Rising Stars 51: Pene Pati – seine Rugbyleidenschaft wies den Weg zur Karriere

Rising Stars 51: Pene Pati – seine Rugbyleidenschaft wies den Weg zur Karriere  klassik-begeistert.de, 22. Februar 2024

┬® Mark Leedom

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

von Dr. Lorenz Kerscher

Der 1987 auf Samoa geborene Pene Pati kannte von Kindheit an den Gesang, mit dem die Mythen und Geschichten seiner Heimat überliefert werden. Doch nach der Umsiedlung seiner Familie nach Neuseeland zog ihn zunächst einmal die Rugbymannschaft seiner Highschool magisch an. Kluge Pädagogen, die verhindern wollten, dass sich die jungen Menschen zu einseitig entwickelten, machten hierfür allerdings die Teilnahme im Chor zur Bedingung. So kam er mit klassischer Musik in Berührung und begann sich auch für Operngesang zu interessieren.
Er entdeckte, dass ihm von Natur eine schöne Tenorstimme zur Verfügung stand, und bewunderte die drei Tenöre Pavarotti, Domingo und Carreras um die große Leichtigkeit ihres Gesangs. Da ihm zunächst das Geld für Unterricht fehlte, versuchte er, an deren YouTube-Videos zu lernen, indem er ihre Körperhaltung und Mimik nachahmte. Ebenso nutzte er das Internet für das Sprachentraining und eignete sich die französische Aussprache mittels einer App an. 2005 schloss er die Highschool ab und studierte anschließend Gesang an der University of Auckland.

Pene Pati – Puccini, Tosca: Recondita armonia (2011)

2012 suchte er die Entscheidung, ob er das Singen zum Beruf machen sollte, und meldete sich zu einem Gesangswettbewerb in Sidney an. Diesen gewann er dann tatsächlich und erhielt postwendend einen Anruf aus Wales: der renommierte Tenor Dennis O’Neill fragte an, ob er bei ihm in Cardiff studieren wolle. Diesen Ruf des Schicksals nahm er an und lebte sich so gut ein, dass er auch seinem Bruder Amitai (ebenfalls ein talentierter Tenor), seinem Cousin Moses Mackay (Bariton) und seiner späteren Frau, der aus Ägypten stammenden Sopranistin Amina Edris, dort ebenfalls ein Studium ermöglichen wollte. Um das Startkapital zu beschaffen, gründete er mit Bruder und Cousin das Trio Sol3 Mio, das populäre Musik darbot und in Neuseeland sehr schnell die Massen begeisterte.

Sol3 Mio cover Lewis Capaldi’s ‚Hold Me While You Wait‘

Schon 2008 hatten Pene Pati und Moses Mackay eine Tournee von Andrea Bocelli als Backgroundsänger begleitet. So hatten sie schon Erfahrung im Genre des Crossover, und die Geschichte von den drei Polynesiern, die unbedingt Opernsänger werden wollten, sorgte auch für große Aufmerksamkeit der Medien. Es gelang ihnen, mit ihrem 2013 erschienenen Debütalbum die Hitparaden zu stürmen und es 2014 und 2015 als den in Neuseeland meistverkauften Tonträger zu platzieren. Ihre folgenden CDs waren ähnlich erfolgreich: die drei Tenöre lassen grüßen! So war Pene Pati bald Star genug, um 2016 mit Amina Edris eine von den Medien vielbeachtete Traumhochzeit zu feiern.

Doch mit dem schönen Erfolg im Unterhaltungssektor am anderen Ende der Welt war noch kein internationaler Opernstar geboren. Zwar wollte ihn die San Francisco Opera schon 2013 in ihr Förderprogramm nehmen, doch er fühlte sich zunächst noch nicht reif dafür und nahm dieses Angebot erst für die Spielzeit 2016/2017 an. Da durfte er dann als Herzog von Mantua in Rigoletto einen ersten Triumph feiern. Ebenfalls an diesem Haus war er 2019 zunächst nur als Probencover für den Roméo in Gounods Roméo et Juliette engagiert und konnte dann aufgrund der Erkrankung des vorgesehenen Stars auch in dieser Rolle beeindrucken. Schnell entstand internationales Interesse an dem vielversprechenden, stimmlich wie auch von der Statur her an Pavarotti erinnernden Nachwuchstenor.

