Zum Auftakt Champagner! Berlioz‘ "Benvenuto Cellini" eröffnet das Musikfest Berlin

Hector Berlioz, Benvenuto Cellini, John Eliot Gardiner, Orchestre Révolutionnaire et Romantique, Monteverdi Choir, Philharmonie Berlin, 31. August 2019

Foto: © The Monteverdi Choir and Orchestras Limited

Hector Berlioz, Benvenuto Cellini
Philharmonie Berlin, 31. August 2019

von Peter Sommeregger

Die erste Oper aus der Feder von Hector Berlioz greift eine Episode aus der Autobiographie des Renaissance-Bildhauers Benvenuto Cellini auf. Sie spielt während des römischen Karnevals und bereits die Ouvertüre sprüht vor musikalischen Einfällen, der einleitende Chor vermittelt überschäumende Lebensfreude. Champagner für alle also.

Sir John Eliot Gardiner treibt das Orchestre Revolutionnaire et Romantique mit Elan zu großem Tempo und Lautstärke an, beinahe ist es während der Karnevalszenen schon zu viel des Guten, aber es macht Effekt und erzeugt im Saal eine ausgelassene Stimmung. Die Wucht der- vom Monteverdi Choir exzellent gesungenen- Chöre lässt schon an Berlioz‘ opus magnum, die Trojaner denken. Hier werden sie mit großer Spielfreude und Temperament ausgeführt.

Man hat sich für eine von Gardiner eingerichtete halbszenische Aufführung des Werkes entschieden, eine gute Lösung, die Protagonisten entwickeln durchaus mimisches Talent. Nicht auszudenken, was ein zeitgenössischer Regisseur mit dieser im Prinzip simpel gestrickten Handlung angestellt hätte!

Eine Aufführung dieser Oper steht und fällt mit der Besetzung der Titelrolle, die einen lyrischen Tenor mit Spinto-Qualitäten erfordert . Der Amerikaner Michael Spyres verfügt über alle hier geforderten Tugenden und füllt die Rolle musikalisch wie darstellerisch hervorragend aus. Lediglich in seiner großen Arie, die etwas ungünstig erst im letzten Bild zu singen ist, kann man Momente der An- aber noch nicht Überanstrengung ausmachen, was die Gesamtleistung nicht wirklich trübt.

Problematischer ist die Besetzung der beiden weiblichen Rollen. Cellinis Geliebte Teresa findet in der puerto-ricanischen Sopranistin Sophia Burgos eine aparte Interpretin, stimmlich weist ihr lyrischer Sopran aber deutliche Defizite auf. Zwar verfügt die Stimme über ein ansprechendes Timbre, aber den Abschluss der gesungenen Phrasen bleibt sie uns regelmäßig schuldig. Ähnliches gilt für die Mezzosopranistin Adele Charvet, die in der Hosenrolle von Cellinis Gehilfen Ascanio durchaus bella figura macht, der aber ebenfalls das letzte Quäntchen Durchschlagskraft der Stimme fehlt.

Cellinis Gegenspieler Fieramosca findet in Lionel Lhote einen ansprechenden, agilen Bariton, der eifernde Schwiegervater Balducci, in Maurizio Muraro als Einspringer eine adäquate Verkörperung.

Die Oper ist ein klassisches Ensemble-Stück, bei dem die Sänger der Nebenrollen nicht besonders gefordert werden, positiv fällt Tareq Nazmi als Papst Clemens auf, der seiner Rolle durchaus komödiantische Facetten entlocken kann.

Ein wesentlicher Akteur in dieser Oper ist der Chor, der nicht nur ausgezeichnet singt, sondern auch für gut koordinierte Bewegung auf der Bühne sorgt. Höchst eindrucksvoll gelingt die Szene, in der Cellinis Meisterwerk, die Perseus-Statue gegossen wird.

Sir John Eliot Gardiner, der zu diesem Werk eine besondere Affinität zu besitzen scheint, führt den großen ihm zur Verfügung stehenden Apparat mit großer Umsicht, aber auch geradezu jugendlichem Temperament. Das Publikum dankt es ihm mit stehenden Ovationen.

Peter Sommeregger, 1. September 2019, für
klassik-begeistert.de

Michael Spyres: Benvenuto Cellini
Sophia Burgos: Teresa
Maurizio Muraro: Balducci
Adele Charvet: Ascanio
Tareq Nazmi: Papst Clemens VII
Lionel Lhote: Fieramosca

Monteverdi Choir
Orchestre Revolutionnaire et Romantique
Sir John Eliot Gardiner: Leitung

 

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