Staatsoper Hamburg © Westermann
Yaritza Véliz sang als Mimì vergleichsweise gut, vor allem verfügte sie über eine aufblühende, weit in den Saal strömende Höhe. Auch konnte sie mit stimmlichen Mitteln durchaus ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Enttäuscht war ich allerdings von dem anderweitig so sehr gelobten Freddie De Tommaso.
La Bohème, Oper in vier Akten
Musik von Giacomo Puccini
Inszenierung: Guy Joosten, Bühnenbild: Johannes Leiacker
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg,
Leitung Ramón Tebar
Staatsoper Hamburg, 12. Dezember 2024
von Dr. Ralf Wegner
Im Frühjahr 2023 gab es hier noch eine grandiose Bohème-Aufführung. Das Hamburger Ensemblemitglied Elbenita Kajtazi sowie Tomislav Mužek hoben die grenzwertig kitschige Handlung auf ein – für diese Oper notwendiges – höheres Niveau, welches neben dem opulenten Stimmfest in ergreifender Weise die Seele der Protagonisten offen legte. Und dazu gab es noch eine ausgezeichnete Musetta von Katharina Konradi und einen nicht minder guten Marcello von Kartal Karagedik.
Bei der heutigen Aufführung erreichte nur der zum Ensemble der Berliner Staatsoper gehörende Gyula Orendt als Marcello das beschriebene Niveau. Seinen klangvollen Bariton führte er mit schöner Tonbindung und genügender Kraft sowie schauspielerischer Intensität durch die Rolle. Seine Musetta (Katrina Galka) blieb dagegen blass. Bis auf einzelne kräftige Spitzentöne bei ihrem Auftritt im Café Momus blieb allenfalls eine eher leise, zum Herben neigende Stimme in Erinnerung. Anders als Katharina Konradi gelang es der sonst im lyrischen Koloraturfach heimischen Sängerin nicht, im vierten Akt stimmlich die Wärme auszudrücken, zu der Musetta auch fähig sein muss.
Den Vergleich mit Elbenita Kajtazi als Mimì hält nach meinem Verständnis keine andere von mir gehörte Sängerin stand. Selbst nicht Mirella Freni oder Angela Gheorghiu, die hier auch schon als Mimì auf der Bühne standen. Dennoch war Yaritza Véliz’ Leistung als Mimì vergleichsweise gut, vor allem verfügte sie über eine aufblühende, weit in den Saal strömende Höhe. Auch konnte sie mit stimmlichen Mitteln durchaus ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Enttäuscht war ich allerdings von dem anderweitig so sehr gelobten Freddie De Tommaso. Sein Tenor klang für mich uncharismatisch, und in der Höhe verengte sich seine Stimme. Wahren Schönklang in der Arie und dem Duett im ersten Akt lieferte er nicht. Da blieb er deutlich unter den Möglichkeiten von Tomislav Mužek im letzten Jahr.
Die weiteren Rollen waren gut mit Nicholas Mogg als Schaunard, und mit dem wieder zu leise singenden Han Kim als Colline besetzt. Seine Mantelarie im vierten Akt ließ sich hören, aber nur wegen der fast nicht vorhandenen Orchesterbegleitung. Im Ensemble oder wenn, wie am Ende der Mantelarie, das im Übrigen unter der Leitung von Ramón Tebar gut aufgelegte Orchester etwas fülliger spielte, ging er wieder unter. Zu früheren Zeiten hatte man noch Alexander Tsymbalyuk oder Adrian Sampetrean für den Colline zur Verfügung.
Das Publikum scheint die Aufführung aber genossen zu haben, das ergab sich auch aus Gesprächen, besonders wurde das mehrgeschossige Bühnenbild von Johannes Leiacker und die Verwandlung zum Café Momus gelobt (die drei Geschosse wurden nach unten in die Versenkung gefahren). Véliz und De Tommaso wurden mit Jubel überschüttet; echte Opernkenner scheinen selten geworden zu sein. Dafür spricht auch, dass der Beifall relativ schnell sein Ende fand.
Dr. Ralf Wegner, 13. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giacomo Puccini, La Bohème Staatsoper Hamburg, 13. Januar 2023
Giacomo Puccini, La Bohème, Staatsoper Hamburg, 4. Januar 2020
Echte Opernkenner scheinen nicht nur selten geworden zu sein, man muss sie mit der Lupe suchen! Viele „Stars“ des Opernbetriebs hätten vor 40-50 Jahren nicht einmal im Chor eines Opernhauses singen dürfen!
Sheryl Cupps
Ich verstehe nicht, wie es Han Kim bei bis zu 1500 Bewerbern ins Opernstudio geschafft hat und anschließend sogar noch ins Ensemble.
Hartmut Funke
Am 9.1. ist Herr Kim als Sarastro besetzt, eine kleine Feuerprobe. Ich bin gespannt, wie er sich gegen René Pape, Georg Zeppenfeld und Co. schlägt…
Johannes Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
Wie war Herr Kim gestern als Sarastro, natürlich vorausgesetzt, dass er die Rolle wirklich sang? Oder wurde er durch wen anderen ersetzt?
Sheryl Cupps
Sehr geehrte Frau Cupps,
Ich habe es leider nicht zur Vorstellung geschafft, aber laut Auskunft der Staatsopern-Website hat Han Kim gesungen.
Herr Kim soll dieses Jahr noch Titurel singen, dazu werde ich mich sicherlich äußern. Ashby ist übrigens auch keine Mini-Rolle.
Freundliche Grüße
Johannes Fischer