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Im Mittelpunkt stehen aber ganz klar die tiefgehende Bindung, die Bernstein zu seiner Frau gehabt haben muss und sein ausuferndes Liebesleben. Und natürlich, wie könnte es anders sein, der ständige Begleiter Bernsteins – die Zigarette!
„Maestro“: Ein Film über das ausufernde Privatleben Leonard Bernsteins
von Jürgen Pathy
„Wenn du nichts änderst, stirbst du eines Tages als einsame, alte Tunte“.
Diese Worte sitzen.
„Maestro“, Bradley Coopers Film über Leonard Bernstein, setzt den Fokus auf das Privatleben des Dirigenten, Komponisten und Pianisten. Dieser Film macht somit nicht den Fehler wie „Tár“ mit Cate Blanchett, der sich zu sehr auf die fachlichen Aspekte des Dirigierens konzentriert. „Maestro“ hebt das turbulente Liebesleben des 1990 verstorbenen Musikers Bernstein hervor, der den Freuden des Lebens nicht abgeneigt war – sowohl des weiblichen Geschlechts als auch des eigenen nicht. „Soll ich dir etwas verraten: Ich war mit beiden deiner Eltern im Bett“, ist ein weiterer Auszug aus diesem packenden Spielfilm mit biografischen Zügen.
Damit ist „Maestro“, in dem Bradley Cooper einen Gewaltakt vollzieht – Hauptrolle, Regie, Drehbuch und Produzent –, ein Film für alle. Nicht nur für abgedrehte Klassik-Nerds, die nichts anderes im Schädel haben als Partituren, Libretti und Komponisten. „Maestro“ ist ein Film, der von seiner emotionalen Aussagekraft lebt. Dass die Hauptfigur nun mal ein Dirigent ist, könnte man fast eher dem Zufall zuschreiben.
Neben Bernstein, dessen Promiskuität in diesem Spielfilm ganz klar in den Vordergrund gerückt wird, spielt somit ein anderer Charakter ebenso eine wichtige Rolle, wenn nicht fast schon die heimliche Hauptrolle. Felicia Montealegre, Bernsteins Ehefrau, die anscheinend ein Arrangement geschlossen hatte mit der unorthodoxen Lebensweise ihres Mannes.
Dargestellt von der britischen Schauspielerin Carey Mulligan, spiegelt dieser Film eine starke Frau, die selbst eine Karriere am Broadway zu verzeichnen hatte, und sich nicht zu schade war, in einer jahrzehntelangen Dreiecksbeziehung zu leben. Von 1951 bis 1977 hielt die Ehe zwischen der chilenischen Schauspielerin und Leonard Bernstein. Danach hatte man sich kurzfristig getrennt, ehe „Lenny“ sich zu ihrem Lebensende ihrer nochmals vollkommen aufgeopfert hatte.
Vom Lungenkrebs gezeichnet, hebt das letzte Drittel des Films die Fürsorge und Liebe von Bernstein ihr gegenüber hervor. Rührend setzt Regisseur Bradley Cooper damit fast schon ihr ein Denkmal. Während das erste Drittel, überwiegend authentisch in schwarz-weiß, die Anfänge Bernsteins in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Dirigent beleuchtet, sein Debüt in der Carnegie Hall, wo Bernstein als Einspringer für Bruno Walter über Nacht zum Star avancierte, ist der Rest doch ganz stark der Privatperson Bernstein gewidmet.
Seine unverwechselbare Art zu musizieren bleibt in diesem Film dennoch nicht verborgen. Über ein Jahr soll sich Bradley Cooper mit Yannick Nézet-Séguin, Musikdirektor der Metropolitan Opera, für diesen Film aufs Dirigieren vorbereitet haben. Viele Szenen sind es nicht, die man Bernstein am Pult eines Orchesters widmet. Die wenigen allerdings beleuchten sehr gut, wie Bernstein als Musiker getickt hat.
„Karajan machte die Musik, Bernstein war die Musik“, hatte Christa Ludwig in einem Interview die gravierenden Unterschiede dieser beiden bedeutendsten Dirigenten ihrer Zeit erwähnt. Im Film kommt das stark zum Vorschein. Zum Ende porträtiert ein Originalabspann von Bernstein, welch intensive Emotionen und Gefühlsregungen er selbst am Pult beim Dirigieren durchlebt hat.
„Maestro“, ein Film also für alle. Für alle, die teilhaben wollen an der sprühenden Lebensenergie dieses Genies, dem auch die Schattenseiten des Lebens nicht erspart blieben. Depressive Phasen, Selbstzweifel und exzessive Partynächte – all das lässt Bradley Cooper in seinem Film nicht außen vor.
Im Mittelpunkt stehen aber ganz klar die tiefgehende Bindung, die Bernstein zu seiner Frau gehabt haben muss und sein ausuferndes Liebesleben. Und natürlich, wie könnte es anders sein, der ständige Begleiter Bernsteins – die Zigarette!
Jürgen Pathy (klassikpunk.de), 25. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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