Zu Hofe unter den Linden:
Preußens Hofmusik im Apollosaal

Peußens Hofmusik I, Apollosaal der Staatsoper Unter den Linden Berlin, 20. Oktober 2018

Foto: © Max Lautenschläger
Peußens Hofmusik I, Apollosaal der Staatsoper Unter den Linden Berlin, 20. Oktober 2018

Musik von Marc-Antoine Charpentier

Musikalische Leitung: Matthias Wilke
Violine: Asaf Levy, Laura Perez Soria
Viola: Holger Espig, Joost Keizer
Kontrabass: Joachim Klier
Flöte: Thomas Beyer, Christiane Hupka
Theorbe: Amandine Affagard
Orgel: Adrian Heger

Haute Contre: Joo-hoon Shin
Tenor: John Pumphrey
Bass: Erik Rosenius
Ripieno: Hanaa Oertel, Antje Bahr-Molitor, Günther Giese, Andreas Neher (Quadriga Vokal Berlin)

von Gabriel Pech

Barock klingt am schönsten, wenn das Ambiente passt. Deswegen ist es auch besonders schön, dass es in dieser Spielzeit endlich wieder Preußens Hofmusik im Apollosaal der Staatsoper Unter den Linden zu genießen gibt. Weiße, mit Gold besetzte Decken und Säulen, faszinierende Kronleuchter und am besten noch ein Gläschen Sekt dazu – der perfekte Barocknachmittag. Diesmal steht der Komponist auf dem Programm, dessen Hymne Te Deum jährlich beim Eurovision Songcontest ertönt: Marc-Antoine Charpentier.

Sehr charmant leitet Matthias Wilke durch dieses Gesprächskonzert und gibt gerne Erläuterungen zu den einzelnen Werken. Seine illustre musikalische Vorgeschichte kommt ihm dabei zu Gute, so dass er frei erzählen kann. Er gibt interessante Einblicke in Instrumentenkunde und die theologische Beschaffenheit der geistlichen Werke. Am Cembalo thront er zudem in alter Tradition über dem Kammerensemble und leitet es mit beschwingter, routinierter Hand.

Schmissig beginnt das Konzert mit der ouverture pour le sacre d’un évèque (H. 536). Das Ensemble besitzt einen sehr homogenen, flexiblen Klang. Sie sprühen vor Energie und übertragen die Freude am Musizieren auf das Publikum. Gespielt wird auf modernen Instrumenten in einer historisch orientierten Aufführungspraxis.

Joo-hoon Shin © Peter Adamik

Für das magnificat à 3 voix sur la mesme basse avec simphonie (H. 73) treten drei Männerstimmen dazu. Besonders überzeugt hier Joo-hoon Shin als haute contre. Es handelt sich bei dieser historisch-französischen Bezeichnung weder um einen Countertenor noch um einen Falsettsänger oder Kastraten. Gemeint ist stattdessen ein sehr hoher Tenor, der immer noch mit voller Stimme singt. „Es ist schwierig, so etwas zu besetzen“, erklärt Wilke. Shin erfüllt diese Rolle tadellos. Er schwebt über dem Ensembleklang mit einer vollen, aber zugleich federleichten Stimme und feinem Vibrato.

Das concert pour guatre parties de violes (H. 545) bestreitet das Ensemble wieder in rein instrumentaler Besetzung. Sie schwingen sich durch die barocken Tänze in immer wieder neuen Klangfarben. Besonders die abschließende passecaille ist von bestechender Qualität. Mit einer stringenten Unterbetonung der Tonika bleibt das Stück bewegt und nach vorne drängend.

Abschließend steht das Kernstück des Abends an: Filius Prodigus (H. 399), ein Oratorium über das Gleichnis des verlorenen Sohns. Hier schließen sich neben den bereits bekannten Solisten noch die vier Sängerinnen und Sänger des Quadriga Vokal Berlin an. Diese sind Mitglieder des Staatsopernchores, die als Ausgleich zu der Arbeit im großen Chor als kleines Ensemble fungieren. Sie übernehmen die Rolle des Erzählers und des Volkes. Ihre Stimmen sind sehr gut abgemischt – man merkt, dass sie sich freiwillig gefunden haben und eingespielt sind. Erik Rosenius singt den liebenden Vater, der den verlorenen Sohn mit Freude empfängt. Für diese sinnbildliche Stimme Gottes lässt er leider etwas an Volumen und Strahlkraft vermissen.

Leider war der Apollosaal etwas überheizt und dementsprechend stickig während dieses Konzerts, was auch den Instrumenten nicht zugutekam. Die Belüftung dieses Raumes scheint ein andauerndes Problem des Hauses zu sein, für das sich hoffentlich bald eine befriedigende Lösung findet.

Mit Preußens Hofmusik läutet die Staatsoper den Schwerpunkt dieser Saison ein: Barockmusik. Neben den Barocktagen Ende November werden diese Barocknachmittage jeweils samstags und sonntags noch zweimal in dieser Saison zu erleben sein.

Also, gönnen Sie sich einen Sekt und genießen Sie dieses sympathische Programm!

Gabriel Pech, 20. Oktober 2018
für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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