Riccardo Zandonai, Francesca da Rimini
Livestream aus der Deutschen Oper Berlin, 14. März 2021
Deutsche Oper Berlin © Foto: Leo Seidel
Francesca Sara Jakubiak
Paolo Jonathan Tetelman
Giovanni lo Sciancato, genannt Gianciotto Ivan Inverardi
Malatestino dall’Occhio Charles Workman
Musikalische Leitung Carlo Rizzi
Inszenierung Christof Loy
Bühne Johannes Leiacker
Kostüme Klaus Bruns
Livestream aus der Deutschen Oper Berlin, 14. März 2021
von Peter Sommeregger
Riccardo Zandonais 1914 uraufgeführte Oper „Francesca da Rimini“ erscheint nach ursprünglicher Popularität inzwischen immer seltener auf den Spielplänen der großen Opernhäuser. Das mag zum Teil daran liegen, dass für die Titelrolle zwingend eine Sopranistin zur Verfügung stehen muss, die abgesehen von den erheblichen stimmlichen Anforderungen auch schauspielerisches Talent und Charisma mitbringen muss.
Die Deutsche Oper Berlin geht das Risiko ein, dieses Werk des Verismo nach einer literarischen Vorlage Gabriele D’Annunzios, aus welcher der Spross der Verlegerfamilie Ricordi, Tito Ricordi, das Libretto erarbeitete, auf die Bühne zu bringen. Die Regie legte man in die bewährten Hände von Christoph Loy, der beinahe schon so etwas wie der Hausregisseur an der Bismarckstraße ist. Zwar neigt auch dieser Regisseur dazu, Stoffe zu verfremden- ohne detaillierte Inhaltsangabe wäre man als Zuschauer verloren- gleichzeitig spielt er aber auch seine Stärke aus, nämlich die Fähigkeit zu glaubwürdiger Personenführung. Es gelingt ihm, dem etwas schwülen Renaissancedrama Leben einzuhauchen, und spannungsvolle Momente zu erzeugen. Stimmungsvoll das Bühnenbild von Johannes Leiacker, für das als Hintergrund ein Gemälde von Claude Lorrain gewählt wurde. Typisch für Loy ist das Nebeneinander von historisierenden Kostümen und Alltagskleidung, für die Klaus Bruns verantwortlich zeichnet.
Der Glücksfall dieser Produktion sind die Hauptdarsteller: Sara Jakubiak, die ihren edel timbrierten Sopran mühelos durch die anspruchsvolle Partie der Francesca führt und die ihr eigene Eleganz der Erscheinung für ein facettenreiches Spiel nutzt. Als Ihren Liebhaber Paolo hat man Jonathan Tetelman gewählt, der dem Anspruch der „schöne Paolo“ zu sein voll gerecht wird. Gesanglich kommt sein Spinto-Tenor mit der Partie sehr gut zurecht, er verfügt sowohl über Schmelz als auch Kraft. In den Szenen des Liebespaares bleibt kein Wunsch offen.
Auch die Brüder Paolos sind bei Ivan Inverardi und Charles Workman in ausgezeichneten Händen, selbst in den kleinsten Rollen wird sehr gut gesungen. Der erfahrene Carlo Rizzi am Pult lässt die Musik Zandonais aufblühen und treibt sie immer neuen Höhepunkten entgegen. Man fragt sich, warum das Werk eigentlich so selten gespielt wird. Der Chor der Deutschen Oper wurde corona-bedingt aus dem Chorprobensaal zugespielt, eine heikle Maßnahme, die aber gelang. Das Orchester war sehr gut disponiert, seine Leistung detailliert zu beurteilen ist bei Livestreams aber fast unmöglich. Sehnsüchtig wünscht man sich wieder Aufführungen vor Publikum. Solange die nicht möglich sind, ist ein so gelungener Livestream wenigstens tröstlich.
Peter Sommeregger, 14. März 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at