Hans von Bülow © de.wikipedia.org
von Peter Sommeregger
Der am 8. Januar 1830 als Hans Guido Freiherr von Bülow in Dresden geborene Spross eines alten Mecklenburger Adelsgeschlechts erhielt seine musikalische Ausbildung in Leipzig, wo er von niemand Geringerer als Clara Schumann pianistisch ausgebildet wurde. In Leipzig lernte er auch Felix Mendelssohn und Albert Lortzing kennen.
Nachdem Bülow 1842 Richard Wagners Oper „Rienzi“ in Dresden gehört hatte, wurde er zum glühenden Verehrer des Meisters. Seine Klavierstudien setzte er u.a. bei Franz Liszt fort. Unter dem Druck seiner Familie begann er ein Jurastudium, das er aber bald zugunsten der Musik aufgab.
Im Jahr 1850 reiste Bülow zum im Zürcher Exil lebenden Richard Wagner, um bei ihm zu studieren. Aus dem ursprünglichen Lehrer-Schüler- Verhältnis entwickelte sich eine enge künstlerische Freundschaft. Mitte der 1850er Jahre lebte Bülow bis 1863 in Berlin, wo er am Stern’schen Konservatorium unterrichtete und damit seinen Lebensunterhalt verdiente.
Als Hofkapellmeister wurde er 1867 nach München berufen. Dort setzte er sich stark für das Werk Richard Wagners ein, der, gefördert vom Bayerischen König Ludwig II., dort mehrere Uraufführungen seiner Opern bewerkstelligen konnte.
Bülows Ehefrau Cosima, eine Tochter Franz Liszts, hatte um 1863 ein Verhältnis mit Richard Wagner begonnen. Bülow verschloss seine Augen konsequent vor dieser Tatsache. Zeitnah zu der von Bülow dirigierten Uraufführung von „Tristan und Isolde“ brachte Cosima 1865 eine Tochter zur Welt, die sinnigerweise Isolde getauft wurde. Dieser Vorgang wiederholte sich 1867, nach der Uraufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ wurde die nächste Tochter Eva getauft.
Nur langsam realisierte Bülow, dass er von seiner Frau und dem Freund Wagner hintergangen wurde. Das Ehepaar trennte sich, die Ehe wurde allerdings erst 1870 geschieden. Cosima heiratete noch im selben Jahr Richard Wagner, der noch vor der Heirat geborene Sohn Siegfried wurde aber bei der Geburt bereits als Siegfried Wagner registriert.
Bülow erlangte als Intendant der Meininger Hofkapelle große Berühmtheit, in den Jahren 1880 bis 1885 formte er das Orchester zu einem Spitzenensemble. Neben seiner Tätigkeit als Dirigent wirkte er auch als gefeierter Pianist.
Seine nächsten Stationen waren Hamburg und Berlin, wo er mehrere Jahre als erster Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wirkte. In Hamburg war er eine zweite Ehe mit der Schauspielerin Marie Schanzer eingegangen, die gerade einmal halb so alt war wie er. Marie von Bülow überlebte ihren Ehemann um ganze 47 Jahre.
Bülow versprach sich von einem Aufenthalt in Ägypten Heilung verschiedener Krankheiten, und reiste 1893 nach Kairo, wo er am 12. Februar 1894 einem Gehirntumor erlag.
Er wurde nach Hamburg überführt, wo im März eine Trauerfeier in der evangelischen Hauptkirche St. Michaelis stattfand.
Seine letzte Ruhe fand Hans von Bülow auf dem Ohlsdorfer Friedhof, die repräsentative Grabanlage schuf der Bildhauer Adolf von Hildebrand. Eingeweiht wurde sie erst im Jahr 1899. Im Jahre 1978 ermöglichte eine Initiative namhafter Dirigenten und anderer Musiker eine stufenweise Restaurierung der prächtigen Anlage, die zu verfallen drohte.
Bülow, der auch zahlreiche Kompositionen schuf, ist heute nur noch als Uraufführungsdirigent von Wagners Opern- und als von Wagner gehörnter Ehemann in Erinnerung.
Peter Sommeregger, 9. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
Sommereggers Klassikwelt 206: Alexander Zemlinskys schwieriger Lebensweg
Schöner Artikel, dem ich die allerdings weithin bekannte Anwesenheit von Gustav Mahler bei der Trauerfeier in St. Michaelis hinzufügen möchte:
„Am 29. März 1894 saß der junge Mahler, seit drei Jahren Erster Kapellmeister am Hamburger Stadttheater, im Trauergottesdienst für den großen Dirigenten Hans von Bülow in der Hauptkirche St. Michaelis und hörte Klopstocks „Auferstehn“, intoniert von einem Knabenchor. „Wie ein Blitz traf mich dies, und alles stand ganz klar und deutlich vor meiner Seele! Auf diesen Blitz wartet der Schaffende, dieß ist »die heilige Empfängnis«!“ In diesem Moment war ihm klar, wie er die (2.) Symphonie, an der er seit 1888 arbeitete, beenden würde.“
Johannes Capriolo