Hier spielt die Zukunft!

Raderbergkonzert, Junge Solisten der Kronberg Academy  Kammermusiksaal im Deutschlandfunk, 7. Oktober 2025 

Deutschlandfunk Kammermusiksaal (Deutschlandradio/Manfred Raths)

Und um die wird einem beim ersten Raderbergkonzert der Saison nicht bang. Im Gegenteil: Die fünf jungen Solistinnen und Solisten der Kronberg Academy spielen mit viel Herzblut ein mutiges und hochinteressantes Programm.

Hans Krása (1899-1944) – Tanz für Violine, Viola und Violoncello

Gustav Mahler (1860-1911) – Quartett für Violine, Viola, Violoncello und Klavier a-Moll (Fragment)

Antonín Dvořák (1841-1904) – Terzett für 2 Violinen und Viola

Béla Bartók (1881-1945) – Quintett für Klavier, 2 Violinen, Viola und Violoncello Sz 23

Junge Solisten der Kronberg Academy:

Hans Christian Aavik, Violine
Cosima Soulez Larivière, Violine
Sào Soulez Larivière, Viola
Bryan Cheng, Violoncello
Julia Hamos, Klavier

Köln, Kammermusiksaal im Deutschlandfunk, 7. Oktober 2025

von Brian Cooper

Die Raderbergkonzerte im Deutschlandfunk (DLF) sind eine ehrwürdige Institution, die es schon seit Jahrzehnten gibt. Sechs dienstägliche Abokonzerte gibt es pro Saison für kleines Geld. Die abwechslungsreich programmierten Kammermusikabende – von Klavierabend bis Bläserquintett – finden im DLF-Kammermusiksaal am Raderberggürtel 40 in Köln statt, werden aufgezeichnet und, wie in diesem Fall, live auf Deutschlandfunk Kultur übertragen. (Haino Rindler moderierte dabei souverän von der Bühne aus für das Radiopublikum.)

Dabei beweisen die Programmplanerinnen und -planer ein wirklich beeindruckendes Händchen für die „Talente von morgen“. Vor etwa zwanzig Jahren zum Beispiel hörte ich das Quatuor Ébène zum ersten Mal eben im Deutschlandfunk, und viele weitere Namen – stellvertretend für viele andere seien hier Augustin Hadelich, Harriet Krijgh, Herbert Schuch, Felix Klieser und die Geschwister Khachatryan genannt – sind noch heute regelmäßig zu hören und haben zum Teil große Karrieren gemacht.

Im ersten Raderbergkonzert der Saison 2025/26 spielten fünf junge Musikerinnen und Musiker der Kronberg Academy, die eine Art Kaderschmiede für musikalisch hochtalentierte junge Menschen ist, aus der große Namen wie Lisa Batiashvili hervorgegangen sind.

Spannend, interessant, mutig und auch für Kammermusik-Aficionados extrem reizvoll war das Programm, das es in dieser Art sonst vielleicht nur noch in Heimbach gibt, wie Norbert Hornig zu Beginn im Gespräch mit dem sympathischen Musikredakteur Christoph Schmitz sagte. Die Pianistin Julia Hamos, der Cellist Bryan Cheng und die Geigerin Cosima Soulez Larivière beantworteten vor dem Konzert einige Fragen. Deren Bruder Sào Soulez Larivière und der Geiger Hans Christian Aavik komplettierten im Konzert das Quintett.

Als Quintett spielten die fünf freilich erst nach der Pause. Vorweg gab es drei äußerst selten zu hörende Werke in unterschiedlicher Besetzung. Hans Krásas kurzer Tanz für Violine (Hans Christian Aavik), Viola und Violoncello erklang sonor und voller Energie. Ein ruhiger Mittelteil wird von zwei wilderen Teilen umrahmt. Die unisono-Passagen gegen Ende waren voller Geheimnis. Ein starker Auftakt.

Die drei tschechischen Komponisten Pavel Haas, Victor Ullmann und Hans Krása verbindet das furchtbare Schicksal, nach ihrer Internierung in Theresienstadt schließlich im Oktober 1944 in Vernichtungslager deportiert zu werden. Es war kein Zufall, dass am zweiten Jahrestag des abscheulichen Hamas-Angriffs auf Israel das Werk eines jüdischen Komponisten auf dem Programm stand.

Es folgte das so gut wie nie zu hörende Klavierquartett von Gustav Mahler. Ein Frühwerk des etwa 17jährigen Komponisten, der heute nur als Sinfoniker bekannt ist. Es wurde in den 60ern in Alma Mahlers Archiv entdeckt. Hier spielte Cosima Soulez Larivière die Violine, die im Zusammenspiel mit Bryan Cheng vor allem in mancher Passage brillierte, in denen Violine und Cello gemeinsam spielen. Von beiden dürften wir noch viel hören. Der Gesamtklang war beeindruckend. Niemand spielte sich in den Vordergrund, das Klavierspiel von Julia Hamos war kammermusikalisch beseelt, niemals die Streicher zudeckend.

Sein Terzett hat Antonín Dvořák, von Haus aus Metzgerlehrling und Bratschist, für den Hausgebrauch komponiert. Ich spielte es vor dreißig Jahren mit meinem Vater und meiner ersten Freundin in Irland, ebenfalls für den Hausgebrauch. Mit Jána besuchte ich auf unserer ersten gemeinsamen Reise nach Prag auch Theresienstadt. Viele Kreise haben sich also an diesem Abend im DLF auch persönlich geschlossen.

Die Geschwister Soulez Larivière und Hans Christian Aavik spielten das Terzett mit Leidenschaft, großer Intensität und dichtem Klang im Kopfsatz. Es ist quasi ein Streichquartett ohne Cello. Der zweite Satz begann sehnsuchtsvoll, mit interessanten Harmonien. Der dritte ist ein typischer Dvořák, mit überraschenden Passagen sul ponticello und einem prachtvollen A-Dur-Mittelteil. Das Finale, ein Variationssatz, beginnt rhapsodisch, um in einem geheimnisvollen piano zu verebben.

Und nun Hand aufs Herz: Wussten Sie, dass Béla Bartók ein Klavierquintett geschrieben hat? Ein hörenswertes obendrein? Das dreiviertelstündige Werk ist ein Frühwerk, wie das Klavierquartett von Mahler, voller Ideenreichtum, süffig gespielt und komponiert. Vielleicht wirken die sprudelnden Ideen etwas aneinandergereiht, jedenfalls ist es nicht so meisterlich komponiert wie das Opus 34 von Brahms, das Quintett op. 81 von Dvořák oder das kürzlich gehörte Opus 57 von Schostakowitsch. Aber es ist ein vielschichtiger Marathon, hier toll gespielt, mit einem effektvollen Schluss.

Schön zu sehen, wie die fünf Musikerinnen und Musiker einander vor der ersten Verbeugung beglückwünschten. Um die Zukunft der Kammermusik wird einem angesichts solcher Abende nicht bang. Die Zugabe aus Darius Milhauds La création du monde war ein angenehm ruhiger Abschluss eines insgesamt begeisternden Konzerts, das am 20. Oktober um 21:05 Uhr in der Sendung Musik-Panorama im DLF nachgehört werden kann.

Dr. Brian Cooper, 8. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

WDR Sinfonieorchester, Duncan Ward, Dirigent Kölner Philharmonie, 2. Oktober 2025

WDR Sinfonieorchester, Ingo Metzmacher, Dirigent Kölner Philharmonie, 26. September 2025

Beethovenfest: Jerusalem Quartet/Elisabeth Leonskaja Kölner Philharmonie, 23. September 2025

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