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Kirill Kondrashin dirigiert Mahler Sinfonie Nr.6
Südwestfunk-Orchester Baden-Baden
CD SWR 19416 NAXOS Deutschland
von Peter Sommeregger
Der russische Dirigent Kirill Kondrashin, 1914 in Moskau geboren, hatte in seiner Heimat bereits eine bedeutende Karriere, ehe er durch seine gemeinsamen Konzerte mit dem amerikanischen Pianisten Van Cliburn auch einem westlichen Publikum bekannt wurde. 1979 bat er während eines Gastspiels in Amsterdam um politisches Asyl – es war die Zeit des Kalten Krieges. Westeuropäische Orchester boten dem Fahnenflüchtigen nur allzu gern eine neue Heimat.
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wählte ihn 1981 als Nachfolger ihres langjährigen Dirigenten Rafael Kubelik zum neuen Chef. Kondrashins plötzlicher Herztod nach einer Aufführung von Mahlers 1. Symphonie am 8. März 1981 in Amsterdam verhinderte das Antreten dieses Engagements und setzte einer bedeutenden Karriere ein tragisches Ende.
Nur wenige Wochen zuvor hatte der Dirigent mit dem Südwestfunk-Orchester Baden-Baden Mahlers 6. Symphonie eingespielt. Die nun vorgelegte CD ist nicht die erste Veröffentlichung dieser Aufnahme, besticht aber nach einem sorgfältigen digitalen Remastering durch ein geradezu modernes Klangbild.
Schon im vorwärtsdrängenden Marschthema des ersten Satzes setzt Kondrashin eigene Akzente. Es ist bemerkenswert, dass sein Dirigat dieses Satzes bedeutend kürzer ausfällt, als bei aktuellen Dirigenten wie Harding oder Rattle. Das Scherzo wird an seiner ursprünglichen Stelle als zweiter Satz belassen – entgegen der inzwischen gängigen Aufführungspraxis. Diesen Abschnitt nimmt Kondrashin bedeutend spröder, aber hoch differenziert.
Im Andante schlagen Dirigent und Orchester auch zarte, wehmütige Töne an. Im Finalsatz, der von Kondrashin ebenfalls deutlich kürzer und straffer genommen wird, kann das Orchester, das durch die Chefdirigenten Hans Rosbaud und Ernest Baur auf ein sehr hohes Qualitätsniveau geführt wurde, seine ganze Brillanz demonstrieren.
Insgesamt eine speziell durch die Straffung der Kopfsätze bemerkenswerte Interpretation. Man denkt wehmütig daran, was an großen möglichen Aufführungen durch Kondrashins frühen Tod verhindert wurde.
Peter Sommeregger, 19.August 2018
für klassik-begeistert.de