Sir Antonio Pappano und Julia Fischer, Grafenegg 2023 © HH
Wenn die Zugabe zum orchestralen Ereignis wird
Wolkenturm Grafenegg, 29. Juli 2023
Ludwig van Beethoven: Konzert für Violine und Orchester in D-Dur, op. 61
Richard Strauss: „Also sprach Zarathustra“ Tondichtung op. 30
Julia Fischer, Violine
European Union Youth Orchestra
Dirigent: Sir Antonio Pappano
von Herbert Hiess
Das Europäische Jugendorchester (EUYO = European Union Youth Orchestra) wurde bereits 1976 gegründet und hat auch schon eine bewegte Vergangenheit. In den 80ern erlangte es weltweite Bekanntheit durch die massive Förderung von Claudio Abbado.
Seit 2022 hat das Orchester seine ständige Residenz in Grafenegg und ist auch letztlich für diesen Konzertort eine große Bereicherung.
In diesem Jahr startete das erste Konzert des Orchesters mit keinem Geringerem als Sir Antonio Pappano. Der weltbekannte Dirigent, Chef des Covent Garden Opernhauses und noch des Orchesters der Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom. Im Herbst 2023 wird er Chef des London Symphony Orchestras als Nachfolger von Sir Simon Rattle.
Pappano ist ein hochmusikalischer Mensch und strebt stets danach, die Tiefen eines Werkes auszuloten. Was bei einem Profiorchester durchaus großartig ist, kann bei einem Jugendorchester wie des EUYO doch teilweise zu Lasten der Präzision gehen, was vor allem bei „Zarathustra“ zu bemerken war.
Bei Beethoven jedoch war alles „eitle Wonne“; mit der großartigen deutschen Geigerin und Pianistin Julia Fischer zauberten die Musiker ein echtes Ereignis aufs Podium. Julia Fischer, die erst letzten Monat ihren 40er beging, ist eine „vollwertige“ Pianistin und Geigerin und auf beiden Instrumenten eine hervorragende Virtuosin.
Bei Beethoven bewies sie ihre grandiose Musikalität und bezauberte mit traumhaften Tönen und Arabesken; ihre Töne sind immer von einer bestechenden Brillanz.
Das Orchester war hier hervorragend; vor allem die Holzbläser, Hörner und Trompeten waren von einer traumhaften Sicherheit und Musikalität. Ebenso war die junge Paukistin bei Beethoven auch hervorragend unterwegs. Bei den Streichern hätte man sich vielleicht manchmal mehr Zusammenspiel gewünscht.
Für Julia Fischer war der Jubel gerechtfertigt und sie bedankte sich mit einer mitreißenden Caprice von Niccolò Paganini.
Beim darauffolgenden „Zarathustra“, dessen Anfang im Film „2001: Odyssee im Weltraum“ Weltruhm erlangte, war eine andere Paukistin am Werk, die leider nicht so die Dynamik mitbrachte, sodass dieser Anfang nicht das Podium überstrahlte.
Das Orchester spielte hervorragend in allen Instrumentengruppen; großartig die Stimmführer der Streicher (vor allem der Konzertmeister!), die Kontrabässe, die Holzbläser und das Blech. Auch das Schlagwerk war exzellent – wie gesagt, die Pauke hätte man sich eindrucksvoller gewünscht.
Aber dann gab es eine vortreffliche Zugabe. Sir Pappano und die Musiker brachten die Ouvertüre zu Giuseppe Verdis „La forza del destino“ mit einer unvergleichlichen Brillanz und Verve. Hier war der Dirigent voll in seinem Element; so mitreißend und berührend hört man dieses Werk äußerst selten. Auf alle Fälle ein mehr als gelungener Abschluss!
Herbert Hiess, 30. Juli 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at