Sommereggers Klassikwelt 153: Der Pianistin Elly Ney zum 140. Geburtstag

Sommereggers Klassikwelt 153: Der Pianistin Elly Ney zum 140. Geburtstag  klassik-begeistert.de 28. September 2022

 

von Peter Sommeregger 

Am 27. September vor 140 Jahren wurde Elly Ney als Tochter eines Offiziers und einer Musiklehrerin in Düsseldorf geboren. Ihre Begabung für das Klavierspiel wurde früh entdeckt, bereits ab ihrem 10. Lebensjahr wurde sie am Konservatorium der Stadt Köln unterrichtet. Nach neunjährigem Studium gewann sie den Mendelssohn-Preis der Stadt Berlin, weitere Auszeichnungen folgten, aber sie setzte ihre Ausbildung weiter fort, in Wien bei Theodor Leschetitzky, später bei Emil von Sauer.

Nach Abschluss ihres Studiums unterrichtete sie am Konservatorium von Köln, begann aber gleichzeitig auch eine Konzerttätigkeit.

Im Jahr 1911 heiratete Ney den Dirigenten und Geiger Willem van Hoogstraten, mit dem sie eine 1918 geborene Tochter, Eleonore, hatte, die später Schauspielerin wurde. Nachdem Hoogstraten bei Ausbruch des ersten Weltkrieges seine Festanstellung verloren hatte, gründete er mit seiner Frau und dem Schweizer Cellisten Fritz Otto Reitz das erste Elly-Ney -Trio, das in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden Konzerte gab.

In den Jahren 1921 bis 1930 lebt und konzertiert Ney in den USA, wo sie hauptsächlich mit Kompositionen von Chopin, Brahms und vor allem Beethoven erfolgreich ist. 1928 heiratet sie nach ihrer Scheidung von Hoogstraten den Amerikaner Paul F. Allais, von dem sie sich aber bald wieder trennt, und von da an bis zu seinem Tod lebt sie wieder mit ihrem ersten Mann zusammen, mit dem sie trotz der Scheidung 1961 die goldene Hochzeit feiert.

Früh zeigte Ney eine große Affinität zu Adolf Hitler und der nationalsozialistischen Bewegung. Das sollte nach deren Machtergreifung einen sehr positiven Einfluss auf die Entwicklung ihrer Karriere haben. Ney stand auch auf der sogenannten berüchtigten Gottbegnadeten-Liste. Der während des Dritten Reiches besonders gepflegte Beethoven-Kult spielte ihr in die Hände, mehr und mehr konzentrierte sie sich in ihren Konzerten auf die Werke Beethovens. Ihre Auftritte gestaltete sie reichlich manieriert, fast immer wurde von ihr vor Konzertbeginn Beethovens Heiligenstädter Testament vorgelesen.

Ney hatte schon vor der Machtergreifung der Nazis Benefizkonzerte für die Partei gegeben und engagierte sich aktiv in der Bewegung. 1942 verließ sie unter Protest eine Aufführung von Carl Orff’s „Carmina Burana“ und engagierte sich für ein Verbot des Werkes.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Ney wegen ihrer Nähe zum Regime der Nazis mit zeitweiligem Auftrittsverbot belegt, aber ab 1952 trat sie wieder erfolgreich auf, gab bis zu ihrem Tod 1968 Konzerte. Ihr zunehmend manierierter Stil trug ihr neben unbestreitbaren Erfolgen auch den Spitznamen „Witwe Beethoven“ ein. Hört man heute ihre Schallplatten, so enttäuscht das technisch perfekte Spiel doch durch einen Mangel an intellektueller Durchdringung und Brillanz.

Begraben ist Elly Ney im bayerischen Tutzing, wo sie ab 1937 lebte, an der Seite ihres ersten Ehemannes Willem van Hoogstraten und ihrer Tochter Eleonore.

Peter Sommeregger, 28. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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