Foto: Salome Neuproduktion an der Wiener Staatsoper © Michal Pöhn
Salome
Richard Strauss Premiere
Wiener Staatsoper, 2. Februar 2023
von Jürgen Pathy
Blumen für Philippe Jordan. Die streuen ihm nicht nur begeisterte Fans und Damen. Am Ende fliegen Sträuße auf die Bühne, als wäre der Abschied bereits da. Dabei naht er nur. Mit Ende 2025 verlässt Jordan erst das Haus. Bis dahin noch genügend Zeit, um seinen Ruf zu stärken. Mit Vorstellungen wie am Donnerstagabend muss man sich um ihn keine Sorgen machen. Da feierte die „Salome“-Neuproduktion von Regisseur Cyril Teste seine Premiere.
„Alles“, habe gefallen, strahlt ein Stammgast der Wiener Staatsoper. Musik, Inszenierung und auch die Sänger. „Der Jordan sowieso“. Rund 30 Minuten nach dem Schluss war das. Da hatte sich der Applaus bereits über dem scheidenden Musikdirektor des Hauses ergossen, nachdem Jordan und das Staatsopernorchester zuvor noch ein regelrechtes Orchesterinferno entfacht hatten. So fein, so zart die einzelnen Orchesterstimmen hervorgehoben, gleichzeitig nie die Balance aus den Augen verloren, und noch dazu den ganzen Spannungsbogen derart intensiv aufgeschaukelt, dass der sich im Schlussgesang der Salome völlig hat entladen können. So was erlebt man nicht alle Tage. Große Klasse.
Die Salome der Produktion, die konnte da nicht ganz mithalten, zumindest anfangs nicht. Malin Byström ist kein Neuling mehr. Die Salome hat sie bereits öfters gesungen. An der Wiener Staatsoper ist sie nun zum zweiten mal zu Gast. Nachdem sie bereits im Herbst 2020 als Elisabeth in „Don Carlos“ reüssieren konnte, hat es dieses Mal ein wenig Anlauf benötigt. „Irgendetwas fehlt da noch“, schoss mir da so durch den Kopf, während der ersten halben Stunde. War es der unscheinbaren Präsenz geschuldet, der Stimme vielleicht, oder gar doch der recht monotonen Inszenierung? Alles ganz unschuldig in Weiß. Der Großteil der Bühne, Salomes Kleid. Alles recht karg und nach einer Weile ziemlich ausgelutscht.
Der Schleiertanz reißt das Ruder herum
Fast schon sah ich das Urteil als besiegelt, bis die Schwedin dann zum „Tanz der sieben Schleier“ angesetzt hat. Ab da an gings rund, fing sie richtig Feuer. Sah sich im Angesicht der orchestralen Wogen zu einem Ritt auf dem Vulkan angestachelt. Blutrot. Plötzlich alles blutrot. Musik, Kleid und auch die Stimme. Die glühte da plötzlich. Wenn auch ab und zu etwas dünn in den Höhen, ein wirklich mitreißender Schlussgesang. „Geheimnisvolle Musik“, singt sie da kurz vor dem Ende. Besser könnte man das nicht beschreiben, was Richard Strauss da aus dem Köcher gezaubert hat. Am Ende liegt ihr das Publikum zu Füßen.
Nur einer konnte das noch deutlicher hinter sich vereinen. Was Gerhard Siegel an diesem Abend als Herodes abgeliefert hat, kann man wohl nur als das Nonplusultra einer Charakterstudie bezeichnen, wie es enden kann, wenn ein schmieriger, alternder Ungustl, seine Augen nicht vom Frischfleisch lösen kann. Michaela Schuster lieferte als Herodias solide ab, was man von ihr erwartet. Ein vereinzeltes Buh dann für Wolfgang Koch – leider zurecht. Ein Jochanaan, der die Ketten seines Kerkers im Grunde nie wirklich lösen könnte und den ganzen Abend über eindimensional und fahl geblieben ist.
Obligatorischen Charakters dann die Missfallenskundgebungen für Cyril Teste. Mit der Regie des Franzosen, der in der Branche noch ein unbeschriebenes Blatt ist, werden vermutlich alle irgendwie leben können. Sowohl die Regietheater-Fans als auch die Oldschooler. Trotz Live-Video-Installationen und cineastischer Grusel-Atmosphäre, hält sich das Bühnenbild dezent, fast schon bieder, zurück.
Jürgen Pathy (klassikpunk.de), 3. Februar 2023, für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Salome, Oper von Richard Strauss Theater Lübeck, Musiktheater, 18. November 2022 Premiere
Salome, Richard Strauss, Premiere am 18. November 2022 Theater Lübeck, 8. November 2022
Richard Strauss, Salome Opéra national de Paris, 21. Oktober 2022