Sehen Sie sich diese Oper bitte nur mit einer Gebrauchsanweisung für die Regie an

Charles Gounod, Roméo et Juliette  Musiktheater an der Wien,  Museumsquartier, Halle E, 1. März 2024

Roméo et Juliette © Monika Rittershaus

Gesanglich teilweise spitzenmäßig – vor allem Mélissa Petit als Juliette und als Überraschung Svetlina Stoyanova als Stephano, die im dritten Akt mit einem grandiosen Couplet aufwartete. Ihr Mezzo ist für die Zukunft vielversprechend.

CharlesGounod
Roméo et Juliette                                                                                                                  Drame lyrique in fünf Akten
Libretto von Jules Barbier und Michel Carré

Regie: Marie-Eve Signeyrole
Arnold Schoenberg Chor
ORF-Radio-Symphonieorchester Wien
Dirigent: Kirill Karabits

Musiktheater an der Wien,  Museumsquartier, Halle E, 1. März 2024

von Herbert Hiess

Es ist schon verwunderlich, wenn man nach der Vorstellung einer Oper die Intentionen der Regie liest und man dann merkt, dass man selbst offenbar komplett daneben gelegen ist.

Die Regisseurin Marie-Eve Signeyrole wollte ihren Angaben zufolge bei ihrer Arbeit die verfehdeten Familien Capulets und Montagues als Hollywood-Clans darstellen, die sich gegenseitig übertrumpfen wollen.

Bei Betrachtung der fünf Akte hatte man jedoch das Gefühl einem Road-Movie beizuwohnen, da auf der Bühne die obligaten Autos vorkamen. Es fällt immer mehr auf, dass Regisseure heutzutage gerne Autos auf die Bühne stellen, wenn ihnen sonst nichts mehr Originelles einfällt.

Bei dieser Produktion kam dazu, dass die Protagonisten laufend von Kameras verfolgt wurden (das sollte Hollywood sein?). Ursprünglich glaubte man, dass da irgendwelche Follower bei Instagram oder TikTok von Influencern bedient werden sollten.

Roméo et Juliette © Monika Rittershaus

So kann man sich täuschen – gerechterweise muss man sagen, dass es dann doch zwischendurch starke Momente gab; vor allem im letzten Akt bei dem gemeinsamen Freitod. Hier hätte ein sparsamer Einsatz der Videokameras der Physiognomien viel mehr Wirkung gezeigt.

Oder bei der misslungenen Hochzeitsszene, wo die Hochzeitsgesellschaft mittels Drehbühne in den Vordergrund gerückt wurde. So wie diese Drehbühne übrigens fast während der gesamten Vorstellung im Einsatz war. Nur wurden diese guten Momente dann wieder durch fast unappetitliche (und vor allem unlogische) Szenen zerstört; dass sich Juliette ritzt, passt absolut nicht hierher.

Roméo et Juliette © Monika Rittershaus

Shakespeares Intentionen fand man überhaupt nicht mehr; die Balkonszene wirkte irgendwie so „en passant“, regelrecht uninteressant.

Musikalisch war die Aufführung ausgezeichnet; der Dirigent Karabits entlockte dem wunderbaren ORF-Orchester sowohl zarte als auch dann wieder wilde Klänge. Großartig hier alle Instrumentengruppen. Der Maestro versuchte sicher alles auszumusizieren – leider schaffte es die Regie gekonnt, dies wieder zu zerstören.

Somit wollte die Regisseurin dem Programm nach die Fehde zweier Hollywood-Filmclans zeigen und nicht, wie vermutet, ein Roadmovie.

Schade, dass es ihr nicht gelang, ihre Intentionen rüberzubringen. Somit sollte man dieses Regiekonzept in eine Art Beipackzettel wie bei einem Medikament verpacken. Ob das natürlich der Sinn der Sache ist, soll jeder für sich entscheiden!

Gesanglich teilweise spitzenmäßig – vor allem Mélissa Petit als Juliette und als Überraschung Svetlina Stoyanova als Stephano, die im dritten Akt mit einem grandiosen Couplet aufwartete. Ihr Mezzo ist für die Zukunft vielversprechend.

Roméo et Juliette © Monika Rittershaus

Mélissa Petit könnte mehr aus ihrem wunderbaren Stimmmaterial herausholen. Da fehlte manchmal mehr Innigkeit.

Julian Behrs Tenor ist sehr kopfstimmenlastig; das klingt zwar wunderschön – erlaubt aber weder eine Forte-Attacke noch interessante Klangfarben. Aber er schlug sich wacker und Frau Petit und er gaben ein berührendes Liebespaar.

Herbert Hiess, 3. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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