielen. Da sitzen auch die Koloraturen, und die Spitzentöne gelingen mühelos.

Etwas Anlaufzeit braucht an diesem Abend auch George Petean. Er ist ein solider Macbeth, der die Überforderung dieser Figur angesichts der mit Blut erkauften Königswürde glaubhaft verkörpert. In der Konfrontation mit dem Tod gewinnt er klar an Statur. Davon legt seine Arie „Pietà, rispetto, amore“ beredtes Zeugnis ab.


Ferruccio Furlanetto (Banquo). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die dominanteste Erscheinung in dieser Dreier-Konstellation ist und bleibt Ferruccio Furlanetto als Banquo. Fast 35 Jahre nach seinem Staatsoperndebüt im Jahre 1985 weiß er mit seiner noblen Bühnenpräsenz, seinem gepflegten Bassbariton noch immer zu faszinieren. Natürlich hat seine Stimme inzwischen etwas an Glanz eingebüßt und ist etwas tiefer gerutscht, ein Ereignis aber ist er allemal.

Warum er sich beim Applaus vor der Pause nach dem zweiten Akt nur mit allen übrigen Mitwirkenden gemeinsam zeigt und keinen Einzelapplaus abholen will, bleibt ein Rätsel. Widerwillen gegenüber einer Inszenierung, die ihm offenbar schon bei der Premiere, wie man damals schon zu verspüren glaubte, nicht so behagt hat? Man hätte ihn jedenfalls gern gefeiert!

Ensemblemitgied Jinxu Xiahou, in der Premierenbesetzung noch als Malcolm eingesetzt, liefert als Macduff einen passablen Einstand. Im Sextett „Schiudi, inferno, la bocca, ed inghiotti“ hat man freilich den Eindruck, dass er mit der – vom ersten Ton an – extremen Höhe seines Parts doch zu kämpfen hat und etwas kopfstimmig wirkt.

Lukhanyo Moyake fehlt es bei seinem Rollendebüt in der eher undankbaren Rolle als Malcolm (noch?) an der dafür geforderten Durchschlagskraft. Ayk Martirossian und Fiona Jopson sind tadellose, rollendeckende Besetzungen für Spion und Kammerfrau.

Dirgent James Conlon spult das Ganze ziemlich uninspiriert ab. Was an diesem Abend aus dem Orchestergraben kommt, ist also wenig packend. Besonders unsensibel erweist sich Conlon bei den mit jungen Stimmen aus der Opernschule der Wiener Staatsoper besetzten Stimmen der Erscheinungen, die er erbarmungslos zudeckt. Angesichts dieser Umstände fällt es offenbar auch dem in dieser Oper sehr präsent eingesetzten Staatsopernchor schwer, seine gewohnte Hochform zu erreichen. Ein solider Opernabend. Mehr nicht.

Manfred A. Schmid (onlinemerker.com), 06. Mai 2019

 

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