Rigoletto Moving Moment # 2 – Pene Pati as The Duke of Mantua (San Francisco Opera, 2017)

So wurde er als Nemorino in L’elisir d’amore an die Opéra National de Paris engagiert, stellte den Roméo auch an der Opéra Comique und der Opéra National de Bordeaux dar, war als Alfredo in La Traviata an der Berliner Staatsoper, der Dutch National Opera und dem Bolshoi-Theater zu erleben und verkörperte den Chévalier des Grieux in Massenets Manon am Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Auch die Wiener Staatoper entwickelte Interesse und verpflichtete ihn als Percy in Anna Bolena. Auftritte als Edgardo (Lucia di Lammermoor) in Neapel, Amenophis (Moïse et Pharaon) in Aix-en-Provence und in weiteren Rollen von Donizetti, Mozart und Berlioz rundeten sein zunächst auf das Belcantofach und entsprechende französische Rollen ausgerichtetes Repertoire ab.

https://www.youtube.com/watch?v=mhKLegwZ4bQ      ( Video einbinden )

Pene Pati – Berlioz, La Damnation de Faust: Merci, doux crépuscule! (2022)

Bei Warner Classics, die ihn exklusiv unter Vertrag nahmen, erschien 2022 sein Debütalbum mit italienischen und französischen Arien. Dafür wurde er im selben Jahr bei Opus Klassik als Nachwuchskünstler des Jahres und bei den International Opera Awards mit dem Preis der Leser der Zeitschrift Opera ausgezeichnet. In bedeutenden Konzertsälen wirkte er nicht nur bei Galakonzerten und konzertanten Opernabenden mit, sondern auch mit Solopartien etwa von Beethovens Neunter und Mahlers Lied von der Erde.

Seinem großen Vorbild Luciano Pavarotti folgend setzte er sich den weit über Belcanto hinausweisenden, aber immer noch lyrischen Rodolfo in La Bohème als Etappenziel. Dieses erreichte er Mitte 2023 am Pariser Théâtre des Champs Élysées an der Seite von Selene Zanetti als Mimì und seiner Frau Amina Edris als Musetta. Diese auch szenisch sehr überzeugende Aufführung ist als Videostream abrufbar. Tatsächlich drängt sich die Erinnerung an Pavarotti auf, nicht nur was die Bühnenpräsenz betrifft, sondern vor allem auch die stimmliche Bewältigung der Partie einschließlich des lang ausgehaltenen, mühelos strahlenden hohen C in der berühmten Arie. Mehr noch beindrucken mich die zarten Töne, deren die unverbrauchte Stimme fähig ist.

Pene Pati – Puccini, La Bohème: Che gelida manina (Paris 2023)

Gefahrlos für seine Stimme sang er dann Ende 2023 in San Francisco den Nemorino in L’elisir d’amore an der Seite von Rising Star Slávka Zámečníková, auch diese reizvolle Produktion ist als Videostream verfügbar. Und doch lässt ihn Puccini nicht mehr ruhen: im Juni 2024 wird er in Birmingham als Pinkerton in Madama Butterfly debütieren. Prinz Calaf in Turandot auf die Bühne zu bringen, wird aber wohl noch einige Jahre lang Zukunftsmusik bleiben. Denn vernünftigerweise behält er für die meisten seiner Engagements der Fokus auf das Belcantofach bei. Die Aussichten sind gut, dass er sich binnen kurzer Zeit als einer der weltweit führenden Tenöre etablieren und diese Position auch halten wird. Den Sieg feiert er schon einmal im Konzertsaal mit Calafs „vincerò“!

Pene Pati – Puccini, Turandot: Nessun dorma (Prag, 2023)

Dr. Lorenz Kerscher, 21. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Weiterführende Information:

Porträt in der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2021

Offizielle Webseite

Agenturprofil bei Harrison Parrott

Dr. Lorenz Kerscher
„Musik ist Beziehungssache,“ so lautet mein Credo. Deshalb bin ich auch als Chorsänger aktiv und treffe mich gerne mit Freunden zur Hausmusik. Eine neue Dimension der Gemeinsamkeit eröffnet sich durch die Präsenz vieler, vor allem junger Künstler im Internet, wo man Interessantes über ihre Entwicklung erfährt, Anregungen zur Entdeckung von musikalischem Neuland bekommt und auch in persönlichen Kontakt treten kann. Man ist dann kein Fremder mehr, wenn man ihnen als Autogrammjäger begegnet oder sie sogar bei einem Konzertbesuch im Publikum trifft. Das ist eine schöne Basis, um mit Begeisterung die Karrieren vielversprechender Nachwuchskünstler mitzuerleben und bei Gelegenheit auch durch Publikationen zu unterstützen.“

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